Isabelle
- Grafit
- Erschienen: Januar 2002
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- Amsterdam: Luitingh-Sijthoff, 1999, Titel: 'Isabelle', Seiten: 239, Originalsprache
- Dortmund: Grafit, 2002, Seiten: 346, Übersetzt: Stefanie Schäfer
Stetig fallende Spannungskurve
Das Leben hat es nicht gut gemeint mit Isabelle. Ihre Mutter starb bei der Geburt, ihr Vater ist unbekannt, Großtante Maran kümmerte sich um das Kind mit der angeborenen Hüftfehlstellung. Als 26-jährige arbeitet sie nun als Serviererin in einer Raststätte an der Autobahn, als eines Morgens der fast 20 Jahre ältere Ben Visser dort einen Kaffee trinkt. Zwischen den beiden funkt es so gewaltig, dass sie noch am selben Abend ein Zimmer in einem nahe gelegenen Hotel mieten. Die beiden schlafen miteinander bei geöffneter Terrassentür, so dass sie nicht bemerken, wie sich der Mörder ins Zimmer schleicht. Ein gezielter Schuss löscht das Leben von Ben Visser aus - doch Isabelle verliert lediglich das Bewusstsein und überlebt.
Und nun beginnt das Rätselraten: Warum musste Ben Visser sterben? Eine Eifersuchtstat? Hatte Visser - immerhin Geschäftsführer einer mittelständischen Firma - mit den falschen Leuten Geschäfte gemacht? Wie erklärt sich die äußerst löchrige Vergangenheit Vissers? Und warum hatte er sich in der Mordnacht als "Alex Hinstra" in das Hotelbuch eingeschrieben? Die Polizei kommt in ihren Ermittlungen nicht weiter, aber die Witwe Visser will mehr wissen. Sie will vor allem wissen, was das für eine Frau ist, mit der sie ihr Mann betrogen hat. Und erst da (in Kapitel 6) kommt Detektiv Max Winter ins Spiel.
Thijssen noch nicht in Bestform
Man kennt das Phänomen von vielen Krimi-Autoren: Sie veröffentlichen ihren Debütroman, erleben einen ersten Erfolg und sind eifrigst damit beschäftigt, einen würdigen Nachfolger hinterher zu schieben. Doch dann erweist sich ihr Konzept für den zweiten Roman nicht ganz ausgereift und vielleicht auch unter Zeitdruck zusammen geschustert. Einem Leser sträuben sich bei so manchem Zweitwerk die Nackenhaare.
Eventuell gilt für Thijssens zweiten Roman ebenso die Vermutung, eine Idee in zu knapp bemessener Zeit zur Vollendung zu bringen versucht zu haben. Dass er eigentlich ein routinierter Schreiber ist, dafür spricht sein Erzählstil, der gekonnt flüssig die Handlung vorantreibt. So lässt sich Isabelle auch zunächst einmal sehr gut an. Die Vorgeschichte, die sich über die ersten 5 Kapitel erstreckt, ist mehr als handfest und lässt auf interessante Ermittlungen hoffen. Spuren und Möglichkeiten für den weiteren Verlauf der Handlung legt der Autor zuhauf.
Der dann folgende Einsatz von Max Winter lässt sich in zwei weitere Teile gliedern. Seine Ermittlungen, die zunächst nur in Richtung Isabelle gehen sollen, darf er entsprechend seines eigenen Wunsches auf die Vergangenheit Ben Vissers ausdehnen. Hier findet er sehr bald heraus, weswegen die Polizei die Ermittlungen in diese Richtung hat fallen lassen müssen. Die Spuren führen ihn und seine Kollegin Cybernel schnurstracks nach Frankreich. In diesem Mitteldrittel verliert der Autor die vielen Möglichkeiten, die er sich in den Anfangskapiteln aufgebaut hat, leichtfertig aus den Augen.
Was ist das für ein Finale?
Das Schlussdrittel ist dann leider nur noch mit der heißen Nadel gestrickt. Die Geschichte um Schwangerschaften und Erbschaften wird nicht nur abenteuerlich, sondern vollends unglaubwürdig. Die Auflösung des Falles gerät gleichzeitig beinahe zur Nebensache. Unterhaltsame Überraschungen gelingen dem Autor nur noch stellenweise auf Nebenschauplätzen; die Schicksalswendungen wirken dabei einfach zu dick aufgetragen. Es schmalzt gewaltig.
Schade! Felix Thijssen hat eigentlich spannenden Stoff erzählen wollen, aber irgendwie ist ihm unterwegs spürbar die Puste ausgegangen. Denn während vor allem in den ersten Kapiteln das Buch einen beinah fesselnden Charakter hat, schüttelt der Leser gegen Ende ein ums andere mal den Kopf vor zunehmendem Argwohn. Aus einem guten Ansatz wurde so dann doch noch ein unterdurchschnittlicher Krimi. Dem Anspruch, den Leser der Max-Winter-Reihe haben dürfen, wird Isabelle leider nicht gerecht. Einziges Lob an den Grafit-Verlag: Das schäbige neue Cover verleitet nicht gerade zum Kauf dieses Buchs.
Felix Thijssen, Grafit
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