Echokammer (Ein Fall für Benjamin & Tong 1)
- Droemer
- Erschienen: März 2025
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Gelungener Start der norwegischen Thrillertrilogie.
Als die Ermittlerin Liselott Benjamin zu einem Autounfall mit einem Elch in einem abgelegenen Waldgebiet gerufen wird, ahnt sie noch nicht, welche Folgen dies für die norwegischen Parlamentswahlen in fünf Wochen haben wird. Während zunächst alles nach einem gewöhnlichen Autounfall aussieht, steht plötzlich der Chef der Antiterroreinheit des Inlandsnachrichtendienstes (PST) im Büro der Ermittlerin. Die Polizei findet beim schwerverletzten Unfallfahrer Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag. Im Verdacht steht eine Gruppe rechtsnationaler Extremisten, die im Besitz einer großen Menge Rizin sein sollen. Doch was genau haben die Terroristen damit vor? Und wer genau ist ihr Ziel?
Liselott Benjamin und der in den Dienst zurückgeholte Terrorexperte Martin Tong versuchen fieberhaft, den Anschlag zu vereiteln. Währenddessen geht der Wahlkampf in die heiße Phase. Die Spitzenkandidatin der Arbeiterpartei sieht sich auf der Zielgeraden zur Machtübernahme – und nimmt dafür zunehmend zweifelhafte Mittel in Kauf. Dabei gerät Jens Meidell, neuer juristischer Berater der Arbeiterpartei, zunehmend zwischen die innerparteilichen Fronten. Wie weit ist er bereit zu gehen, um den Wahlkampf zu gewinnen und der Partei zurück an die Macht zu verhelfen?
Auftakt einer Trilogie
Nach seinem international erfolgreichen Thrillerdebüt „Der Hirte“ (2017) und den beiden Folgebänden „Der Bote“ (2018) und „Der Verräter“ (2019), rund um Hauptkommissar Fredrik Beier, ist es in den letzten Jahren merklich ruhig um den preisgekrönter norwegischer Thrillerautor, Journalismus und Filmwissenschaftler Ingar Johnsrud geworden.
Nun erscheint beim Droemer Verlag mit „Echokammer“ der Auftakt einer neuen Thriller-Trilogie. Der Roman sorgte in Norwegen bereits für große Begeisterung bei Presse und Publikum, war für den Riverton-Preis nominiert und gewann den „Sølvkniven“-Krimipreis. Für den norwegischen Krimiautor und Blogger Geir Tangen ist „Echokammer“ sogar der beste norwegische Thriller der letzten Jahre. Eine Meinung, die sicherlich nicht alle teilen dürften, auch wenn der Roman seine Stärken hat.
Eine Frage des Geschmacks
Es fällt zunächst bei der Lektüre auf, dass Johnsrud sich lange Zeit nicht wirklich entscheiden kann, was er nun genau schreiben möchte: einen Politthriller oder einen Spannungsroman über rechtsextremen Terrorismus. Der ehemalige Journalist thematisiert durchaus realistische Konflikte innerhalb der Arbeiterpartei, während der Leser die Tage bis zur Parlamentswahl herunterzählt. Gleichzeitig nimmt die Geschichte über die terroristische Bedrohung ihren Lauf. Ein Ermittlerteam arbeitet daran, herauszufinden, wer hinter der möglichen terroristischen Bedrohung und den gefundenen rechtsextreme Manifesten steckt.
Anders als etwa beim finnischen Thrillerautor Tuomas Oskari, der gekonnt die politischen und gesellschaftlichen Ebenen miteinander verknüpft, wollen beide Handlungsfäden bei Johnsrud zunächst nicht richtig zusammenpassen, wobei sie für sich genommen durchaus gelungen sind. Dies liegt vor allem daran, dass der Autor dem inner- und überparteilichen Ränkespiel etwas zu viel Platz einräumt. Dahingegen hat der zweite Handlungsstrang, die Suche nach den Terroristen, deutlich mehr Spannung und Tempo. Dies wird aber immer wieder durch die mitunter etwas zähe Parallelhandlung ausgebremst. Erst wenn nach etwa zwei Dritteln des Romans beides zusammengeführt wird, wirkt der Thriller trotz aller ausschweifender und mitunter zweifelhafter Actiondarstellungen deutlich stimmiger und steigert sich bis zum packenden Finale.
Terrorexperte gesucht
Der Roman lebt vor allem von einer Figur: dem etwas exzentrischen, aber wortgewandten Martin Tong. Er lebt in einem Wohnwagen auf einem verwilderten Campingplatz. Einst der beste Mann bei der norwegischen Antiterroreinheit sorgte er für einigen Ärger in der Abteilung, woraufhin er seinen Job an den Nagel hängte. Tong hat eine klare Meinung und eckt damit durchaus immer wieder an. Nun wird er dennoch händeringend benötigt. Aber erst als ein Junge, den er in seine Obhut genommen hat, von den Terroristen getötet wird, ist er bereit, zur Einheit zurückzukehren. Gemeinsam mit Liselott Benjamin, einer eher konservativen Ermittlerin aus reichem Elternhaus, macht er anschließend Jagd auf die Verbrecher.
Fazit
„Echokammern“ hat alles, was einen Thriller ausmacht: ein hochaktuelles, brisantes Thema, einen ereignis- und temporeichen Plot und ein interessantes Ermittlerpaar. Gleichzeitig ist es ein komplexer Roman, bei dem es um große politische Machtkämpfe, (Wahl-)Manipulation und rechtsextremen Terrorismus geht. Auch wenn er sicherlich nicht der „beste norwegische Thriller der letzten zehn Jahre“ ist, gelingt der Auftakt der Trilogie insgesamt und macht bereits jetzt auf die weiteren Bände neugierig.

Ingar Johnsrud, Droemer
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