Reicht Ungerechtigkeit, um das Schlimmste in einem Menschen zum Vorschein zu bringen?“
Die Befreiung eines kleinen Mädchens aus den Fängen eines Organhändlerrings ist ein bescheidener Erfolg für Inspektor Johann Winkler von der Wiener Polizei. Sein Kollege Leo kommt dabei ums Leben. Trotzdem wird Inspektor Jacket, wie Winkler genannt wird, als Held gefeiert. Aber nachts plagen ihn Angst und Schuldgefühle.
Die Arbeit machen andere
Seit der spektakulären Befreiung des Mädchens Beany dreht sich in Inspektor Jackets Leben alles um seinen Heldenstatus. Die Arbeit überlässt er gerne anderen und tritt nur in Erscheinung, wenn es um Lorbeeren geht. Damit macht er sich in der Abteilung Leib & Leben nicht viele Freunde. Seine Arroganz bekommt auch Mo, Jackets neuer Partner, zu spüren. Er, der überaus korrekte und penible Polizist mit Migrationshintergrund, wird von Jacket konsequent übergangen. Das ändert sich zunächst auch nicht, als Jacket unerwartet am Tatort im leerstehenden Nachbarhaus auftaucht und die Ermittlungen an sich reisst. Noch weiss Mo nicht, dass der Tathergang exakt mit einer Szene aus Jackets noch unveröffentlichtem Drehbuch übereinstimmt. Dann geschieht ein weiterer Mord – wie er im Buche steht.
Gesellschaftskritische Aspekte
Traumatische Erlebnisse und seine Herkunft haben Inspektor Jacket geprägt. Zum einen wuchs er in einem wohlhabenden, aber gefühlskalten Elternhaus auf. Er hatte immer das Gefühl, sich beweisen zu müssen. Gerade deshalb hat er sich nach dem erfolgreichen Schlag gegen den Organhändlerring gerne als Held feiern lassen. Endlich wurde er wahrgenommen. Jetzt scheint ihn die Realität einzuholen.
„In diesem Land gibt es zwar Legislative, Exekutive und Judikative, die wahre Hoheitsgewalt liegt allerdings bei der Publikativen.“
Henri Faber hat den facettenreichen Charakter seiner Hauptfigur wunderbar ausgearbeitet. Einerseits ein Mensch, der unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Andererseits ein Mann, der sich gerne in den Mittelpunkt stellt. Aber auch die Nebenfiguren spielen auf ihre Weise eine Hauptrolle. Vor allem der Polizist Mo mit seiner Pedanterie und seinem Gerechtigkeitssinn gibt der Geschichte Tiefe. Diese Gegensätze, und die Figur der Nora, Jackets Psychologin, machen das Ganze spannend und interessant.
Viele überraschende Wendungen bereichern die Geschichte, die aus drei Perspektiven erzählt wird. Dabei verarbeitet Henri Faber die unterschiedlichsten Themen in diesem Thriller. Von Politik über Korruption, von Kriminalität und Polizeiarbeit bis hin zu Psychologie und Diskriminierung ist alles vorhanden. Leider fällt dadurch die eine oder andere Stelle etwas ab. Zum Beispiel die übertriebene Darstellung Jackets oder außergewöhnliche Ereignisse, die die Handlung am Laufen halten, aber im Grunde unrealistisch scheinen.
Das ist manchmal fast zu viel des Guten. Aber die Spannung wird über lange Zeit extrem hochgehalten und verspricht nervenaufreibende Unterhaltung.
Fazit
Ein durch und durch spannender Thriller mit einem etwas überzeichneten Hauptdarsteller. Interessante und unerwartete Wendungen runden diese unglaubliche Geschichte ab. Wenn man denkt, der Roman sei zu Ende, beginnt die Handlung scheinbar neu und stellt alles Bisherige in Frage.
Henri Faber, dtv
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