Wintersturm

  • btb
  • Erschienen: August 2024
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Wintersturm
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Carola Krauße-Reim
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2024

Tödliche Ostern.

Das kleine Island ist ein Hotspot der Krimi-Literatur und Ragnar Jónasson zählt zu den bekanntesten Autoren der Insel zwischen nördlichem Atlantik und Grönlandsee. Mit der Hulda-Serie hat Jónasson endgültig bewiesen, dass er Thriller schreiben kann, doch schon 2011 mit dem Beginn der Dark-Iceland-Reihe war klar, dass hier ein großes Talent am Start ist. Mittlerweile ist mit „Wintersturm“ der 6. Band dieser Serie rund um Ari Arason und die kleine Gemeinde Siglufjörðür erschienen. Wieder ist das Fischerdorf im einsamen Norden Islands ein gefährlicher Ort und das nicht nur wegen des aufkommenden Wintersturms.

Unnar stürzt vom Dach

Ari ist inzwischen Chef auf der kleinen Polizeistation in Siglufjörðür. Ostern steht bevor und er freut sich unbändig auf seinen kleinen Sohn Stefnir, der mit seiner Mutter Kristi in Schweden lebt. Doch jetzt wollen beide über die Feiertage kommen, was Ari die Gelegenheit bietet Kontakt zu halten. Doch ausgerechnet jetzt stürzt die junge Unnar von einem Dach zu Tode. War es Suizid oder steckt mehr dahinter?

Ari ist sich unschlüssig, denn sowohl Unnars Mutter als auch das alte Ehepaar im Haus, von dessen Dach Unnar fiel, verhalten sich merkwürdig. Und dann ist da noch eine Mitschülerin Unnars, die wohl mehr weiß als sie sagen will und ein geheimnisvoller Vater und sein Sohn auf einer kleinen Halbinsel. Ari ist hin und her gerissen zwischen dem Wunsch mit Stefnir Zeit zu verbringen und dem unguten Gefühl, dass er weitere Ermittlungen anstellen sollte. Dann kommt auch noch ein gewaltiger Sturm auf, der alle Pläne über den Haufen wirft und tragische Vorgänge auslöst.

Ein eher unsympathischer Protagonist

Ich kenne die fünf Vorgänger der Reihe nicht, habe mich aber dennoch gleich zurechtgefunden. Jónasson webt alle notwendigen Informationen geschickt in die laufende Geschichte ein. Was aber auch gleich offenbart wird, ist der nicht sehr sympathische Charakter des Protagonisten Ari. Egoistisch, wenig empathisch und manchmal auch barsch ist er nicht gerade das, was man von einem Gesetzeshüter erwartet. Doch mit Ari beweist Jónasson, dass Hauptfiguren nicht sympathisch sein müssen, um an das Geschehen zu fesseln. Und fesselnd wird es, wenn auch nicht durchgehend.

Tragik im kleinen Siglufjörðür

Wie ganz Island, wird auch der bisher wenig vom Tourismus angelaufene Norden immer beliebter. Jónasson greift diese Tendenz auf und verpackt sie gekonnt mit Beschreibungen der unglaublichen Landschaft und Natur. Wieder einmal ist Island selbst eine maßgebliche Größe eines Thrillers von dieser Insel, die dem eigentlichen Geschehen in nichts nachsteht. Und dann ist da der kleine Fischerort Siglufjörðür, eigentlich idyllisch, doch nun wieder einmal Mittelpunkt eines aufzuklärenden tragischen Todesfalles.

Tragisch wird es im Laufe des Thrillers immer mehr, denn es kristallisiert sich ein Abgrund heraus, den man in einem so kleinen Ort, in dem Jeder mit Jedem verwandt oder zumindest bekannt ist, nicht vermutet. Und der packende Schluss ist dann besonders erschütternd und mündet final in ein großes Unglück. Doch was den Verlauf der Ermittlungen davor betrifft, kann man nicht gerade von durchgehender Suspense sprechen. Immer wieder drängen sich Aris persönlichen Belange in den Vordergrund. Eine Enttäuschung, wenn man die anderen Bücher des Autors kennt.

Gibt es eine Fortsetzung?

Ari zweifelt am Fortkommen seiner Karriere in Siglufjörðür. Als Chef der Polizei ist er hier am Ende der Fahnenstange angelangt. Er spielt mit dem Gedanken, zu Kristi und Stefnir nach Schweden zu ziehen oder vielleicht das Angebot seines ehemaligen Chefs und Freundes Tómas anzunehmen und nach Reykjavík zu gehen. Und dann taucht auch noch eine ehemalige Geliebte wieder in seinem Leben auf und alles wird noch komplizierter. Ugla ist nicht nur an einem Aufleben der Beziehung interessiert, sie arbeitet im ortsansässigen Altenheim, dessen dementer Bewohner Hávarður vielleicht mehr Informationen zum Fall hat. Es tut sich eine neue Spur auf, die aber auch in eine ganz andere Richtung führen könnte. Das ist zum Schluss alles geklärt, doch wie es mit Ari und Ugla weitergeht nicht und so kann man auf einen weiteren Fall und mehr von den beiden hoffen.

Fazit

Der 6. Band der Dark-Iceland-Reihe überzeugt nicht durchgehend, zeigt aber, dass auch ein eher unsympathischer Protagonist durchaus interessant sein kann. Für Fans der Serie natürlich ein Muss, alle anderen können aber auch jetzt noch mühelos einsteigen und alle zusammen können auf eine Fortsetzung hoffen – im kleinen Siglufjörðür scheinen mysteriöse Todesfälle und Morde nicht ungewöhnlich zu sein.

Wintersturm

Ragnar Jónasson, btb

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