Tatort Hafen - Tod an den Landungsbrücken
- Knaur
- Erschienen: Februar 2024
- 4
Debüt mit Schwachstellen.
Scheinbar haben Autoren die Wasserschutzpolizei entdeckt. Nicht nur im Vorabendprogramm des Fernsehens kann man die Ordnungshüter zu Wasser in diversen Städten und Regionen begleiten, jetzt hat man die für den Hamburger Hafen zuständige Truppe auch noch in einen Taschenbuch-Krimi gepackt. Vielleicht zieht jetzt das Fernsehen auch noch nach, denn der Hamburger Hafen ist wie geschaffen für kriminelle Handlungen und damit auch für die Arbeit der dortigen WaPo.
Mord an einem Barkassenkapitän
In einer nebligen Nacht wird Barkassenkapitän Dominic Lütteroth tot in seinem Boot aufgefunden. Der Mord bringt nicht nur Schaulustige an die Landungsbrücken, auch ein Team aus Kriminal- und Wasserschutzpolizei nimmt dort die Ermittlungen auf. Zunächst scheint eine Fehde unter Barkassenbesitzern eine Rolle zu spielen, doch dann wird klar, dass mehr hinter dem Mord stecken muss. Kriminalhauptkommissarin Jonna Jacobi muss immer tiefer im kriminellen Schlick des Hamburger Hafens graben und Tom Bendixen von der WaPo unterstützt sie, wo immer er kann.
Schwacher Plot mit viel Lokalkolorit
Die Liebe des Autorenehepaares Kästner zu Hamburg ist auf jeder Seite des Buches zu spüren. Doch leider scheint sich diese Begeisterung (bis jetzt) nur auf den Hafen der Hansestadt zu beziehen, denn außerhalb der Wasserstraßen und Hafenbecken findet kaum Handlung statt. Das ist bedauerlich, hat doch Hamburg so viel mehr zu bieten – aber vielleicht wird man davon etwas mehr in den Folgebänden dieser neuen Krimi-Serie finden. Jetzt jedenfalls kann man ausgiebig das weltberühmte Flair und die weniger gewollten kriminellen Abgründe im Hafen genießen. Wie es sich für einen ordentlichen Regio-Schmöker gehört, ist von dieser Atmosphäre recht viel im Plot zu finden – kein Wunder hat Andreas Kästner doch jahrzehntelang bei der Wasserschutzpolizei im Hamburger Hafen gearbeitet. Die Atmosphäre ist also schon einmal positiv zu vermerken, was aber weniger positiv ist, ist der Plot an sich. Die Haupthandlung ist völlig realitätsfern, sowohl was den Inhalt betrifft als auch die Umsetzung im Detail. Ein Bootsführer, der bei dichter Nebelsuppe erst nach Minuten auf die Idee kommt, das Radar einzuschalten oder Alkohol in einem Kinderrucksack – da muss man sich unweigerlich fragen, wie logisch das ist. Dazu kommen zahlreiche private Probleme der Ermittler. Scheinbar Jeder und Jede hat ein gravierendes Dilemma zu bewältigen – von Kinderwunschbehandlung bis gewalttätigem Ex-Partner ist hier alles zu finden.
Die Charaktere sind ausbaufähig
Die Figurenzeichnung bewegt sich auf ähnlichem Niveau, wie der Plot. Zwar wird versucht mit Hilfe der Probleme eine gewisse Tiefe in die Charaktere zu bringen, doch ist das auf jeden Fall noch ordentlich ausbaufähig. Es wäre zu begrüßen, wenn auch hier mehr Realitätsnähe Einzug halten würde und damit vielleicht nicht jeder Polizist und jede Polizistin selbstlos aufopfernd ist und bis zum Umfallen nur für den Job lebt. Jedoch der Hafen als besonderer Protagonist ist treffend geschildert. Wasserwege, Hafenbecken, Anlegestellen – das alles werden Sie nach der Lektüre ohne Probleme im Schlaf finden, denn manchmal liest sich der Krimi wie ein Navi, aber ein atmosphärisch einwandfreies.
Spannend ist es auch - manchmal
Kästner& Kästner locken die Leserschaft auf einige falsche Spuren, die durch diverse Twists immer wieder Richtung wechseln und schlussendlich in einer eher unaufgeregten Lösung des ganzen Dramas enden. Wenn man von vorne herein keine atemraubende Spannung erwartet, ist man hiervon dann auch nicht so enttäuscht. Dennoch hätte es durchaus mehr packende Handlung sein können, doch immerhin wird eine Verfolgungsjagd auf Booten im Hafen geboten und wo es die besten Fischbrötchen oder Hamburger Spezialitäten gibt, ist zumindest für den nächsten Besuch in der Hansestadt spannend.
Fazit
Einstieg in eine Regio-Krimi-Serie, der nicht ganz überzeugen kann. Wer einen durchgehend packenden Krimi verpackt in einen realitätsnahen Plot erwartet, könnte enttäuscht werden. Aber man bekommt auf jeden Fall Lust auf eine Hafenrundfahrt und Appetit auf ein leckeres Fischbrötchen – immerhin!
Kästner & Kästner, Knaur
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