Mörderney - Der tote Wattführer

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2025
  • 2
Mörderney - Der tote Wattführer
Mörderney - Der tote Wattführer
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Thomas Gisbertz
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2025

Spannendes und unterhaltsames Krimidebüt.

In einer kalten Januarnacht findet man den verbrannten Leichnam Josef Monningens auf einer Norderneyer Aussichtsplattform. Der 102-jährige ehrenamtliche Wattführer war das Oberhaupt einer alteingesessenen und einflussreichen Familie auf der ostfriesischen Insel. Auch wenn Selbstmord zunächst nicht ausgeschlossen werden kann, ist die 34-jährige Tilla Flock, Tochter des ortsansässigen Polizisten und Mitarbeiterin eines Anzeigenblattes, fest davon überzeugt, dass Monninger Opfer eines Gewaltverbrechens wurde.

Gegen den Willen ihres Vaters macht sich Tilla auf die Suche nach dem Täter. Dabei erhält sie unerwartet Unterstützung: Hark Herforth, ein psychisch angeschlagener Pfarrer und Hypochonder in Reinkultur, wird zunächst von der lebensfrohen jungen Frau aus den eiskalten Fluten gerettet. Gleichzeitig lässt sich der lebensmüde Hark von Tillas Energie und Ermittlerdrang anstecken. Während sich die beiden immer tiefer in den Fall verstricken, wächst ihre Freundschaft. Doch nicht alle auf der Insel scheinen zu wollen, dass der Tod Monningens aufgeklärt wird. So müssen Hark und Tilla schon bald um ihr Leben bangen.

Sieger bei Rotation

Laut der Rowohlt Verlagsseite bekam Autor Joachim F. Kuck, geboren 1979 in Wesel, die Liebe zur Kreativität in die Wiege gelegt. Aus seinem künstlerisch geprägten Elternhaus zog er in die Film- und Fernsehwelt, um später zu einem Technologieunternehmen zu wechseln. Seine Bücher schrieb er immer dann, wenn sich Zeit fand - nachts neben dem Babybett, tagsüber im Zug oder an der Nordsee, mit der er sich tief verbunden fühlt.

Joachim F. Kuck gehört zu einem der drei Gewinnern unter mehr als 400 Einsendungen des zweiten rotation-Schreibwettbewerbs des Rowohlt Verlags, bei dem neue Talente im Krimi-Genre gesucht werden. So wurde 2022 bereits der Hamburger Krimiautor Hubertus Bork entdeckt, der in diesem Jahr bereits den vierten Band seiner Erdmann-Eloğlu-Reihe veröffentlicht.

Bereits Ende 2024 erschien Kucks Debütkrimi „Mörderney - Der tote Wattführer“ als eBook und zusätzlich als Hörbuch (im Argon Verlag), nun auch als Printausgabe bei Rowohlt.

Gelungenes Debüt

Wenn man den Roman von Joachim F. Kuck in Händen hält, fragt man sich unweigerlich: Noch ein Inselkrimi, der versucht, mit viel Flair und kauzigen Figuren zu punkten? Muss das sein? Auch der Titel „Mörderney“ lässt Übles ahnen und erinnert unweigerlich an eine Wilsberg-Verfilmung („Morderney“), die - wie es der Zufall so will - ebenfalls auf Norderney spielt. Um die Fragen aber vorweg zu beantworten: Es lohnt sich, das Debüt zu lesen, denn der Roman ist weit mehr als ein reiner Cosy-Krimi, auch wenn er sicherlich Elemente des Genres enthält. Im Zentrum der Handlung steht aber stets der unterhaltsame und gut durchdachte Kriminalfall. Mit der Inselbewohnerin Tilla und dem vom Niederrhein stammenden Priester Hark ermitteln hier zwar zwei Hobbydetektive, allerdings machen sie dies auf äußerst sympathische und durchaus authentische Art und Weise. Kuck beweist eindrucksvoll, dass sich Spannung, Humor und durchaus schräge, aber lebensechte Figuren nicht ausschließen müssen.

Humorig, aber nie albern

Ein großes Plus des Romans ist sicherlich der Humor und die feine Ironie des Autors. Dieser wirkt aber nie aufgesetzt oder gar platt, sondern trägt zu einer insgesamt stimmigen und unterhaltsamen Handlung bei. Gleiches gilt für die Figuren, die zumeist authentisch wirken und die man vereinzelt sicherlich auch genau so aus dem Alltag kennt. Allerdings gelingt es dem Autor nicht immer, Charaktere zu gestalten. Mitunter verbleibt er bei einer Typdarstellung. Dennoch sind Figuren wie die stets rauchende, schlagfertige Taxi-Fahrerin Christel, die liebevolle, aber neugierige Rezeptionistin Mirjana oder der alte, exzentrische Pater Visser ungemein amüsante Protagonisten.

Das perfekte Duo

Im Mittelpunkt steht zunächst die energiegeladene und in gewisser Weise auch naive Tilla. Aufgewachsen auf der Insel, die sie im Gegensatz zu ihrer Schwester Ariane - der Chefin des Anzeigenblattes „Küstengruß“ - nie verlassen hat, lebt die 34-Jährige noch bei ihren Eltern. Sie baut sich allzu schnell Luftschlösser auf, die in der Vergangenheit oft wie Seifenblasen zerplatzten. Ihre Beziehung zu Hark bewegt sich zunehmend am Rande des Platonischen. Dabei sind sie sich gegenseitig eine wertvolle Stütze, zumal beide einen Schicksalsschlag zu verkraften haben. Im Gegensatz zur lebensfrohen Tilla hadert der Priester mit seinem Leben, was sich in einer permanenten Selbstbeobachtung seines inneren Befindens und einer stetigen Angst vor Krankheiten, Leid und sogar dem Tod zeigt.

Fazit

Joachim F. Kucks Roman überzeugt mit einem stimmigen Plot, einer gelungenen Figurendarstellung und auch dem nötigen Lokalkolorit. „Mörderney“ ist eine überaus kurzweilige Lektüre, weil sich der Roman nicht in Nebensächlichkeiten verrennt, sondern gekonnt Spannung mit Unterhaltung und Tempo verbindet. Die Geschichte zwischen Tilla und Hark ist hoffentlich noch nicht zu Ende erzählt.

 

Mörderney - Der tote Wattführer

Joachim F. Kuck, Rowohlt

Mörderney - Der tote Wattführer

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