Ein perfektes Leben

  • Unionsverlag
  • Erschienen: Januar 2005
  • 9
  • Zürich: Unionsverlag, 2003, Seiten: 288, Übersetzt: Hans-Joachim Hartstein
  • Guadalajara, Mexiko: EDUG, Dirección de Publicaciones, Universidad de Guadalajara, 1991, Titel: 'Pasado perfecto', Seiten: 189, Originalsprache
  • Frechen: Delta Music, 2006, Seiten: 4, Übersetzt: Armknecht, Martin, Bemerkung: Bonus-CD Ritmo de Cuba (original kubanische Musik)
  • Zürich: Unionsverlag, 2005, Seiten: 269
  • Zürich: Unionsverlag, 2015, Seiten: 332
  • Grevenbroich: LifeTime, 2016, Seiten: 1, Übersetzt: Martin Armknecht
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Thomas Kürten
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2003

Alle Genossen sind gleich - aber einige sind gleicher als andere

Vier Jahreszeiten, vier Kriminalfälle, vier Mal Kuba. Im kritischen Lichte eines zur Melancholie neigenden, wundervollen Erzählers: Leonardo Padura benutzt in seinem Havanna-Quartett den Kriminal-Roman, um ein vielschichtiges Bild der kubanischen Gesellschaft im Jahre 1989 aufzunehmen. Mit "Das perfekte Leben" startet er in die Jahreszeit Winter und beginnt eine sehnsuchts- und erinnerungsreiche Reise durch Kuba.

Der Teniente Mario Condo soll das Verschwinden von Vizeminister Rafael Morin aufklären. Dessen Spuren verlieren sich nach der Silvesternacht. Für Condo gestaltet sich die Suche auch zu einem Ausflug in seine eigene Jugend, da Morin nicht nur sein Schülersprecher war, sondern auch der Freund seines großen Jugendschwarmes Tamara. Während sich Condo und seine Kumpels noch ersten pubertären Phantasien hingaben und den Reichtum im Hause der Diplomatentochter gar nicht so recht begreifen konnten, machte nämlich Morin Nägel mit Köpfen und war bald schon mit Tamara verheiratet. Während der gesamten Ermittlungen ist Condo hin- und hergerissen - und das auf so plakativ wundervolle Weise - ob er nun wirklich nach Morin suchen oder lieber alle Spuren im Sande verlaufen lassen soll, auf dass er ewig verschwunden bleibe.

Neider unter den Genossen?

Und mit Condo lernt der Leser die Gegensätze kennen, die im kommunistischen Kuba herrschen. Die Armut und Bescheidenheit, in der er selber und seine alten Schulfreunde leben müssen, und aus der ursprünglich auch der Vermisste stammte. Vizeminister Morin hat es in der Partei weit gebracht und lebt mit Tamara in üppigem Wohlstand. Dabei hat der treue Genosse viele Reichtümer auf seinen Geschäftsreisen ins kapitalistische Ausland gesammelt. Wie konnte er das mit seinem doch stets knappen Reisebudget vereinbaren? Gibt es Besitzneid im kommunistischen Kuba: hier das Leben der einfachen Leute, die sich oftmals mit Kleinkriminalität über Wasser halten müssen, dort das luxuriöse Leben der korrupten Führungselite. Liegt hier der Grund für sein Verschwinden?

Herrlich die Reflexionen Condos, der sich an alte Schulzeiten, Literaturkurse, Baseballspiele und Partys bei der schönen Tamara erinnert. Herrlich seine Zusammenkünfte mit Freunden, der eine ein gescheiterter Schriftsteller, der andere ein invalider Kriegsveteran aus Angola. Herrlich seine Liebe und Hingabe zum anderen Geschlecht. Und das wunderbarste von alledem: die Leichtigkeit in der Erzählweise des Autors, mit der die Melancholie, aber auch die Lebenslust des Alltags in Havanna so treffend beschrieben wird. Die eindrucksvollste Erinnerung betrifft dabei die Veröffentlichung einer Schülerzeitschrift mit Abdruck von Texten aus einer Literaturarbeitskreis: Wie hier die Gedankenfreiheit der noch so unschuldig wirkenden Schüler mit Füßen getreten wird, geht dem Leser regelrecht unter die Haut.

Dass die Kriminalhandlung dabei eher von untergeordneter Bedeutung ist, tut der Qualität des Romans keinen Abbruch. Hauptaugenmerk des Autors liegt wirklich auf der Beschreibung einer Gesellschaft, die an ihren Idealen gescheitert ist. Die Kritik überlässt Padura dabei seinen Lesern - und die wollen auch die anderen Jahreszeiten in Havanna kennen lernen.

Ein perfektes Leben

Leonardo Padura, Unionsverlag

Ein perfektes Leben

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