Dezember 41
- Hoffmann und Campe
- Erschienen: Oktober 2024
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Spannende Ausgangsgschichte mit blutleeren Akteuren...
Es ist der Dezember 1941 und die Augen der US-amerikanischen Bürgerinnen und Bürger richten sich auf Washington. Hier soll ihr Präsident Franklin D. Roosevelt die möglicherweise wichtigste Rede seiner Laufbahn halten. Denn: Die USA sind nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour in den zweiten Weltkrieg eingetreten und Roosevelt muss seine Mitbürgerinnen und Bürger jetzt auf harte Zeiten einschwören. Was für eine Bühne wäre das aber für einen Spion des "Dritten Reichs", wenn es ihm gelingen würde, Roosevelt vor den Augen und Ohren eines Millionenpublikums zu ermorden! Der deutsche Agent Martin Browning soll diese Aufgabe übernehmen. Er trifft in den USA auf ein solides Netzwerk deutscher Unterstützer und bereitet sich sorgfältig auf seine Aufgabe vor. Lange Zeit scheint es so, als könne sich ihm nichts in den Weg stellen, dennoch wird er im Lande Hollywoods zuletzt über eine kleine und vollkommen unterschätze Besonderheit stolpern: Die Ähnlichkeit zu einem Schauspieler
Hollywood zieht in den Krieg
Der US-amerikanische Autor William Martin erzählt in seinem ersten in die deutsche Sprache übersetzten Roman von einem fiktiven Anschlag auf den amerikanischen Präsidenten, der aber bei näherer Überlegung sicherlich gar nicht unwahrscheinlich gewesen wäre. Wie hätte sich doch Hitler mit einem gelungenen Attentat erneut mit der Überlegenheit Deutschlands brüsten können! Wie wäre es um die Einigkeit des amerikanischen Volkes im Hinblick auf den Kriegseintritt bestellt gewesen? Möglicherweise hätte sich der Lauf der Geschichte geändert.
William Martin beginnt seinen Roman in der Traumfabrik Hollywood. Hier befindet sich das "Deutsche Haus", dessen Bewohner und Besucher keinen Hehl daraus machen, zumindest mit der nationalsozialistischen Regierung Deutschlands zu sympathisieren, aber die ihre verbrecherischen Unterstützungen dieses Systems gut zu verstecken wissen. Hier macht Martin Browning seine ersten Schießübungen und schnell wird klar, dass ihn seine kalte Obsession und sein zielgerichtetes Kalkül zu einem eiskalten Killer prädestiniert. Zufällig lebt auch sein Gegenspieler Kevin Cusack in Los Angeles und wenn er auch den "Deutschen Bund" ausspioniert, so gehört er doch hauptberuflich zur "Traumfabrik" und beschäftigt sich mit Drehbuchvorschlägen. Hier gelingen Martin dann auch interessante Verknüpfungen zwischen der grausamen Realität des zweiten Weltkrieges und der Traumfabrik, beschäftigt sich doch Cusack zuletzt mit einem Drehbuchvorschlag, der später unter dem Titel "Casablanca" zu Weltruhm gelangen und seinen Hauptdarsteller Humphrey Bogart unsterblich machen wird.
Der Einsatz erhöht sich zum Schluss
Leider sind diese Verflechtungen relativ dünn gesät und obwohl Martin ein spannendes Thema schildert, gelingt es ihm nicht, den Leser so mitzureißen, wie es James Kestrel weiland mit seinem Opus "Fünf Winter " gelang. Martins Figuren bleiben eher kühl und glatt. Sollte sich der Leser in der Mitte des Buches fragen, welche Person er favorisiert, stellt er fest, dass er sich eigentlich so recht auf keine Seite einlassen kann. Weder fiebert er mit den Helden - noch verurteilt er die Bösewichte. Dennoch ist es im Hinblick auf Hollywood eine tolle Idee, dass es letztendlich das Schicksal des Spions ist, einem berühmten Schauspieler ähnlich zu sehen und so einen gewissen Wiedererkennungsfaktor zu bieten.
Martin lässt seine Akteure einen gewaltigen Ritt durch die USA der 40er Jahre führen. Stilecht erleben sie das in der Eisenbahn und zugunsten der Spannung hätten dem Roman sicher ein paar Kürzungen nicht geschadet. Dennoch werden hier Browning und Cusack durch ein neues Verbrechen klar auf ihre Rollen verteilt und treten zukünftig offen als die Gegner auf, die sie nun einmal sind. Dennoch ist selbst diese klare Aufteilung mit Versteckspielen und Tarnungen nicht immer mitreißend, so aber dennoch interessant geschildert.
Wirklich knisternde Spannung kommt allerdings erst gegen Ende des Romans auf. Da wird nämlich der Erfolgsdruck beider Seiten noch durch einen streng geheimen "Joker" um ein Vielfaches verstärkt. Hier im Showdown wird endlich vieles an Spannung aufgefahren, was einen dramatischen Thriller ausmacht. Leider kommt das etwas spät - aber immerhin.
Fazit
William Martin schildert eine spannende Geschichte im Umfeld des US-amerikanischen Kriegseintritts. Mit diesem Stoff wäre aber genauso eine hochspannende und mitreißende Erzählung, gewürzt mit ein paar kleinen, feinen Hollywood-Anekdoten möglich gewesen - ein Ziel, das der Autor trotz guter Bemühungen nicht erreicht.

William Martin, Hoffmann und Campe
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