What a Way To Go

  • Winterzeit Verlag, Heyne
  • Erschienen: September 2024
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Sabine Bongenberg
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2024

Bühne frei für Englands unfreundlichste Schnösel.

Für Anthony Wistern hatte sich alles, was er anfasste zu Gold verwandelt. Er gehörte zu Englands erfolgreichsten Finanztycoonen, besaß diverse Häuser in bester Lage, blickte auf vier gut geratene Kinder zurück und seine Frau schien gelassen mit seinen diversen Affairen umzugehen. Das Ganze soll jetzt gekrönt werden mit Anthonys pompöser Feier seines 60. Geburtstages. Der Gastgeber zeigt sich von seiner besten Seite, der Champagner fließt in Strömen und auch die kleinen weißpulvrigen Muntermacher dürfen nicht fehlen. Dumm nur, dass Anthony seine eigene Feier recht früh verlässt: Man findet ihn im festlich dekorierten Gartenteich - aufgespießt an einer Halterung der wunderschönen Illumination, die seine Frau Olivia kreativ geplant hatte. Was aber hat zu seinem frühzeitigen Abgang geführt? War es ein tragischer Unfall? Ein selbstgewählter Abschied nach dem Motto "Wenn es am Schönsten ist, sollte man gehen"? Oder hat da doch jemand nachgeholfen? Die Familie, die Polizei und auch die Presse stimmen der ersten Theorie zu. Aber da gibt es eine True-Crime-Bloggerin, die zu seinem Ableben eine ganz eigene Meinung vertritt und das vor einer wachsenden Anhängerschaft auch lauthals kundtut.

Zweiter Roman der Erfolgsautorin Bella Mackie

Bella Mackie ist vielen Leserinnen und Lesern sicher noch mit ihrem Buch "How to kill your familiy" bekannt. Hier sorgte die unbeachtete nichteheliche Tochter eines englischen Millionärs für ausgleichende Gerechtigkeit, indem sie die Mitglieder seiner Familie kreativ und effektiv um die Ecke brachte. Von vielen wurde das Buch als "britischer Humor at it's best" beworben, andere waren von der Kaltschnäutzigkeit der Täterin und der Arroganz der dargestellten Familienmitgleider weniger begeistert

In ihrem neuen Roman erzählt Mackie wieder von einer Famile aus der Oberschicht. Vater Anthony, bisher der Garant dafür, dass das mehrgängige Essen regelmäßig auf dem Tisch stand, ist nicht mehr unter ihnen und die Familie muss jetzt versuchen, selbst ihren nicht geringen Lebensstandart zu erhalten. Erzählt wird die Geschichte auf verschiedenen Ebenen: Da sind die Berichte von Olivia, Anthonys Ehefrau, die ihre Lebensgeschichte und ihre Ansichten zur Familie zum Besten gibt, da ist die lange Zeit namenlose Bloggerin, die ohne die Spur eines Beweises zu haben, davon ausgeht, dass der Millionär einem Verbrechen zum Opfer fiel und da ist nicht zuletzt, das Oper der Tragödie selbst, das aus einer Zwischenwelt immerhin die Handlung beobachten kann.

Armes England, das eine solche Oberschicht sein eigen nennt

Mackie widmet sich in diesem Buch insbesondere dem arroganten und snobistischen Auftreten dieser Familie der Oberschicht. Dem verstorbenen Vater und Ehemann scheint keiner eine Träne nachzuweinen. Das Einzige was alle gemeinsam an den Tisch bringt, ist die Frage, wie denn eine generelle Schadensbegrenzung erfolgen kann, stellt sich doch nach dem Tod des Patriarchen heraus, dass seine Geschäfte es weder mit Moral noch mit Gesetz sonderlich genau nahmen. Die Frage der Moral würde vermutlich hier niemanden sonderlich interessieren - wenn aber die ersten Uniformierten Geschäftsunterlagen beschlagnahmen, dann wird die Geschichte schon lästig.

Die Autorin beschreibt diese Vorgänge nicht einmal uninteressant. Dennoch fragt sich der/die Leser*in, der/die schon in der Mitte des Buches angekommen ist überrascht, wann es denn eigentlich mit den Ermittlungen zum vermeintlichen Mord so richtig losgeht? Fairerweise muss man hier sagen, dass Mackies Roman weder als "Krimi" noch als "Thriller" betitelt ist, sondern als schlichter "Roman" und allein die schwarze Fassung des Bucheinbandes mit dem grob gezeichneten Kreuz eine andere Einschätzung suggeriert. Von einem eigentlichen Krimi ist dann auch lange Zeit nichts zu bemerken, Mackie zeichnet vielmehr ein Sittenbild der wohlgenährten Oberschicht, der - abgesehen von ihren eigenen Interessen - alles schlichtweg und gepflegt irgendwo vorbeigeht und es weder echte Freundschaften noch tiefe Gefühle zu geben scheint.

Einen derartig blasierten und arroganten Haufen irgendwo zu mögen, ist daher eine recht schwierige Sache. Hoffnung für eine halbwegs sympathische Heldin könnte allenfalls mit der investigativ forschenden Bloggerin bestehen. Es ist allerdings auch nicht einfach sie nur ansatzweise sympathisch zu finden, scheinen sie doch in erster Linie die Zugriffszahlen zu ihrer Seite zu interessieren. Zudem scheint sie es mit dem Schutz der Persönlichkeit, dem Recht am eigenen Bild und generell mit der rechtlichen Auslegung des Begriffes "Stalking" nicht sonderlich genau zu nehmen, so dass auch hier keine Sympathieträgerin zu finden ist. Im Ergebnis trifft der/die Leser*in auf einen Haufen blasierter, arroganter oder schlichtweg dummer Menschen und darf sich dann irgendwann fragen, warum es ihn interessieren sollte, wer hier wen um die Ecke gebracht hat, bringt oder zu bringen beabsichtigt.

Fazit

Bella Mackie zeichnet ein desillusionierendes Bild der englischen Oberschicht und bei aller Arroganz und Oberflächlichkeit ist einiges amüsant zu lesen. Dennoch kommt man nicht umhin sich zu fragen, ob man Englands "Brexit" tatsächlich so bedauert hätte, müsste man ernsthaft annehmen, dass alle seine Bürgerinnen und Bürger der Familie Wistern ähneln.

What a Way To Go

Bella Mackie, Winterzeit Verlag, Heyne

What a Way To Go

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