Mayfair House

  • Insel
  • Erschienen: März 2024
  • 1
Mayfair House
Mayfair House
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Carola Krauße-Reim
58°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2024

Die Rache der Frauen oder eine wenig gelungene Gaunerkomödie.

Das übertrieben prunkvolle Mayfair House an der Park Lane ist das Heim Miss De Vries und ihren Angestellten. Bis jetzt hat Mrs. King als Haushälterin den noblen Haushalt gemanagt, doch jetzt ist sie entlassen. Aber das nimmt diese nicht so einfach hin. Zusammen mit einer illustren Truppe an Komplizinnen sinnt sie auf Rache: Während des anstehenden Kostümballs der reichen Erbin soll das Haus komplett ausgeraubt werden – vom Teelöffel bis zum Eichenschrank.

„Ocean‘s 8 meets Downton Abbey“

Mit diesem Slogan bewirbt der Verlag das Debüt von Alex Hay. Die Kombination birgt so einiges an Krimi-Potential in malerischer Umgebung, doch das hat der Autor leider so überhaupt nicht genutzt. Weder der Plot, noch die Charaktere oder die Atmosphäre des quirligen London vor dem 1. Weltkrieg wurden gekonnt umgesetzt.

Der Plot

Es beginnt ganz verheißungsvoll, wenn die entlassene Haushälterin Mrs. King ihren Rachefeldzug beginnt. Doch sehr schnell verzettelt sich der Autor in Kleinigkeiten, die den Blick auf das große Ganze verstellen. Das große Ganze ist hierbei ein Vorhaben, dass so aberwitzig ist, dass es gut begründet und ebenso gut eingeführt werden muss, damit man es überhaupt ernst nehmen kann. Aber auch hier kommt Hay einfach nicht zum Kern der Sache – kaum Erklärungen, kaum Hintergründe. Spannung kommt hier eigentlich überhaupt nicht auf. Die wenigen eingestreuten Wendungen stellen zwar einiges klar, doch packend wird die Geschichte dadurch nicht. Natürlich treten auch so einige unvorhersehbare Probleme während des Raubzuges auf, doch zu diesem Zeitpunkt kann man dem ganzen Geschehen kaum noch folgen oder will es vielleicht auch gar nicht mehr. Zu der recht unübersichtlichen Geschichte kommt ein manchmal fast seltsam anmutender Stil hinzu, zum Beispiel: „Je näher Alice ihr kam, desto spürbarer war die Elektrizität, die sie umfloss und ihre zarten Hände und Handgelenke knisternd umspielte.“

Die Charaktere

Es gibt eine Unmenge an Figuren, aber keine wirklichen Charaktere. Dass die ehrbare Mrs. King gar nicht so ehrbar ist, erkennt man schnell. Ihr scheinen die kriminellen Abgründe Londons mit ihren dunklen Gestalten keine Unbekannten zu sein. Gerade diese Figur hätte doch so einiges an Tiefe verdient, doch Hay kratzt, wie auch bei allen anderen nur an der Oberfläche. Auch dadurch wird Spannung verhindert. Man wird einfach nicht richtig warm mit dieser Komplizinnentruppe, die dazu noch alle erdenklichen Klischees an zwielichtigen Gestalten enthält. Auch die Erbin de Vries ist entspricht so gar nicht den Vorstellungen einer Tochter, die gerade ihren Vater verloren hat. Aber warum das so ist – keine Ahnung!

Die Atmosphäre

Der Vergleich mit der erfolgreichen Fernsehserie „Downton Abbey“ verspricht einen Upstairs-Downstairs-Roman mit einer reichen glamourösen Herrschaft und einer zahlreichen Dienerschaft mit ihren ganz eigenen Problemen und das alles in hochherrschaftlichem Ambiente. Doch dann landet man in einem Haus, das der Autor mehr protzig als gediegen darstellt und dessen Bewohner – egal ob oben oder unten - so gar nicht dem geliebten Downton-Abbey-Klischee entsprechen. Und schon ist für viele Fans die Atmosphäre dahin. Lediglich die snobistische englische Klassengesellschaft ist ganz gut getroffen. Doch das ist auch nicht so schwer hinzubekommen, wenn man den Plot ins Jahr 1905 verlegt, als ein Adelstitel noch Bedeutung hatte und London noch als Nabel der Welt galt – zumindest für Briten.

Fazit

Ein Krimi-Debüt, das meine Erwartungen leider nicht erfüllt hat. Alex Hay schafft es nicht ausreichend Spannung und Atmosphäre zu schaffen, damit man dem ausschweifenden Plot folgen möchte. Fans von „Downton Abbey“ und „Ocean‘s 8“ dürften daher wohl kaum von ihm überzeugt sein und alle anderen müssen ihre Ansprüche wohl kräftig zurückschrauben, damit „Mayfair House“ nicht vorschnell im Bücherregal landet.

Mayfair House

Alex Hay, Insel

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