Schattenwald

  • Goldmann
  • Erschienen: November 2024
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Schattenwald
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Thomas Gisbertz
79°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2024

Trotz kleinerer Schwächen ein gelungene Fortsetzung der Reihe.

Die Krankenschwester Cecilie Olin verschwindet nach einer durchfeierten Nacht in Fredrikstad. Zwei Tage später wird ihre Leiche in einem zwanzig Kilometer entfernten Waldstück entdeckt. Das Opfer wurde auf brutalste Weise misshandelt und erwürgt, ihr Ehering fehlt. Sofort fällt der Verdacht auf Cecilies Ex-Mann, der bereist eine Gefängnisstrafe wegen häuslicher Gewalt gegen sie absaß. Doch dann wird eine weitere Frau vermisst. Beide Fälle weisen deutliche Parallelen auf. Der junge Ermittler Magnus Torp sucht Hilfe bei seinem ehemaligen Kollegen und Mentor Anton Brekke, der der Polizei nach einem traumatischen Fall den Rücken kehrte und nun als Sozialarbeiter tätig ist. Brekke will nichts mit dem aktuellen Fall zu tun haben. Stattdessen weckt der vermeintliche Selbstmord eines von ihm betreuten Mädchens sein Interesse. Die Spur führt in beiden Fällen in die Vergangenheit. Torp und Brekke wissen, dass sie die Täter nur finden können, wenn sie wieder zusammenarbeiten. Noch ahnen sie nicht, dass sich beide damit in Lebensgefahr begeben.

8. Band der Reihe

Autor Jan-Erik Fjell ist so etwas wie der Senkrechtstarter unter den norwegischen Thrillerautoren, auch wenn der erste Band seine Reihe bereits 2010 erschien. Während seine Reihe um den in Oslo ermittelnden Kommissar Anton Brekke regelmäßig die Bestsellerlisten stürmt, erscheint in Norwegen gerade sein neues Projekt: Zusammen mit seinem Autorenkollegen Jørn Lier Horst veröffentlichte der 42-jährige Fjell, der eigentlich als Radiomoderator tätig ist, in seiner Heimat den ersten gemeinsamen Thriller („Skriket“).

Auch hierzulande ist Fjell längst kein Unbekannter mehr. Nachdem zuletzt die ersten beiden Teile „Nebelstille“ und „Kälteeinbruch“ als eBook beim Goldmann Verlag neu aufgelegt wurden, erscheint nach dem Bestsellern „Nachtjagd“ (Band 6) und „Dunkelhaus“ (Band 7) mit „Schattenwald“ nun der achte Teil der Reihe als Paperback in Deutschland. Es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis auch die Bände 3-5 veröffentlicht werden.

Schützling und Mentor

Der aktuelle Roman Fjells bietet beste Thrillerunterhaltung, auch wenn ihm etwas der Spannungsbogen, die cleveren Wendungen und auch das Tempo der beiden Vorgängerbände fehlt. Auch ist die Handlung ab und an etwas zu durchschaubar. Der Autor geht bewusst ein Wagnis ein, indem er das Ermittlerduo Brekke/Torp trennt. Nachdem Anton Brekke im letzten gemeinsamen Fall illegale Methoden anwenden musste, um die Ermordung seines Chefs zu beweisen, wird er indirekt zum Ausscheiden aus dem Polizeidienst gedrängt. Fortan arbeitet er zunächst als Kindergärtner und später als Sozialarbeiter im Krankenhaus. Dass dies alles nicht spurlos am ehemaligen Ermittler vorbeigeht, versteht sich von selbst. Brekke lässt sich hängen - psychisch wie körperlich. Auch die angebotene Hilfe seines ehemaligen Schützlings Magnus Torp lehnt er ab. Die Lethargie will aber nicht so recht zum Charakter des ehemaligen Ermittlers passen, der seine Zukunft nun in dem von ihm so geliebten Glücksspiel sieht. Tatsächlich streicht er sogar bei einem Ausflug nach Göteborg einen satten Gewinn ein. Erst der vermeidliche Selbstmord einer jungen Patientin, mit der er sich angefreundet hat, weckt in ihm wieder den alten Ermittlerinstinkt. Damit konnte bzw. musste man als Leser aber rechnen, denn so abweisend Brekke auf jede Bitte auf Unterstützung durch Torp reagiert, so wenig kommt dieser in seinem Fall mit den neuen Kollegen von der Stelle.

Brekke als Sozialarbeiter

Wie man es von Jan-Erik Fjell gewohnt ist, spielt der Roman auf zwei Zeitebenen. Dies funktioniert hinsichtlich des Plots gut, inhaltlich bieten die retrospektiven Episoden aber auch Schwächen. Hinzu kommt, dass der Autor jeden männlichen Protagonisten zum Verdächtigen macht. Das ist etwas zu viel des Guten. Erst als sich das Ermittlerduo Brekke/Torp wieder zusammenrauft, legt der Roman noch einmal deutlich an Spannung und Tempo zu. Die beiden Ermittler funktionieren wunderbar als Team, auch wenn oder gerade weil sie oft unterschiedlicher Meinung sind. Abgesehen davon, dass die Parallelhandlung doch etwas konstruiert wirkt, ist die Idee, Brekke aus dem Dienst ausscheiden zu lassen, durchweg gelungen. Dadurch gibt man ihm bei seiner „Ermittlungsarbeit“ mehr Freiraum. Eine Idee, die zuletzt auch Jørn Lier Horst und Thomas Enger im 5. Band ihrer Blix-Ramm-Reihe aufgriffen. „Schattenwald“ ist besonders im letzten Drittel wieder ein typischer Fjell-Roman, der am Ende in einem dramatischen und überraschenden Ende gipfelt.

Fazit

Jan-Erik Fjell legte die Messlatte mit den beiden Vorgängerbänden, insbesondere dem exzellenten Thriller „Nachtjagd“, selber extrem hoch. Sein aktueller Roman ist trotz kleinerer inhaltlicher Schwächen eine insgesamt gelungene Fortsetzung der Reihe, die besonders durch Brekkes „Rollenwechsel“ zu überzeugen weiß.

Schattenwald

Jan-Erik Fjell, Goldmann

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