Eruption

  • Goldmann
  • Erschienen: Juni 2024
  • 1
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Sabine Bongenberg
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2024

Es ist was faul im Staate Hawaii.

Die Nachrichten, die die Welt aus Hawaii erreichen, sind schlimm genug: Mauna Loa, der größte Vulkan nicht nur dieses Bundesstaates und nicht nur der USA, sondern der Erde, steht kurz vor dem Ausbruch und könnte damit das Gesicht der Inseln vollständig verändern. Das allein sind für die Bewohner Hawaiis schlimme Nachrichten. Aber es kommt noch wesentlich übler: In einer der Höhlen der Hauptinsel lagert ein sorgfältig gehütetes Geheimnis der US-amerikanischen Armee, das nicht nur das Todesurteil für den amerikanischen Kontinent, sondern für die ganze Welt bedeuten könnte, sollte diese Büchse der Pandora geöffnet werden. John Mac Gregor, Leiter des "Hawaiin Volcano Observatory" steht vor der Aufgabe seines Lebens. Es gilt, eine Naturkatastrophe so zu steuern, dass dieses Endzeit-Szenario verhindert wird. Aber wie kann eine Eruption beeinflusst, wie ein Lavastrom kanalisiert werden, der im unteren Temperaturbereich schlanke 800°C aufweist und wie soll das Ganze auch noch möglichst geheim gehalten werden? Das Schicksal der Welt entscheidet sich auf einer kleinen Inselkette im Pazifik und liegt in den Händen weniger Wissenschaftler.

 Die Spannung heizt sich auf....

Jeder aus der großen Fangemeinde Michael Crichtons weiß, dass der berühmte Autor 2008 im Alter von 66 Jahren verstarb. Sicher waren anschließend viele überrascht, als in diesem Jahr seine neueste Schöpfung aus einer Koproduktion mit dem Autor James Patterson auf den Buchmarkt stürmte. "Eruption" basiert auf einem unvollständigen Manuskript, das in Crichtons Nachlass gefunden und durch Patterson im Auftrag von Crichtons Witwe Sherri vervollständigt wurde. Übrigens ist es nicht das erste Buch, das posthum veröffentlicht wurde. Bereits 2018 erschien "Dragonteeth", das auf einem Manuskript des verstorbenen Autors aus dem Jahr 1974 beruhte. Hier immerhin stand Crichton noch alleine auf dem Buchtitel und vielleicht erklärt das auch Einiges...

Der Roman startet mit beunruhigenden Entwicklungen im Jahr 2016: Die Biologin Rachel Sherrill führt eine Gruppe von Schulkindern durch den Botanischen Garten von Hilo (Hawaii) und der sonnige Himmel über der Insel scheint sich plötzlich bedrohlich zu verdunkeln, als eines der Kinder fragt, was es mit der schwarzen Verfärbung an einer Gruppe von Banyan-Bäumen auf sich hat. Rachel hat schon viel gesehen, aber diese Frage kann auch sie nicht beantworten. Crichton konstruiert hier gewohnt spannend das Gefühl der Bedrohung, das aufsteigt, als Männer in Chemikalienschutzanzügen den Park stürmen und noch größer wird das Gefühl der Beunruhigung, als die Sache später komplett unter den Teppich gekehrt wird. Hier erleben wir den alten Crichton, der sachlich und gleichzeitig unheilverkündend die ersten schwarzen Vorboten eines möglichen Horrorszenarios ankündigt. Es ist so, wie weiland in "Dino Park" als das erste Raptoren-Opfer seinen Verletzungen erlag und damit andeutete, dass es mit diesen Echsen - vorsichtig formuliert - Probleme geben könnte.

...und kühlt gewaltig ab.

Diese Grundspannung kann das Autorenteam aber nicht halten. Mit einem Zeitsprung landet die Erzählung im Jahr 2025, wo sich ein großer Vulkanausbruch auf Hawaii andeutet, der unaufhaltsam eine tickende von Menschenhand gemachte Zeitbombe entfesseln könnte. Allein hier könnte man sich schon fragen, warum die Armee nach den ersten Anzeichen der Gefahr offensichtlich neun Jahre in der Nase bohrte und nichts tat, um ein mögliches Horrorszenario zu entschärfen. Wie dem auch sei - das Kind liegt jetzt im Brunnen und sollte alsbald herausgeholt werden - und mit dieser Aufgabe werden insbesondere der charismatische General Marc Rivers, ein altgedienter Haudegen der Armee, und der Vulkanologe John MacGregor beauftragt. Für den Fall einer Verfilmung wird hier auch schon einmal angedeutet dass Rivers eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Pierce Brosnan aufweist. Mit ihren jeweiligen Stäben versuchen sie die Katastrophe zu verhindern und was hier in kurzen Kapiteln geschildert wird, ist auch nicht einmal langweilig, hält aber keinem Vergleich zu Crichtons früheren Werken stand.

Was mir an dem Werk des Autorenduos besonders fehlte, ist eine tiefere Schilderung seiner Charaktere. Wir treffen so auf den Typ "Katastrophentourist", der sein morbides Interesse mit dem journalistischen Auftrag rechtfertigt, sich und andere in Gefahr bringt, alle Warnungen in den Wind schlägt, und natürlich zuletzt von dem heldenhaften Vulkanologen gerettet werden muss. Allein hier fragte ich mich schon: Warum? Warum bringt der Held sein eigenes Leben in Gefahr um Deppen zu retten, die sich unverbesserlich alsbald in die nächste Gefahr stürzen?

Besonders unglücklich werden auch die Schicksale verschiedener Akteure behandelt, die naturgemäß den unausweichlichen Vulkanausbruch nicht überleben oder sogar ihr Leben für ein höheres Schicksal opfern. Mit ihnen wird so kurz und so gefühllos umgegangen, dass es schon fast ärgerlich ist. Es ist fast so, als würde J.K Rowling ihre bewegende Erzählung über das Ende des berühmten Zauberers Dumbledore mit den knappen Worten "Er wurde vom Zauberspruch getroffen, fiel vom Turm und war tot." zusammenfassen. Der Tod vieler Helden und Heldinnen bleibt somit ein Nebenschauplatz und ist ähnlich lapidar wie der "Deus ex Machina", den die Leserinnen und Leser zum Schluss erleben.

Fazit

Michael Crichton und James Patterson - wer was an dem Roman "Eruption" verfasste, wird der/dem normalen Leser*in wohl niemals bekannt werden. Dennoch, manchmal stellte ich mir die Frage, ob einige Manuskripte vielleicht nicht einfach doch da bleiben sollten wo sie sind: Im Kopf des Autors, der nicht mehr dazu kam, ein möglicherweise grandioses Werk zu vollenden.

Eruption

Michael Crichton, James Patterson, Goldmann

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