Finsteres Herz

  • Kiepenheuer & Witsch
  • Erschienen: Oktober 2024
  • 1
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Thomas Gisbertz
88°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2024

Ein düsterer, ungemein packender Thriller.

31. Dezember 2006: Ein kleines, weißes Ferienhaus liegt idyllisch in der verschneiten Landschaft am Hohensprenzer See. Doch nur wenige Minuten später bricht die Hölle in der scheinbar heilen Welt los, an dessen Ende zahlreiche Personen tot sind, unter ihnen Polizeihauptkommissar Rainer Mertens und die Kommissaranwärterin Azra Ösker von der Kripo Rostock. Während deren Kollegen KHK Frank Elling und KHK Lona Mendt notoperiert werden müssen und ums Überleben kämpfen, ist das 12-jährige bulgarische Waisenmädchen Sarah allein auf der Flucht. Die Beamten hatten sich vor einigen Tagen freiwillig mit dem Mädchen und zwei weiteren Zeugen in ein Schutzhaus zurückgezogen. Doch die Bundesbeamten, die die Zeugen heute eigentlich sicher zur Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft bringen sollen, entpuppen sich als brutale Gangster, die es auf Sarah abgesehen haben und plötzlich das Feuer auf die Polizisten eröffnen.

Der LKA-Beamte Hagen Dudek und die gerade erst zur Bundespolizei nach Rostock versetzte Maja Kaminski sollen nun klären, warum die Zeugenschutzmission auffliegen konnte und wer hinter dem Massaker steckt. Vor allem aber müssen sie Sarah finden, bevor diese in die Hände der Kriminellen fällt. Denn anscheinend haben die Kommissare Mendt und Elling mit ihren früheren Ermittlungen das Böse geweckt.

Roman- und Drehbuchautor

„Finsteres Herz“ ist aus verschiedenen Gründen ein besonderer Thriller. Zunächst ist es die ersehnte Fortsetzung der „Toten von Marnow“ (2020), des ersten Bandes rund um das Rostocker Ermittlerduo Lona Mendt und Frank Elling. Bereits vor Erscheinen des ersten Bandes fanden 2019 die Dreharbeiten für einen Mehrteiler statt, der 2021 erfolgreich in der ARD lief. Auch der zweite Teil - für den Autor Holger Karsten Schmidt erneut das Drehbuch schrieb - ist längst abgedreht und läuft Anfang Dezember diesen Jahres in der ARD.

Der 1965 in Hamburg geborene Schmidt ist sicherlich einer der bekanntesten und erfolgreichsten Drehbuch- und Romanautoren Deutschlands. Unter dem Pseudonym Gil Ribeiro schreibt er nicht nur die Kriminalromane zur erfolgreichen „Lost in Fuesta“-Reihe um Leander Lost, sondern verfasste hierzu auch die Drehbücher für die TV-Adaption. Auch für die Folgen zahlreicher anderer Serien wie „Harter Brocken“, „Nord bei Nordwest“, „Finn Zehender“, „Tatort“ oder der neuen ARD-Serie „Nord bei Nordost“ schrieb er die Skripte.

Spannung pur

Mit „Finsteres Herz“ gelingt Autor Holger Karsten Schmidt erneut ein rasanter, extrem unterhaltsamer und fesselnder Roman, der auch wegen des typischen Humors und der differenzierten Figurenzeichnung zu überzeugen weiß. Besonders Schmidts unglaublich szenischer Erzählstil, verbunden mit jeder Menge Action, sorgt für viel Dynamik und eine beinahe greifbare Atmosphäre. Man spürt von Beginn an, dass hier jemand schreibt, der sein Handwerk versteht - als Roman- und Drehbuchautor. Auch wenn Schmidt mit bekannten Motiven und Wendungen arbeitet, gelingt ihm dies derart gut, dass man den Roman nicht aus der Hand legen mag. Mal hart und düster, mal humorvoll und bewegend bedient der Autor die ganze Klaviatur eines guten Kriminalromans. Trotz einer detailreichen Figurendarstellung bleibt Schmidt stets beim eigentlichen Plot, der tempo- und wendungsreich auf das Finale zurast. Wie schon bei den „Toten von Marnow“ greift der Autor auch diesmal ein brisantes Thema auf, denn die Hintergründe für die Tat sind ebenso erschütternd wie aktuell.

Kurzweiliger Erzählstil

Der Roman besteht aus zwei parallelen, zeitversetzten Erzählsträngen, die clever miteinander verwoben werden. Zum einen wird die Ermittlungsarbeit von Lona Mendt und Frank Elling im Zusammenhang mit der 12-jährigen Sarah bis zu den Ereignissen am Silvestertag beschrieben, zum anderen die anschließende Suche nach den Verantwortlichen für das Massaker durch Hagen Dudek und Maja Kaminski. Diese versuchen die Arbeit der beiden Rostocker Kollegen, die nun im Koma liegen und um ihr Überleben kämpfen, nachzuvollziehen, was gar nicht so einfach ist, da beide sämtliche Ergebnisse ihrer Untersuchung aus unbekannten Gründen vernichtet haben. Zusätzlich hegen Maja Kaminski und der junge Staatsanwalt Simon Rost allmählich Zweifel, ob man dem LKA-Beamten Dudek wirklich trauen kann. Und so muss die junge Polizistin zusätzlich auch ihren Kollegen ständig im Auge behalten, wodurch die Suche nach der Wahrheit zunehmend komplexer und gefährlicher wird.

Fazit

Genau so funktioniert ein packender Kriminalroman. Holger Karsten Schmidt hat keine Zeit für Nebensächlichkeiten. Der temporeiche Roman garantiert Spannung von der ersten bis zur letzten Seite. Hier muss man nicht nach kleineren Schwächen suchen, sondern sich einfach zurücklehnen und einen mehr als unterhaltsamen Krimi genießen. „Finsteres Herz“ ist ganz große Krimikunst. Holger Karsten Schmidt beweist einmal mehr, dass er zu den besten Thrillerautoren Deutschlands gehört.

Finsteres Herz

Holger Karsten Schmidt, Kiepenheuer & Witsch

Finsteres Herz

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