Glut

  • Aufbau
  • Erschienen: Januar 2024
  • 5
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Thomas Gisbertz
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2024

Packender Auftakt einer neuen Krimi-Reihe aus Norwegen.

Es ist Viertel nach drei am frühen Sonntagmorgen, als die örtliche Polizei in der norwegischen Kleinstadt Elvestad eine Meldung über ein verlassenes Fahrzeug außerhalb des Stadtzentrums erhält. Vor Ort bietet sich den eintreffenden Polizisten ein grausames Bild: Axel Davidsen, der 20-jähriger Spross eines reichen Papierfabrikanten und Mitglied der einflussreichsten Familie in der Region, wurde brutal erstochen. Harinder Singh von der Kripo Oslo macht sich zusammen mit seiner Kollegin Rachel Hauge auf den Weg nach Elvestad, seiner alten Heimat nahe der schwedischen Grenze. Doch nicht nur der Mordfall wartet hier auf die beiden. Singh verbindet mit dem Ort und deren Bewohner auch dunkle Erinnerungen. Nur wenige Tage vor Ostern brennt zudem die Kirche nieder. In den Trümmern finden die Ermittler den verkohlten Leichnam des Gemeindepfarrers. Zwanzig Monate zuvor verschwand außerdem eine junge Frau. Singh und Hauge suchen zusammen mit dem Polizisten Per Lyngstad nach einer möglichen Verbindung und beginnen, die Fäden zu entwirren. Doch dabei stoßen sie auf eine Mauer des Schweigens, denn in Elvestad haben viele etwas zu verheimlichen und nicht jeder wünscht, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

Team-Oslo-Reihe

Sven Petter Næss, 1973 geboren, wuchs in Oslo auf. Er arbeitet mit Informations- und Kommunikationstechnologien für verschiedene Institutionen im universitären Sektor. Seit 2019 schreibt er erfolgreich Kriminalromane. „Glut“ ist sein erster Roman, der im Aufbau Taschenbuch erscheint. Der zweite Band seiner Reihe rund um den Osloer Kripoermittler Harinder Singh, „Furcht“, erhielt 2020 den Rivertonpreis, die Auszeichnung für den besten Krimi Norwegens und erscheint im Juli 2024 ebenfalls bei atb. Für Dezember 2024 ist mit „Schuld“ bereits die Veröffentlichung des dritten Bandes geplant. In Norwegen erscheint aktuell der fünfte Band der Reihe.

Rückkehr nach Elvestad

Nicht noch ein brutaler Krimi aus Norwegen, werden sich einige bestimmt denken, wenn sie den aktuellen Roman von Sven Petter Næss in Händen halten. Der Krimimarkt ist wahrlich nicht arm an skandinavischer Thriller- und Krimiliteratur. Jetzt sind die Berliner Aufbau Verlage auf den hierzulande noch unbekannten norwegischen Autor aufmerksam geworden. Zum Glück, muss man sagen, denn es lohnt sich, den Start der neuen Reihe zu lesen. Nicht, weil sie die Krimiliteratur auf den Kopf stellen würde, sondern weil Næss in seinem Roman geschickt bekannte Elemente und Motive des Nordic Noir miteinander verbindet und mit dem Halbinder Harinder Singh einen ungewohnt „normalen“ Ermittler bietet, der aber gleichzeitig mit den langen Schatten seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Nach 21 Jahren kehrt er unfreiwillig an den Ort seiner Kindheit und Jugendzeit zurück, mit dem er sehr viel Schmerz und Zurückweisung verbindet. Auch wenn er versucht, professionell seiner Arbeit nachzugehen, fällt ihm dies nicht leicht.

Ihm zur Seite gestellt wird die 32-jährige Rachel Hauge, die erst vor Kurzem vom Polizeidistrikt Oslo zur Kripo geholt wurde. Harinder erkennt schnell, dass seine neue Kollegin eine Kombination aus Intelligenz und Phantasie besitzt, die so wichtig für die Ermittlungsarbeit ist. Hauge ist froh, sich in Arbeit zu stürzen, da sie noch nicht die Trennung von ihrer Partnerin überwunden hat.

Die heimliche Hauptfigur ist allerdings die 25-jährige schwedische Polizistin Lisa Toivonen, die sich in der Gegend rund um Elvestad aufhält. Während die örtliche Polizei die Ermittlungen längst eingestellt hat, verfolgt sie weiterhin im Auftrag der Mutter die Spuren der vermissten Carina Johnson, die vor zwanzig Monaten verschwand und bisher nicht mehr auftauchte. Doch die schwedische Polizistin birgt ein dunkles Geheimnis und weiß mehr, als sie zu offenbaren bereit ist. Eine Figur, die nicht nur äußerlich an eine Lisbeth Salander erinnert.

Spannend, düster, temporeich

Der Roman beginnt trotz aller Dramatik eher gemächlich und die Figuren müssen sich zunächst etwas entwickeln. Doch genau so, wie sich die Konflikte immer mehr zuspitzen, nimmt die Handlung zunehmend an Fahrt auf. Besonders zum Ende hin überschlagen sich Ereignisse. Sven Petter Næss führt den Leser ein ums andere Mal an der Nase herum und überrascht mit so mancher Wendung. Dabei findet der norwegische Autor eine gute Balance zwischen gründlicher Polizeiarbeit, dem Privatleben der Ermittler und zum Teil brutaler Action, die aber nie zum Selbstzweck wird. Wenn man nicht jedes Detail des Plots zu kritisch hinterfragt, bekommt es der Leser mit einem packenden Fall zu tun, der auch nicht mit Gesellschaftskritik spart. Der Roman zieht einen zunehmend in den Bann, auch weil er in seiner düsteren Atmosphäre durchaus an die Romane Jo Nesbøs erinnert.

Fazit

Ein mehr als vielversprechender Auftakt der Team-Oslo-Reihe um das Ermittlerteam Harinder Singh und Rachel Hauge. Ein zunehmend temporeicher, ungemein clever konstruierter Plot, der den Roman zu einem wahren Pageturner werden lässt. Sven Petter Næss drängt vielleicht schon bald in die Spitze der norwegischen Krimiliteratur.

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Sven Petter Naess, Aufbau

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