Signum

  • dtv
  • Erschienen: Juli 2024
  • 6
Signum
Signum
Wertung wird geladen
Thomas Gisbertz
78°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2024

Unterhaltsame Fortsetzung der Trilogie.

Nachdem der Cracker Kim Ribbling und die Ex-Kommissarin und erfolgreiche Krimiautorin Julia Malmros erfolgreich Jagd auf die Mörder der Helanders gemacht haben, können sie sich nun anderen Dingen widmen. Julia Malmros, die von der aktuellen Verfilmung ihrer Åsa-Fors-Reihe enttäuscht ist, möchte sich ein neues Image verschaffen und recherchiert für ein Buch im Umfeld der „Wahren Schweden“, einer rechtsextremen Partei mit Kontakten in die kriminelle Szene. Unterstützung erhält sie hierbei von ihrer alten Freundin, der Bestsellerautorin Irma Ryding. Kim Ribbing dagegen verfolgt ein ganz anderes „Projekt“: Er hat den Schockdoktor Martin Rudbeck gekidnappt, der ihn in seiner Kindheit im Namen der Wissenschaft brutal quälte und misshandelte. Kim will endlich eine Antwort auf die Frage, wie man als Mensch so etwas tun kann. Während Kim Rudbeck zur Rede stellt, zieht Astrid, die Tochter der ermordeten Helanders, beim introvertierten Cracker ein - und entdeckt im Kellerverlies den gefesselten Arzt. Eine Begegnung, die nicht nur eine Kettenreaktion auslöst, sondern Kim und Julia vor die Frage stellt, wie sehr sie einander vertrauen können.

Fortsetzung der „Mittsommer-Trilogie“

In Schweden hat Autor John Ajvide Lindqvist längst Kultstatus erreicht. Seine Romane und Kurzgeschichten wurden in 31 Sprachen übersetzt, vielfach ausgezeichnet (u.a. mit dem Selma-Lagerlöf-Preis) und von Hollywood verfilmt. Der „schwedische Stephen King“ (Dagens Nyheter) begann seine Karriere als TV-Stand-up-Comedian und widmet sich seit einigen Jahren ganz dem Schreiben von Horror- und Mysteryromanen.

Auf die Idee zu seiner Trilogie kam Lindqvist auf recht ungewöhnliche Weise. Der Schwede bewarb sich als Nachfolger für Autor David Lagercrantz, um die Millennium-Reihe des großen Steig Larsson weiter fortzusetzen. Stattdessen entschied sich der Verlag aber für Karen Smirnoff. Lindqvist war aber von seiner Buchidee überzeugt und wollte sie weiter umsetzen. Um kein Plagiat zu begehen, musste er die Geschichten aber etwas umschreiben. So wurden aus Lisbeth Salander und Mickael Blomkvist in seiner Trilogie Kim Ribbling, ein durch Misshandlungen in seiner Kindheit schwer traumatisierter Computerspezialist, der über einen unfassbaren Reichtum verfügt und sich wie Salander mit der dunklen Seite des Internets beschäftigt, und Julia Malmros, eine etwa 50-jährige ehemalige Polizistin und erfolgreiche Krimiautorin, die viele Gemeinsamkeiten mit Blomkvist aufweist.

Alles im Fluss

Der zweite Teil der Mittsommer-Trilogie ist ein typischer „Zwischenroman“. Man sollte den ersten Band kennen, da zahlreiche inhaltliche Bezüge hierzu hergestellt werden. Auch sollte man planen, den dritten Roman, der im Sommer 2025 bei dtv erscheinen wird, zu lesen. „Signum“ scheint inhaltlich bereits den abschließenden dritten Teil vorzubereiten, bei dem es wohl um die „Wahren Schweden“ gehen dürfte. So endet der aktuelle Roman ohne großen Knall und man spürt, dass noch etwas folgen muss. Man kann das Buch als „Entwicklungsroman“ umschreiben, da er einen Schwerpunkt auf die persönliche Entwicklung seiner Figuren und deren Beziehungen legt. Dies gilt sowohl für die drei Hauptfiguren Kim, Julia und Astrid, als auch für die Nebenfiguren wie Julias Ex-Mann, Kommissar Jonny Munthers, seinen Kollegen Christof Adler und die Bestsellerautorin Irma Ryding. Die ältere Dame stellt mit ihrer souveränen, aber vollkommen unaufgeregten und humorvollen Art ein Highlight des Romans dar. Auch die 14-jährige Astrid rückt zunehmend mit ihrer freundlichen, aber auch durchtriebenen Art in den Mittelpunkt. Die Teenagerin tritt sehr berechnend auf, auch wenn es um die Durchsetzung des Themas Tierschutz im Hause Ribbling geht.

Zwischen Ironie und Ernst

Wie schon der erste Band „Refugium“ punktet „Signum“ mit seinen zahlreichen ironischen, mitunter satirischen Anspielungen auf die skandinavische Spannungsliteratur. Besonders gelungen ist dabei unter anderem die absurde Suche nach einem gemeinsamen Synonym für den Fall, dass Irma und Julia gemeinsam einen Kriminalroman schreiben sollten. Insgesamt darf man den Roman in seiner Erzählweise nicht immer allzu ernst nehmen. Der Autor bewegt sich zwischen Außenseitergeschichte, Romanze und packenden Thriller. Dabei verbindet Lindqvist immer wieder humorvolle, teils skurrile Szenen mit schockierenden Passagen, die unter die Haut gehen. Die Balance zwischen beidem gelingt besser als noch im ersten Band „Refugium“. Vor allem aber legt Lindqvist mit der Recherche Julias im Milieu der „Wahren Schweden“ einen vielversprechenden Handlungsstrang von aktueller politischer und gesellschaftlicher Brisanz an, der mit seinem rechtsextremen und ausländerfeindlichen Thema doch etwas an Stieg Larsson Millennium-Trilogie erinnert, ohne dessen Tiefe zu besitzen. Man darf aber gespannt sein, wie dieser Erzählstrang im letzten Band der Trilogie weiter ausgearbeitet wird.

Fazit

Die Fortsetzung der Mittsommer-Trilogie ist ein sehr unterhaltsamer, aber nicht durchweg spannender Thriller, der neben Skurrilität und Spannung auch Platz für ernste Themen lässt. Trotz alledem ist „Signum“ ein Übergangsroman, der noch längst nicht alle Handlungsstränge auflöst und Fragen beantwortet.

Signum

Weitere Bücher der Serie:

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Signum«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren