Frenzel

  • Heyne
  • Erschienen: Februar 2024
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Sabine Bongenberg
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2024

Wo ich den Hut hinlege, bin ich zuhause...

Frenzel hat noch nie gute Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Bereits als kleiner Steppke wurde er grundlos von ihnen geschlagen, als Heranwachsender von ihnen in Stich gelassen und dann wurde er auch noch Zeuge, wie einer seiner Freunde einfach so von ihnen abgeknallt wurde. Nein, er hatte nie die Veranlassung, etwas Gutes über die Polizei zu sagen. Natürlich auch dann nicht, als er wegen Körperverletzung mit Todesfolge einfuhr. Jetzt aber ist er draußen und eines haben sie nie aus ihm herausgekriegt: Er hat Geld und davon sogar recht viel, denn kurz vor seinem Tod hatte sein Vater doch tatsächlich einen Volltreffer im Lotto und davon hat nie jemand etwas erfahren.

Frenzel könnte jetzt ein sauberes, idyllisches Leben führen. Aber das wäre zu einfach und davon abgesehen scheint ihn auch keiner so richtig in Ruhe lassen zu wollen. Das sollten sie aber besser tun, denn er ist einer, der genau hinschaut und daher so einiges über seine lieben Mitbürgerinnen und -bürger weiß, was diese lieber verborgen wissen. Natürlich könnte er sich jetzt einfach wegdrehen und wegsehen - andererseits, wenn die anderen doch anfangen? Wenn die ihn einfach nicht in Ruhe lassen wollen? Wenn die einfach meinen, sie stehen über dem Gesetz und können die Arglosen behandeln, wie Fußabtreter? Frenzel beginnt, die Gerechtigkeit selbst in die Hand zu nehmen.

Ein lakonischer Held

Wie in seinem letzten Roman "Meier" erzählt Tommie Goerz von einem wortkargen Helden. Frenzel hat seine Erfahrungen mit der Gesellschaft und ihren Gesetzeshütern gemacht und hat ihnen gegenüber nicht mehr allzuviel zu sagen. Genauso liest sich auch der Schreibstil des Autors. Die Sätze sind abgehackt, teilweise unvollständig und dennoch zeichnet gerade das ein deutliches Bild des Protagonisten. Dieser erfüllt allerdings schon direkt viele Klischees: Immer war die Polizei gemein zu ihm, immer wurde er wegen Nickligkeiten drangekriegt und als er endlich einmal Glück hatte, da ging die Geschichte voll nach hinten los. Ehrlich gesagt, mit so viel Pech tat ich mich ein bisschen schwer und ein paar Sachen zum starken, muskelbepackten Frenzel wunderten mich dann auch. So zum Beispiel warum er so gezeichnet wird, aber offensichtlich zu den Glücklichen gehört, die dafür nie zu trainieren brauchen.

Dennoch lernt man den Eigenbrötler langsam zu schätzen. Das dauert aber ein bisschen und fällt auch ein bisschen schwer, gehört er doch zu den Menschen, die alle bösen Taten bemerken und nicht bereit sind, dazu auch nur einmal den Mund zu halten. Manchmal fragte ich mich, ob es mir dann recht wäre, wenn der Kollege vor meiner Tür wohnen würde - denn: Verstoßen wir nicht alle manchmal gegen das Gesetz und können wir es brauchen, wenn uns im Zweifel jemand mit der Nase drauf stößt? Andererseits - Frenzel ist nicht der Dauerquerulant. Er wehrt sich halt, wenn es darauf ankommt oder fordert Gegenleistungen für sein Schweigen ein.

Zuletzt hatte er noch 20 Euro auf dem Konto

Frenzel ist aber derjenige, dem es keine Ruhe lässt, wenn er Unrecht beobachtet oder davon erfährt, dass sich einige nicht gegen Arglist und Betrug wehren können. Mit seinen eigenen Methoden, die ganz sicher nicht denen der Polizei entsprechen, beginnt er, in Ungereimtheiten herumzuschnüffeln. Einiges fand ich davon deutlich überzogen und manchmal machte es mir das auch schwer, auf der Seite des Helden zu bleiben. Goerz entwickelt aber aus dessen eigenmächtiger Suche einen spannenden Krimi, der zwar sicher die eine oder andere Ungereimtheit aufweist, aber dennoch eine fesselnde Atmosphäre aufbaut. Vielleicht ist nicht alles realistisch, aber es gelingt Goerz die innere Zurückgezogenheit seines Helden beeindruckend und einfühlsam zu schildern. Mit wenigen starken Worten erschafft der Autor zusätzlich ein besonderes Ende, bei dem der/die Leser*in sich zuletzt noch fragt, ob die Geschichte von einem gescheiterten Opfer oder von einem zuletzt geschlagenen Helden erzählt.

Fazit

Ein störrischer, wortkarger Held ermittelt in Fällen, die der Polizei entgehen. Einiges ist sicherlich klischeehaft, aber unterm Strich fängt Goerz eine tolle Spannung ein.

Frenzel

Tommie Goerz, Heyne

Frenzel

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