Die Galerie der Nachtigallen
- Eichborn
- Erschienen: Januar 1991
- 3
- Frankfurt am Main: Eichborn, 1991, Seiten: 272, Übersetzt: Rainer Schmidt
- München: Droemer Knaur, 1993, Seiten: 270
- München: Droemer Knaur, 1997, Seiten: 258
- München: Droemer Knaur, 1999, Seiten: 258
Humorvoll und überraschend, aber nicht spannend
Paul Harding hat seine Serie um Sir John Cranston und Bruder Athelstan im London des 14. Jahrhunderts angesiedelt. Mit seinem Protagonistenduo hat der Autor ein weiteres dieser in der Literatur so beliebten ungleichen Paare erschaffen. Sir John Cranston ist der Coroner des Königs, eine Art Untersuchungsrichter und als solcher auch dafür zuständig, ungeklärte Todesfälle zu untersuchen. Sein Problem ist es, dass er den Genüssen des Lebens sehr zugeneigt ist und auf seinen Wegen kein Gasthaus auslässt, so daß er oft in betrunkenem Zustand seiner Arbeit nachgeht. Dies führt dazu, dass er oft unterschätzt wird. Aber sein Verstand arbeitet messerscharf. Ihm als Schreiber zur Seite gestellt ist der junge Priester Athelstan, von seinem Prior als Gemeindepfarrer nach St. Erconwald strafversetzt. Und auch er hat mehr drauf, als man ihm ansieht.
Vom Oberrichter Fortescue erhält Cranston den Auftrag, den Tod des reichen Kaufmanns Sir Thomas Springall zu untersuchen. Der Fall scheint zunächst klar. Es hat den Anschein, als hätte Springalls Diener Brampton seinem Herrn vor dem Zubettgehen einen Becher vergifteten Rotwein gebracht. Am nächsten Morgen fand man nicht nur den Hausherrn in seinem von innen verschlossenen Zimmer tot in Bett, sondern auch den Diener erhängt in seiner Dachkammer auf.
Bald schon ereignen sich weitere mysteriöse Todesfälle. Cranston und Athelstan bezweifeln die augescheinlichen Theorien und finden schon bald Indizien, die ihre Zweifel erhärten.
Mit der "Galerie der Nachtigallen" legt Paul Harding den ersten einer mittlerweile bereits neun Romane umfassenden Serie vor. Die klassische "locked room"-Konstellation und die weiteren rätselhaften Todesfälle sorgen dafür, dass Leser und handelnde Personen ihren Grips ein wenig anstrengen müssen. Schritt für Schritt sammeln die beiden Ermittler die Puzzlesteinchen zusammen, um die Rätsel zu lösen. Dies geschieht zum großen Teil logisch durchdacht, aber auch ein wenig geraten. Und auf die überraschende Auflösung wird man als Leser ganz sicher nicht kommen.
Doch trotz allem vermag das Buch nicht wirklich zu fesseln. Zu viele Wiederholungen lassen keine rechte Spannung aufkommen. Immer wieder werden die Fakten zusammengefasst, was mal ganz angebracht ist, hier jedoch übertrieben wird.
Mit viel Humor lässt der Autor seine Charaktere agieren und zeichnet ein Bild des mittelalterlichen London, das seine Schrecken bietet. Hinrichtungen sind an der Tagesordnung und man kommt schon ein wenig ins Schaudern bei der Schilderung der öffentlich ausgestellten aufgespiessten Köpfe der Getöteten, die verfaulen und von den Vögeln abgepickt werden. Doch auch die ganz normalen Lebensumstände der Zeit lassen den Leser bereits nachdenklich werden und froh darüber sein, in der heutigen Zeit zu leben.
Für Liebhaber historischer Kriminalromane ist die Reihe sicherlich ein heißer Tip. Der Auftakt bietet eine durchdachte Story, die jedoch leider etwas das Tempo vermissen lässt.
Paul Doherty, Eichborn
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