Aasgeier

  • Austria-Medien-Service
  • Erschienen: Januar 2003
  • 0
  • Graz: Austria-Medien-Service, 2003, Titel: 'Aasgeier', Seiten: 116, Originalsprache
  • : Austria-Medien-Service, 0, Seiten: 117
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Wolfgang Weninger
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2003

Frisch, saftig, steirisch!

Aus dem Landesarchiv in Graz, europäische Kulturhauptstadt 2003, stiehlt Hannelore, genannt Hannerl, das wertvollste Dokument der Steiermark, die Georgenberger Handfeste. Aber nicht, weil sie eine Diebin ist, sondern ein Unbekannter ihre kleine Tochter entführt hat und sie damit erpresst.

Hannerls Mutter, im weiteren Verlauf als Nannerl bezeichnet, erinnert sich an ihre Jugendliebe, den Simon Löscher. Der gealterte Ex-Polizist, der sich jetzt als Privatdetektiv über die Runden bringt, muss her und die einmalige Urkunde wieder beschaffen, ehe jemand die Diebstahl bemerkt.

Auftraggeber dieser Untat ist der Baron Czermak, das schwarze Schaf der adeligen Familie. Mit Hilfe des Galeristen Schachinger und eines dubiosen Verbrechers, der im Milieu als "Der Italiener" bekannt ist, hat er durch Hannerl das Kleinod erhalten. Aber die Gauner wollen den kriminellen Adeligen schröpfen und schicken der Polizei ein fiktives Bekennerschreiben, dem eine Portion Sempex (Plastiksprengstoff) beigelegt ist. Und mit selbigem Sempex jagen Schachinger und der Italiener im Hof des Czermakschen Anwesens einen Bildstock in die Luft.

Major Ben Kold beginnt zu ermitteln und parallel dazu tut dies der Simon Löscher, der es zwar schafft, die Urkunde wieder zu ergattern, sich dafür aber eine Kugel einfängt. Jetzt wird es ernst ...

Der steirische Autor Helmut Gekle hat mit seinem dritten Krimi "Aasgeier - Gesindel unter sich" eine herrlich skurrile, parodistische Hommage an den legendären Simon Brenner von Wolf Haas geschaffen. Wenn wir dieses mit 117 Seiten nicht gerade umfangreiche Buch in die Schublade Regio-Krimi legen, tun wir dem Werk unrecht, denn Gekles Geschichte spielt zwar im Graz 2003 mit all seinen künsterischen Eskapaden, wie dem Schattenturm am Schloßberg oder die künstliche Insel in der Mur, weit wichtiger für die Handlung ist aber das Puntigamer (Bier) und die ländliche Betrachtungsweise des Steirers an sich.

Denn die "Aasgeier" vermögen weniger durch Spannung zu punkten, sie sind vor allem eine Ansammlung von Steirerwitzen, in denen natürlich auch der neuernannte Governator von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, nicht fehlen darf. Und wenn der Major Ben Kold mit seinen Freunden lieber ein paar Tassen heimischen Gerstensaftes hebt, als sich quietschlebendig ins Büro zu begeben, trifft der Autor voll in die durstige Seele des Steirers, der sich höchstens noch von einem feschen, steirischen Weiberhintern beim Saufen ablenken lässt.

Die Sprache Helmut Gekles ist erdverbunden, saftig, steirisch. Die Dinge werden beim Namen genannt, originalgetreu in der Umschreibung des wilden Bergvolks hinter dem Semmering, wie die Steirer sich von ihren österreichischen Landsleuten titulieren lassen müssen. Das mag gelegentlich einen derben Eindruck hinterlassen, aber ohne diese Sprache wäre das ganze Buch nur eine halbe Sache. Und gerade dieses Idiom macht den Reiz dieses Büchleins aus, besonders wenn der Autor selbst seine Geschichten vorträgt, wie er dies beim "2. Steirischen Bücherherbst" auf der Stolzalpe mit Bravour getan hat. Da bleibt kein Auge trocken, und natürlich auch keine Kehle, denn passend zum Buch gibt es Aasgeier-Bier und Aasgeier-Most auf www.gekle.com.

Aasgeier ist sicherlich kein kulturell hochstehendes Krimiwerk, aber eine gelungene, kriminalistische Lachnummer mit Lokalkolorit im besten Sinn des Wortes.

Aasgeier

Helmut Gekle, Austria-Medien-Service

Aasgeier

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