Der Kreis des Kopernikus
- Militzke
- Erschienen: Januar 2002
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- Leipzig: Militzke, 2002, Seiten: 256, Originalsprache
Verdrehte Geschichte
Eine Gruppe von sieben Lehrern bildet am Bochumer Tilman-Trösken-Gymnasium den "Kreis des Kopernikus", der in einem europäischen Programm von Partnerschulen eine Chronistenaufgabe wahrnimmt und Werke zur Schul- und Lokalgeschichte erstellt und veröffentlichen will. Kurz vor Veröffentlichung und Bekanntgabe der Forschungsergebnisse wird der Sprecher der Gruppe ermordet im Schulgebäude gefunden. Die Kommissare Brenner und Rogalla von der Bochumer Kripo vermuten den Täter in der Lehrerschaft des nach einem tapferen Widerstandskämpfer gegen das Naziregime benannten Gymnasiums. Eine Spur deutet nach Polen, denn der Ermordete hatte ein Verhältnis mit der Lehrerin von der polnischen Partnerschule. Im Frühjahr hatte er sogar mit ihr in Polen Urlaub gemacht und das Arbeitslager Majdanek im Rahmen seiner Recherche für das Kopernikus-Projekt besucht. Die Beschriftung der Bilder in seinem Fotoalbum lässt vermuten, dass er hierbei eine Entdeckung gemacht hat. Aber hat das mit seinem vorzeitigen Tod zu tun?
Die Kommissare finden bei ihrer Recherche in der Lehrerschaft enttäuschte und vergrätzte Liebhaber, Alkoholiker, Karrieristen und fanatische Geistergläubige. Manche haben mehr, manche weniger ein Motiv, den unter Kollegen nicht gerade beliebten Lehrer umgebracht zu haben. Oder waren es vielleicht sogar mehrere gemeinsam? Und welche Rolle spielt der zwielichtige Ex-Ehemann der polnischen Austauschlehrerin Anna Wronska, die mit dem Ermordeten in Beziehung lebte.
Was Rüdiger Schneider und sein Co-Autor Rainer Küster in ihrem ersten gemeinsamen Kriminalroman bieten ist solide und gute Krimikost. Die Geschichte ist stringent und wasserdicht zu Papier gebracht worden und in der logischen Herleitung der Vorgänge der Tat kann sie absolut überzeugen. So recht kann der Funke allerdings leider nicht überspringen. Zu farblos bleiben dafür die Ermittler und die anderen Protagonisten. Die beiden Autoren verwenden eine angenehme Wortwahl und ihre Sprache stellt an die Leserschaft gewiss keine hochgegriffenen Ansprüche. Blankes Entsetzen ruft sie jedoch hervor, wenn eine Bochumer Hausmeisterin im herrlichsten Ruhrgebietsplatt erzählt, um den Lokalkolorit zu bestärken, während eine Polin nach nur einem Jahr in Deutschland ein anscheinend akzentfreies Hochdeutsch spricht.
Auch der Hintergrund um den fiktiven Lehrer und Nazi-Kollaborateur Tilmann Trösken, der angeblich in den Jahren des zweiten Weltkriegs einem polnischen Zwangsarbeiter sehr viel gutes getan hat und der Anlass bieten soll, sich kritisch mit der deutsch-polnischen Beziehung auseinander zu setzen, kommt über gute Ansätze nicht hinaus. Ein deutscher Krimi, der insgesamt zwar sehr gefällig ist, aber in keiner Weise etwas besonders herausragendes aufweisen kann. So verschwindet er im breiten Mittelmaß.
Rüdiger Schneider, Militzke
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