Nebelstille

  • Goldmann
  • Erschienen: Mai 2024
  • 4
Nebelstille
Nebelstille
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Thomas Gisbertz
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2024

Neuauflage eines beeindruckenden Debütromans.

Fredrikstad, 12. Juni: Der Milliardär Wilhelm Martiniussen, Chef und Hauptaktionär der Mardan A/S, wird in seiner luxuriösen Dachgeschosswohnung mit einer Klaviersaite erdrosselt aufgefunden. Schnell kommt der Verdacht auf, dass hinter dem Motiv finanzielle Gründen stecken könnten. Martiniussen hatte erst wenige Tage zuvor mitgeteilt, ein seit vielen Jahren geplantes und äußerst lukratives Projekt seines Unternehmens zu stoppen - sehr zum Entsetzen der anderen Vorstandsmitglieder.

Kurz darauf wird ein 68-Jähriger Mann brutal zusammengeschlagen aufgefunden. Beim vermeintlichen Touristen, der seitdem im Koma liegt, handelt es sich um Vincent Giordano, einst rechte Hand des mächtigsten New Yorker Mafiabosses. Mit der Aufklärung des Falls wird der eigenwillige Hauptkommissar Anton Brekke von der Osloer Kriminalpolizei beauftragt. Der Kommissar muss sich nicht nur mit seinem unbeliebten Kollegen Lange und dem tüchtigen Polizeistudenten Magnus Torp auseinandersetzen, sondern bekommt es mit einem komplizierten Fall zu tun, dessen Schatten bis weit in die Vergangenheit reichen.

Norwegischer Bestsellerautor

Autor Jan-Erik Fjell wurde 1982 geboren und wuchs bei Fredrikstad im Westen des Oslofjords auf. Nachdem er an der Universität viele Kurse und mehrere Ausbildungen, u.a. ein Lehramtsstudium, begann und wieder abbrach, ist er heute als Radiomoderator tätig und widmet sich dem Schreiben von Thrillern. In Norwegen zählt Jan-Erik Fjell längst zu den aktuell erfolgreichsten Thrillerautoren. Seine Reihe um den in Oslo ermittelnden Kommissar Anton Brekke stürmt in Norwegen nicht nur regelmäßig die Bestsellerlisten, sondern wurde auch mehrfach ausgezeichnet. Da kommt es nicht überraschend, dass Fjell aktuell mit Jørn Lier Horst einen ersten gemeinsamen Thriller („Skriket“) in Norwegen veröffentlicht.

„Nebelstille“ erschien bereits 2011 beim Rowohlt Verlag unter dem Titel „Der stumme Besucher“, allerdings nur als eBook. Obwohl man den Roman in Norwegen mit dem renommierten Buchhändlerpreis ausgezeichnete, wurde die Reihe nach dem zweiten Band „Kälteeinbruch“ in Deutschland wieder eingestellt. In Norwegen erschien im letzten Jahr bereits der 10. Fall rund um den Osloer Kommissar.

Ungewöhnlicher „Start“ der Reihe

Der Münchner Goldmann Verlag entdeckte die Anton-Brekke-Reihe und seinen Autor Jan-Erik-Fjell 2023 zum Glück neu und veröffentlichte zunächst den sensationellen sechsten Band „Nachtjagd“ als Paperback. Wenig später erschien auch der siebte Teil „Dunkelhaus“. Nun veröffentlicht der Verlag parallel die ersten beiden Fälle nochmals als eBook. Zusätzlich ist zumindest „Nebelstille“ für das Frühjahr 2025 als Print eingeplant. Zwar ist der erste Band der Reihe noch deutlich weniger komplex geplottet wie spätere Romane, dennoch ist der Thriller nicht nur für Fans der Reihe zu empfehlen.

Der 41-jährige Kommissar Brekke, zuständig für organisierte Kriminalität, ist von seiner Frau Elisabeth geschieden, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat. Er hat ein Faible für Frauen und besitzt eine geheime Leidenschaft, die ihn viel Geld kostet: das Pokerspiel. Die Stärke des Hauptkommissars ist sicherlich seine gute Beobachtungsgabe. Außerdem zeichnet ihn sein ganz eigener Humor aus.

Den ehrgeizigen, äußerst gewissenhaften Polizeistudenten Magnus Torp werden die Leser der Reihe bereits als späteren Kommissar der Kripo Oslo kennen. Es ist äußerst interessant und mehr als unterhaltsam, wie sich beide hier kennen und schätzen lernen.

Organisierte Kriminalität

Wie man es von Autor Jan-Erik Fjell gewohnt ist, spielt der Roman nicht nur auf einer Zeitebene. Neben der Untersuchung im Rahmen des aktuellen Falls werden die Geschehnisse im New York der späten 1960er-Jahre erzählt. Dort schildert Fjell den Werdegang des jungen Vincent Giordano vom jungen, mittellosen Mann zur rechten Hand des berüchtigten Mafiabosses Don Domenico Locatelli. Diese Parallelgeschichte strahlt ihren ganz eigenen Reiz aus und es bereitet große Freude, dieser Gangsterstory um die amerikanische La Cosa Nostra zu folgen. Was diese Erzählung jedoch mit dem Fall des ermordeten Milliardärs zu tun hat, löst Fjell sehr geschickt erst am Ende auf.

Fazit

In Deutschland hat Jan-Erik Fjell die Messlatte nach „Nachtjagd“, den erfolgreichen Thriller, der ihn hierzulande bekannt machte, extrem hochlegt. Sein Debütroman „Nebelstille“ kommt an die Extraklasse des sechsten Bandes noch nicht ganz heran. Dennoch ist der erste Fall um Kommissar Brekke mehr als lesenswert. Dies liegt vor allem daran, dass Fjell ein cleverer Geschichtenerzähler ist und mit dem Duo Brekke/Torp bestens unterhält.

Nebelstille

Jan-Erik Fjell, Goldmann

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