Nordlicht - Das kalte Grab

  • Blanvalet
  • Erschienen: Oktober 2024
  • 1
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Thomas Gisbertz
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2024

Wer nordische Krimireihen mag, kommt an Anette Hinrichs nicht vorbei.

Seit Tagen herrscht klirrende Kälte an die jütländische Küste. Die Temperaturen liegen auch am Neujahrstag weit unter dem Gefrierpunkt, als ein deutsches Ehepaar auf der dänischen Insel Als brutal ermordet wird. Der Hamburger Immobilieninvestor Konrad Dahlmann und seine Ehefrau liegen blutüberströmt in ihrem neuen Haus in Sarup. Das Ermittlerteam der Sondereinheit GZ Padborg um die Flensburger Kommissarin Vibeke Boisen und deren Kollegen Rasmus Nyborg von der Polizei in Esbjerg stoßen bei ihrer Untersuchung bei den Nachbarn der Toten auf eine Mauer des Schweigens. Etwas Düsteres scheint über dem Ort zu liegen, als lauere hinter jeder Haustür ein Geheimnis. Der eiskalte und skrupellose deutsche Geschäftsmann war in seiner neuen Heimat wenig beliebt, wenn nicht sogar verhasst. Auch die Beziehung zu seinen Kindern und vor allem seinem Bruder zeugen von einer tief zerrissenen Familie. An Verdächtigen mangelt es daher kaum, aber eine konkrete Spur fehlt zunächst. Doch als ein weiterer Toter aufgefunden wird, nehmen die Ermittlungen eine ungeahnte Wendung. Alles scheint mit Ereignissen im Eiswinter 1978/79 zusammenzuhängen.

Neuer Band der NORDLICHT-Reihe

Dass die gebürtige Hamburgerin Anette Hinrichs auch mit dem sechsten Band ihrer NORDLICHT-Reihe die Bestsellerlisten anführt, ist mittlerweile zur Gewohnheit geworden. Überraschend kommt dies sicherlich nicht. Es spricht für die Qualität der Autorin, die mit einer starken Reihe rund um die deutsch-dänische Sonderkommission überzeugt. Es ist wie ein Nachhausekommen, wenn man die erste Seite des neuen Romans aufschlägt - auch weil man sicher sein kann, nicht enttäuscht zu werden. Der neue Fall um die zähe Ermittlerin Vibeke Boisen und ihren dänischen Kollegen Rasmus Nyborg bietet beste Krimiunterhaltung mit einer gewohnt fesselnden Handlung, einem starken Ermittlerteam und einer wunderbar dichten Atmosphäre. Die detailreiche, liebevolle Beschreibung der Küstenregion, ihrer Menschen und der Ortschaften lassen den Leser darüber hinaus leicht in die Handlung eintauchen.

Hinrichs hat darüber hinaus ein wunderbares Timing und ein großartiges Gespür für interessante Fälle. Ihr gelingt es erneut, Nähe zum Täter zuzulassen, ja beinahe Verständnis für ihn und seine Beweggründe für die Morde zu empfinden. Besonders überzeugt der Roman aber einmal mehr mit einer glaubwürdigen Ermittlungsarbeit der Sondereinheit GZ Padborg. Das Zusammenspiel des deutsch-dänischen Teams ist absolut stimmig, weil die Figurendarstellung hier ebenso facettenreich wie authentisch erscheint. Kein Wunder also, dass Anette Hinrichs im letzten Jahr einen Options- und Filmvertrag für ihre NORDLICHT-Reihe unterschreiben durfte. Man darf sich also darauf freuen, Boisen und Nyborg vielleicht in den nächsten Jahren im TV bei der Ermittlungsarbeit zu begleiten.

Spannung und starke Figuren

Boisen/Nyborg und ihr Team bekommen es diesmal mit einem brutalen Mord zu tun, der auch soziale Spannungen zwischen dänischen und deutschen Bewohnern auf der Ostseeinsel Als aufdeckt, deren Ursache auch tief in der Geschichte beider Länder verwurzelt ist. Darüber hinaus wird die fehlende Anpassung der deutschen Zuzügler und deren mangelnder Respekt gegenüber den Einheimischen kritisiert, da jene auch immer mehr die strikten dänischen Regeln bei Erwerb von Baugrundstücken umgehen. Daher ist es keine einfache Aufgabe für die Sondereinheit, im Fall des ermordeten Ehepaars zu ermitteln. Es gehört zu den Stärken Hinrichs, ihren Figuren in dieser Hinsicht genügend Platz einzuräumen, ihre Standpunkte zu erörtern, ohne dass es zu einem Spannungsabfall bei der Handlung kommen würde.

Dies gilt auch für das Privatleben der Ermittler. Während Vibeke vom Tod ihrer Erzeugerin Solveigh erfährt und nicht weiß, wie sie damit umgehen soll, nähern sich - wie bereits nach Band 5 der Reihe vermutet - Rasmus und seine ehemalige Geliebte und jetzige Chefin Maja Eriksen wieder einander an. Gleichzeitig lassen die Erinnerungen an den Tod seines Sohnes Anton den Ermittler aus Esbjerg nicht ruhen. Anette Hinrichs beweist nicht nur hier viel Feingefühl für ihre Figuren, die sie stets ambivalent beschreibt. Vibeke ist eine hervorragende, emsige, regelkonforme Ermittlerin, hinter deren oftmals distanzierten Art aber eine tiefe Verletzlichkeit steckt. Etwas, was sie mit Rasmus teilt. Der Däne tanzt aber im Gegensatz zu seiner Kollegin gerne einmal aus der Reihe, besitzt aber eine scharfe Intuition. Inzwischen schätzen sich beide sehr und ergänzen sich im Rahmen der Ermittlungsarbeit bestens.

Fazit

Die NORDLICHT-Romane von Anette Hinrichs bieten bestes Kopfkino. Mit ihrer bildgewaltigen Sprache, ihrer tiefer gehenden Figurendarstellung und ihrem Detailreichtum schafft sie eine äußerst eindringliche Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann. Ein Kriminalroman, wie gemacht für kalte Wintertage. Wer die Fälle von Vibeke Boisen und Rasmus Nyborg immer noch nicht kennt, sollte dies bald ändern. Ansonsten verpasst man eine der besten Krimireihen, die es derzeit gibt.

Nordlicht - Das kalte Grab

Anette Hinrichs, Blanvalet

Nordlicht - Das kalte Grab

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