Drosselkönig

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  • Erschienen: Januar 2001
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  • Graz: --, 2001, Titel: 'Drosselkönig', Seiten: 220, Originalsprache
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Wolfgang Weninger
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2003

Lockere Unterhaltung ohne besonderen Anspruch

Curd ist so richtig schlichter Durchschnitt. Vierzig Jahre alt, fährt einen alten japanischen Wagen, lebt allein in seiner Wohnung, arbeitet als Beamter mit einer Sekretärin, die ihn vergöttert und ihm die Reize des Weiblichen dringend nahe legen will, kurzum, ein Durchschnittstyp mit Durchschnittsleben. Aber in ihm regt sich dieses Gefühl, versagt zu haben. Und an allem ist nur Sie schuld. Sie, die einen anderen gewählt hat. Sie, die ihn betrogen hat. Sie, die das alles wird büßen müssen. Aber er kommt nicht an Sie heran. In vom Whisky umnebelten Träumen und aufgeputscht durch laute Rockmusik sieht er sich als der Rächer. Sie muss sterben. Er wird ihr den Hals zudrücken. Oder einer Anderen.

Und Curd findet ein Opfer. Und diese vermeintliche Macht über Leben und Tod geilt ihn auf, wird zur Sucht. Rächen, töten, Sie beherrschen, ein ums andere Mal.

Major Benjamin Kold, von allen nur Ben genannt, ist Leiter der Ermittlungen bei der Grazer Kriminalpolizei. Seine unorthodoxen Fahndungsmethoden sind vielen ein Dorn im Auge, aber der Erfolg gibt ihm recht und so lassen ihn auch seine Vorgesetzten arbeiten, wie es im beliebt. Solange er nur Ergebnisse bringt und die lokale Presse zufrieden stellt. Aber diese weiblichen Leichen, samt und sonders erwürgt und nackt mit betenden Händen aufgebahrt, geben überhaupt keinen Anhaltspunkt auf ein Motiv oder einen Täter. Um diesem irren Würger auf die Schliche zu kommen, benutzt Major Kold seine Kontakte in die Redaktionen der Tagblätter und streut gezielt Falschinformationen aus. Er will den Mörder dazu reizen, einen Fehler zu machen. Doch dieser ist schlau und so beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Curd und Benjamin.

Der obersteirische Autor Helmut Gekle, der heute im Burgenland residiert, stellt uns mit "Drosselkönig - aus dem Nichts kommt er - ins Jenseits gehen sie" denn ersten Band seiner Ben-Kold-Serie vor (der fünfte Band ist soeben in Arbeit).

Und schon in diesem Krimierstling zeigt Gekle seine schreiberische Eigenheit, die Handlung in zwei Strängen weitgehend parallel laufen zu lassen. Zum Einen bekommen wir den Ablauf aus der Sicht des Täters und seiner Umwelt serviert, zum Anderen begleiten wir den Ermittler Ben Kold bei der Tatsachenfindung. Wobei sich die zeitlichen Abläufe nicht immer decken. Einmal hat der Täter einen erzählerischen Vorsprung, dann wieder der Major. Und wie bei einem Schachspiel versucht jeder, dem anderen einen Schritt voraus zu sein. Aus dieser wechselnden Handlungsstrategie ergibt sich für den Leser eine packende Mixtur im Lesefortschritt.

Gekles Figuren sind richtige Alltagsmenschen, alle mit mehr oder weniger Schwächen geplagt, egal, ob es sich dabei um Polizist, Täter oder Opfer handelt. Dazu kommt noch eine sehr urwüchsige Sprache, die gelegentlich in Lokaljargon verfällt und die Herkunft des Autors nicht verleugnen kann. Da er darüber hinaus Graz wie seine Westentasche kennt, flicht er beständig Örtlichkeiten ein, die dem Kenner von Gassen und Straßenbahnlinien zwar einen Aha-Effekt bescheren, für Ortsunkundige aber genauso verwirrend wirken, wie etwa der Athener Straßendschungel eines Petros Markaris. Dies tut aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Helmut Gekle hat mit seinem Erstling einen tadellosen Krimi zu Papier gebracht, der sich locker liest und keinen besonderen literarischen Anspruch erhebt, außer den, zu unterhalten. Und was will man abends zur Entspannung mehr?

Drosselkönig

Helmut Gekle, --

Drosselkönig

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