Der Twyford-Code

  • Atrium
  • Erschienen: März 2024
  • 1
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Carola Krauße-Reim
62°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2024

Es hat sich so interessant angehört.

Steven Smith wird endlich aus dem Knast entlassen. Doch die 11 Jahre hinter Gittern hatten auch ihr Gutes – Smithy hat endlich lesen gelernt. Und mit dieser neu erworbenen Fähigkeit kann er nunmehr nach 40 Jahren das große Rätsel in seinem Lebens angehen. Als Teenager fand er nämlich ein Kinderbuch der Autorin Edith Twyford, von dem seine Lehrerin Miss Trout behauptete, es enthielte einen geheimen Code. Und ausgerechnet Miss Trout verschwindet während eines Schulausfluges spurlos. Jetzt will Smithy die Frage klären, ob sie ermordet wurde, ob es den Code tatsächlich gibt und was hinter dem Ganzen steckt. Er nimmt Kontakt zu seinen Jugendfreunden auf, begibt sich auf Spurensuche und muss feststellen, dass es langsam ziemlich gefährlich wird.

Eine Autorin liebt Geheimnisse

Janice Hallett ist in Großbritannien längst eine konstante Größe der Kriminalliteratur. Die ehemalige Journalistin, politische Redenschreiberin und Redakteurin widmet sich heute sehr erfolgreich dem Schreiben von Krimis. Dabei lebt sie regelmäßig ihr Faible für das Mysteriöse, Rätselhafte aus, so auch im „Der Twyford Code“. Und wie in ihrem Debüt „Mord zwischen den Zeilen“ hat sie auch dieses Mal eine besondere Art der Erzählform gewählt.

Transkribierte Audiodateien erzählen

Einen fortlaufenden Text sucht man in „Der Twyford Code“ vergebens. Hallett hat sich etwas Besonderes ausgedacht, denn sie lässt den ganzen Plot in den Transkriptionen von Sprachdateien stattfinden. Das macht die Sache ungewöhnlich, aber auch schwierig für den Lesefluss. Entweder kann man Smithy bei seinen gedanklichen Ausführungen folgen oder muss Gespräche zwischen unterschiedlich vielen Beteiligten lesen. Dazu kommt, dass alles keineswegs in Schriftsprache gehalten ist, sondern eben in gesprochener Umgangssprache, die manchmal zudem von der Transkriptions-Software in falschen Wörtern wiedergegeben ist. Das schmälert das Lesevergnügen enorm. Eine andere Art des Erzählens hätte das Ganze wesentlich spannender gemacht.

Immer wieder etwas anderes

Ein angeblicher Code, das Verschwinden der Lehrerin und vor allem das ganz unterschiedliche Erinnern von Smithy und seinen Schulfreunden, sind eigentlich gute Voraussetzungen für einen packenden Krimi. Doch kaum hat man etwas als Tatsache eingestuft, wird ein paar Seiten weiter wieder alles über den Haufen geworfen. Nachdem das mehrmals passiert ist, kann man sich der Frage nicht erwehren, warum man überhaupt noch weiterlesen soll. Die Spannung köchelt so auch auf relativ kleiner Flamme. Selbst als sich ein immer größerer Kreis um den Code zieht, ist man eigentlich nicht mehr ganz bei der Sache. Die Lösung des Ganzen passt dann aber dazu, denn der Schluss wirft noch einmal alles gehörig durcheinander.

Zu viel gewollt

Als „intelligent konstruierter und wendungsreicher Spannungsroman“ angekündigt, stellt sich „Der Twyford Code“ als Krimi heraus, dessen Autorin einfach zu viel gewollt hat. Die Anspielung auf Enid Blyton und den Enigma Code kann man noch akzeptieren, doch dass Smithy als Analphabet aus einem Problemviertel Londons kommt, ist einfach too much, denn im Hintergrund werden eifrig Andeutungen zu den sozialen Defiziten dieser Stadtviertel gemacht. Die Möglichkeiten aus diesem Umfeld zu entkommen, werden durch Smithys Jugendfreunde symbolisiert und durch ihn selber auch das Abrutschen in die Kriminalität. Hier wurde, wie schon erwähnt, einfach zu viel gewollt – ein Krimi muss nicht gesellschaftskritische Gesichtspunkte haben, um spannend zu sein. Ob eine ungewöhnliche Erzählweise wichtig ist, darf nach der Lektüre zumindest auch fragwürdig sein, denn neben den bereits geschilderten Schwierigkeiten mit der Transkription, kommt noch die äußerst eingeschränkte Darstellung der Charaktere dazu. Alles muss man quasi zwischen den Zeilen herauslesen, denn nur selten wird eine direkte Charakterisierung vorgenommen und selbst die besteht dann nur aus ausgesprochenen Gedanken. Eine tiefgründige Figurenzeichnung sucht man hier also vergebens und sowieso ist auch hier nichts als Unumstößlich anzusehen – im Gegenteil. 

Fazit

„Der Twyford Code“ fordert die Leserschaft. Eine leseunfreundliche Erzählform und ein Plot, der alles ständig über den Haufen wirft, machen nicht wirklich viel Spaß und lassen zudem nur wenig Spannung aufkommen. Die wenig unterschwelligen Andeutungen zu sozialen Problemen machen das Ganze dann nicht unbedingt besser. Wer packende Geschichten rund um Codes und andere Rätsel sucht, ist mit anderen Veröffentlichungen wohl besser bedient.

Der Twyford-Code

Janice Hallett, Atrium

Der Twyford-Code

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