Ermittlungen und Privates.
Viveca Sten ist durch die Fernsehserie „Mord in Mittsommer“ auch außerhalb Schwedens einem breiten Publikum bekannt geworden. Ihre Thomas-Andreasson-Reihe lieferte mit ihren 10 Fällen die Grundlage für die beliebten Ermittlungen in den Stockholmer Schären. Nun hat sich Sten weiter in den Norden nach Åre gewagt. Ihre neue Ermittlerin, Hanna Ahlander, löst mit ihren Kollegen in dem beliebten mittelschwedischen Skiort Mordfälle und persönliche Probleme. „Blutbuße“ ist schon der dritte Band dieser Serie und er ermuntert durchaus, auch die Vorgänger zu lesen, falls man diese nicht schon kennt.
Ein heruntergekommenes Hotel und ein grausamer Mord
Die vermögende Charlotte Wretlind wird grausam erstochen im Hotelzimmer eines Luxusresorts in Åre aufgefunden. Hanna, ihr Kollege Daniel und alle anderen von der verstreuten PUG-Gruppe nehmen die Ermittlungen auf. Die Spuren führen zu einem leerstehenden und heruntergekommenen Nobelhotel im Nachbarort Storlien, in dem Charlotte als Kind schöne Stunden erlebte und das sie nun sanieren und erneut zu einem Treffpunkt der Schönen und Reichen machen will. Doch nicht alle sind mit diesem Plan einverstanden und so sehen sich Hanna und ihre Kollegen bald mehren Motiven gegenüber. Dann geschieht ein weiterer Mord und die Panik in der kleinen Gemeinde nimmt zu. Außerdem scheint Charlottes Familie gefährdet zu sein, was nach einem unglücklichen Zeitungsinterview zu neuen Problemen führt.
Spuren in die Vergangenheit
Immer wieder baut Sten Rückblicke in die Weihnachtszeit des Jahres 1973 ein. Damit wird die Leserschaft schon auf eine Spur geschickt, die den Ermittlern lange verborgen bleibt. Dennoch bleibt das Geschehen von Anfang bis Ende spannend. Ganz unterschiedliche Motive tauchen auf, immer wieder geraten neue Personen in den Fokus und langsam wird ein Bild deutlich, das ganz offensichtlich Hinweise in die Vergangenheit zulässt. Wendungen und sich stets entwickelnde Charaktere und Beziehungen machen das ohnehin spannende Geschehen noch fesselnder. Der Schluss ist dann vielleicht in mehrerer Hinsicht etwas unrealistisch, was aber der Gesamtgeschichte keinen Abbruch tut.
Es menschelt im Team
Hanna hat sich in Daniel verliebt. Doch der hat eine Freundin und eine Tochter. Was Hanna nicht weiß: Daniels Beziehung läuft nicht gut und außerdem befindet er sich in psychologischer Behandlung, weil er immer wieder einmal die Beherrschung verliert. Im Laufe der Ermittlungen wird allerdings Hannas Wunsch nach mehr Nähe zu Daniel immer weniger wichtig. Und genau hier setzt eine Wende ein, die zu einer etwas seichten Weiterentwicklung führt. Die zwischenmenschlichen Beziehungen scheinen für Viveca Sten fast genauso wichtig zu sein, wie die Krimihandlung selbst. Immer wieder werden sie thematisiert. Und natürlich darf auch ein Homosexueller nicht fehlen, der anscheinend, wohl aus gut gemeinten Toleranzgründen, in jedem geschriebenen Werk vorkommen muss. Hier ist es Hannas Kollege Anton, der sich zu Carl hingezogen fühlt. Manchmal tritt die private Nebenhandlung fast zu sehr in den Vordergrund. Jeder und jede wird von der Autorin darauf abgeklopft. Dennoch schafft es Sten, aus Ermittlung und Privatem ein spannendes Konglomerat zu machen, das die manchmal ausgedehnten „Schmachtereien“ verzeiht.
Die Atmosphäre lässt erschauern
Sten kennt den Schärengarten vor Stockholm genauso gut, wie die kleine Gemeinde Åre. Jeden Winter kommt sie zum Skifahren in das mittelschwedische Örtchen. Die Hanna-Ahlander-Reihe wird auf dem Cover als „ein Polarkrimi“ angepriesen, doch Åre liegt auf Höhe des norwegischen Trondheim, also ein ganzes Stück unterhalb des Polarkreises. Doch der Winter ist hier auch schon ganz schön frostig und die Tage mehr dunkel als hell. Die Handlung spielt in der Zeit rund um Ostern und auch dann ist es hier noch bitterkalt. Sten versteht es, diese Atmosphäre zu vermittelt. Wenn dann noch das verlassene und halb verfallene Hotel ins Spiel kommt, geht das Kopfkino endgültig an. Mit Hanna und Daniel geht man durch die dunklen Gänge, betrachtet die Deckenmalereien in der Bar und ist sich ganz sicher, dass man bald eine Wärmflasche brauchen wird, so ausgekühlt ist man von dem Rundgang und den eiskalten Temperaturen draußen. Die fast zu greifende Atmosphäre ergänzt die ohnehin spannende Krimihandlung und macht „Blutbuße“ wirklich zu einem Krimi-Genuss.
Fazit
Es ist durchaus möglich erst mit „Blutbuße“ in die Hanna-Ahlander-Reihe einzusteigen. Doch nach der Lektüre dürfte dann eines klar sein: Ich will die beiden Vorgänger auch unbedingt lesen! Viveca Sten schafft die richtige Mischung aus Ermittlungen und Privatem und liefert damit einen ebenso kurzweiligen, wie enorm spannenden Krimi ab. Ich bin schon sehr gespannt auf Neues von Hanna und Daniel!
Viveca Sten, dtv
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