Die Baumkrieger

  • Unionsverlag
  • Erschienen: Januar 2003
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  • New York: HarperCollins, 1997, Titel: 'The Lost Coast', Seiten: 249, Originalsprache
  • Zürich: Unionsverlag, 2003, Seiten: 256, Übersetzt: Jürgen Bürger
Die Baumkrieger
Die Baumkrieger
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Thomas Kürten
76°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2003

Ökoterror

Moses Wine ist der selbsternannte Sam Spade der studentischen Linken. Ein erfolgreicher Privatdetektiv, und zwar nicht so einer, der sich zu seiner kümmerlichen Polizistenpension noch ein paar Dollar hinzu verdienen muss, sondern einer aus Berufung. Bereits zu seiner Studentenzeit hat der Spät-68er einige Aufsehen erregende Fälle lösen können und seitdem seine kriminalistische Passion zum Beruf gemacht. Seine Agentur läuft gut, gerade hat er wieder einen prestigeträchtigen Fall lösen können, er kann sich zudem einen gewissen Lebensstandard gönnen und eine junge Freundin hat er auch noch. Viele gute Gründe um glücklich zu sein.

Der Sohn ein mordender Umweltschützer?

Das Verhältnis zum jüngeren seiner beiden Söhne ist währenddessen ein wenig angespannt. Als das FBI die Nachricht überbringt, dass dieser im Zusammenhang mit dem Mord an einem Forstarbeiter als dringend Tatverdächtiger gesucht wird, gibt es für Wine jedoch kein halten mehr. Zusammen mit seiner Ex-Frau macht er sich auf in den Redwood District nach Nordkalifornien, wo sich die "Hüter des Planeten", eine radikale Umweltschützertruppe, in den gigantischen Wäldern verstecken. Kann Wine sie finden, bevor die Polizei sie aufspürt?

Der Detektiv begibt sich auf eine Schnitzeljagd durch die uralten Wälder und die Weinberge im Norden Kaliforniens. Dass ihm dabei eine junge Journalistin, die ausgerechnet den süffisanten Namen Samantha Backus trägt, hilft, bleibt Gott sei Dank der einzig plumpe Humor. Mit vagen Hinweisen begibt sich Wine auf die Suche und bei jeder seiner Stationen bekommt er einen weiteren vagen Hinweis. Regelmäßig kommen er und seine jeweilige Begleiterin in Bedrängnis und auf abenteuerliche Weise versteht er es, seinen Kopf mal für mal wieder aus der Schlinge zu ziehen, ehe am Ende der große Showdown wartet. Insofern bedient Roger L. Simon das typisch amerikanische Action-Klischee. Es passiert andauernd etwas und Moses Wine ist seinen Verfolgern manchmal weniger als einen halben Schritt voraus.

Kalifornischer Generationenkonflikt

Dennoch hebt sich "Die Baumkrieger" deutlich vom belanglosen 08/15-Durchschnitt der amerikanischen Thrillerindustrie ab. Der Autor versteht es, seinem Helden einen Charakter zu verleihen, der abseits vom Beruf vollkommen unheldenhaft ist. Wine sieht sich durch die Rettungsaktion für seinen Sohn gezwungen, eine Auseinandersetzung mit seinen eigenen Werten und Idealen zu führen. Für den Leser ist es mitunter erschreckend, wie bei Wine alte Wunden aufreißen, er sich durch Nichtigkeiten zu Streitgesprächen mit seiner Ex-Frau hinreißen lässt und gegenüber seinem erwachsenen Sohn nur schwerlich vom nicht mehr angebrachten elterlichen Verantwortungsbewusstsein abrücken kann. In mehreren Charakteren wird ein ähnlicher Generationenkonflikt thematisiert. Schön, dass Simon hierfür als Hintergrund die Generationen überdauernden, riesigen Redwood-Bäume gewählt hat.

"Die Baumkrieger" bringt die Motive der klassischen Private-Eye Romane in einer modernen Interpretation. Flott geschrieben und unterhaltsam erzählt wird geschildert, wie ein Alt-68er in der amerikanischen Gegenwart ankommt. Damit bewältigt die Romanfigur Moses Wine, die bereits vor über 30 Jahren von Roger L. Simon erfunden wurde (und die relativ wenigen seitdem erschienenen Romane lassen darauf schließen, dass Wine nur ein liebgewonnenes Hobby des Autors ist) eine sehr glaubhafte Entwicklung. Ehrlichkeit und Glaubhaftigkeit sind es, die diesen Roman über die Massen von Märchen moderner Superhelden aus der amerikanischen Kriminalliteratur herausragen lassen.

Die Baumkrieger

Roger L. Simon, Unionsverlag

Die Baumkrieger

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