Zerbrochene Stille

  • Lübbe
  • Erschienen: Dezember 2024
  • 1
Zerbrochene Stille
Zerbrochene Stille
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Carola Krauße-Reim
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2025

Konráð kann es nicht lassen.

Mittlerweile ist Island nicht nur für seine unglaubliche Natur und sein wechselhaftes Wetter bekannt, sondern auch für seine Krimiautoren und -autorinnen. Die abgeschiedene Insel kann mit Island-Krimis aufwarten, die nicht nur spannend und durch das Setting einmalig sind, sie sind auch sehr erfolgreich – bei der Leserschaft und auch bei den Kritikern und Kritikerinnen. Arnaldur Indriðason ist einer dieser gern gelesenen und ausgezeichneten Autoren. Seine Erlendur-Serie ist ebenso beliebt, wie die Konráð-Reihe, von der jetzt mit „Zerbrochene Stille“ bereits der 6.Band vorliegt.

Drei Tote

In der Nähe von Reykjavík wird die Leiche eines Mannes gefunden, der in den 1970er-Jahren verschwand. Damals gestand Natan, ihn umgebracht und ins Meer geworfen zu haben. Doch jetzt ist klar, dass er nicht der Mörder sein kann. Konráð erfährt von dem Fund und wird stutzig. Sein ehemaliger Freund und Kollege Léo hat den Fall bearbeitet. Was lief damals falsch, wurde Natan zu einem Geständnis gezwungen? Gleichzeitig wird ein isländisch-stämmiger Tourist an einem See bei Reykjavík tot aufgefunden. Er hatte Verbindungen zu einem Waschsalon-Besitzer, der ebenfalls in den 1970er Jahren verschwand. Konráð stößt mit seinen Nachfragen in ein wahres Wespennest und beschwört noch einmal den kalten Krieg herauf.

Es geht weiter

Die vorhergehenden 5 Bände der Serie hatten den gewaltsamen Tod von Konráðs Vater als Dreh- und Angelpunkt. Um ihn herum bastelte Indriðason seine Kriminalfälle. Jetzt ist dieser Fall aufgeklärt, doch Konráð findet immer noch Gefallen am Ermitteln – zum Glück für die Leserschaft. Und wie schon in den Büchern vorher, verknüpft der Autor die Krimihandlung mit einem Teil der isländischen Geschichte. Dieses Mal ist es die Zeit des kalten Krieges, als die Amerikaner einen Militärverband in Keflavík stationiert hatten, der bei den Isländern nicht auf ungeteilte Zustimmung stieß. Viele Isländer standen scheinbar eher auf der Seite der Sowjetunion und ließen sich für Spionagezwecke einspannen. Mit den Schilderungen der Vergangenheit gewährt Indriðason abermals einen Einblick in die isländische Gesellschaft, der wieder spannend und informativ gleichzeitig ist.

Ein komplexes Geflecht aus drei Fällen

Wie man es von dem Autor gewohnt ist, verlangt er der Leserschaft einiges ab. Der Plot ist komplex und man muss sich erst in ihn hineinfinden. Doch dann lässt er nicht mehr los. Die Spannung befindet sich nicht auf höchstem Niveau, aber immer neue Erkenntnisse machen die Geschichte packend genug, dass man immer weiterlesen will. Indriðason erzählt wieder einmal ruhig und alles andere als effektheischend, doch sein Stil lässt die Protagonisten glänzen und die Krimihandlung glaubhaft werden. Die Verknüpfung der drei Fälle und damit der drei Toten ist kompliziert. „Zerbrochene Stille“ damit ein Buch, das man nicht allzu lange aus der Hand legen sollte, damit man nicht den Faden verliert. Indriðason verlangt Aufmerksamkeit, doch auch das ist man bereits gewohnt. Immer wieder lässt er Konráð ein Detail aufdecken und gibt damit etwas mehr vom Ganzen preis. Doch bis die teilweise tragische Geschichte zum Ende kommt, muss man Durchhaltevermögen beweisen, was sich aber lohnt, denn Konráð läuft wieder einmal zu Höchstform auf

Konrað und Léo

Konrað ist kein einfacher Mensch. Dass er einen vielschichtigen Charakter hat, wissen alle, die der Reihe folgen. Jetzt kommt auch noch sein ehemalig bester Freund Léo ins Spiel und Konrað wird noch rätselhafter. Seine Vergangenheit hat scheinbar so einige dunkle Stellen mehr als bisher angenommen. Ebenso wie die isländische Gesellschaft, die mit organisierter Kriminalität und Spionage ebenso umgehen muss, wie viele andere Staaten auch. Nur ist die Außenwahrnehmung von Island eine andere – Idylle in herrlicher Landschaft. Die tatsächliche Lage daher immer wieder überraschend. Man lernt eben nie aus – nicht bei Konráð und nicht in Bezug auf Island.

Fazit

„Zerbrochene Stille“ ist bei weitem kein Krimi des Mainstreams. Arnaldur Indriðason erzählt abermals ruhig und ohne große Aufregungen eine sehr komplexe Geschichte, die nicht höchst spannend ist, aber durch die Verknüpfung von Krimihandlung und isländischer Geschichte zu überzeugen weiß. Hoffentlich geht Konráð nicht zu schnell zum tatsächlichen Rentnersein über und Indriðason beschert uns damit noch einige Geschichten mehr mit ihm.

Zerbrochene Stille

Arnaldur Indriðason, Lübbe

Zerbrochene Stille

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