Totholz

  • Knaur
  • Erschienen: Juni 2024
  • 4
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Thomas Gisbertz
84°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2024

Andreas Föhr muss man einfach lesen.

Wenn es im Leben des Polizeihauptmeisters Leonardt Kreuthner eines nicht gibt, dann ist dies Langeweile. Diesmal kommt ihm die polizeibekannte Betrügerin Pippa Trautmann ungewollt in die Quere - oder besser gesagt seinem Nebenverdienst. Denn Pippa betreibt ebenso wie Leo eine Schwarzbrennerei und macht ihm mit ihrer Destillerie gehörig Konkurrenz. Das kann dieser natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Also plant Leo zusammen mit Manfred, dem 93-jährigen Großvater von Kommissar Wallner, und dem einhändigen Schrottplatzbesitzer Johann Lintinger, der Konkurrenz einen gehörigen Denkzettel zu verpassen. Doch die Aktion geht - wie könnte es anders sein - nach hinten los, bringt aber die Kripo Miesbach unverhofft auf die Spur eins neuen Falls. Im Rahmen der Ermittlungen taucht plötzlich eine Leiche auf, die seit über einem Jahr im Wald vergraben liegt. Während Wallner und sein Team noch rätseln, um wen es sich bei dem Toten handeln könnte, verschwindet eine Zeugin spurlos. Aus ganz egoistischen Gründen setzt Kreuthner alles daran, die vermisste Person zu finden. Dabei bekommt er es nicht nur mit Erpressern und einer kriminellen Rockerbande zu tun, sondern auch mit den eigenen Kollegen. Gleichzeitig versucht Wallner das Geheimnis um den unbekannten Toten zu lösen. Die Spur führt ihn zu zwei Familien, die ein dunkles Geheimnis zu hüten scheinen.

11. Fall der Wallner-Kreuthner-Reihe

Autor Andreas Föhr muss man nicht mehr vorstellen. Der gebürtige Allgäuer ist seit über einem Jahrzehnt ein Garant für schwarzhumorige, skurrile und sehr unterhaltsame Kriminalromane rund um den Tegernsee. Nachdem der gelernte Jurist und Anwalt zunächst zusammen mit seinem Freund Thomas Letocha erfolgreich Drehbücher für das Fernsehen verfasste (u.a. für Die Rosenheim-Cops, Ein Fall für zwei und Der Bulle von Tölz), widmet er sich seit längerem ausschließlich dem Schreiben. Seine preisgekrönten Kriminalerzählungen um das Kultermittlerduo Wallner und Kreuthner stehen zurecht immer wieder auf den Bestsellerlisten. Gleich der erste Band der Reihe, „Der Prinzessinnenmörder“, wurde 2010 mit dem renommierten Friedrich-Glauser-Preis für den besten Debütroman ausgezeichnet.

Humorvolle Krimilektüre mit Tiefgang

Wer die Reihe um das ungleiche Ermittlerpaar mag, muss diesen Band einfach lieben. Er bietet alles, was die Romane von Andreas Föhr so besonders machen: skurrile Einfälle, menschliche, überaus glaubwürdigen Figuren, schwarzen Humor, ein durchaus spannender Fall und - auch das zeichnet den Autor erneut aus - ein ernstes Thema, welches gewohnt subtil in die Geschichte eingearbeitet wird. Den Balance-Akt zwischen Klamauk und fesselnder Handlung meistert Föhr wie immer gekonnt. Gleichzeitig gelingt es dem Autor aber auch, neue Impulse zu setzen. Die Beziehung zwischen Kommissar Clemens Wallner und seiner Dienststellenleiterin Karla Tiedemann entwickelt sich über das Berufliche hinaus und das neue Teammitglied Antonia „Toni“ Koncz sorgt mit ihrer unbekümmerten, jugendlichen Art für frischen Wind.

Erlaubt ist alles, wenn man sich nicht erwischen lässt

Andreas Föhr schreibt stets mit einem Augenzwinkern und lässt seine Figuren gerne über die Grenzen des Erlaubten gehen. Dies gilt besonders für Leo Kreuthner, der diesmal fest davon überzeugt ist, seine „Grenzüberschreitungen“ wie das Schwarzbrennen damit wieder auszugleichen, dass er Verbrecher überführt: „Ich schaff ja viel mehr Schlechtes aus der Welt, wie ich reinbring.“ In diesem Sinne fühlt er sich sogar Mutter Teresa überlegen, die zwar viel Gutes getan habe, aber nichts - wie er - gegen das Böse. Genau diese Hybris und grenzenlose Überzeugung von sich - auch noch in der Niederlage - macht Kreuthner zu einer einzigartigen Figur in der deutschen Krimilandschaft. Alleine wegen ihm muss man die Reihe lieben.

Ein besonderer Regionalkrimi

Wenn es etwas am aktuellen Band der Reihe zu mäkeln gibt, dann ist es vielleicht die Auflösung der beiden Fälle: während die etwas konstruiert wirkt und beinahe zu banal erscheint, ist die andere zumindest überraschend, aber nicht zwingend glaubwürdig. Aber das trübt das Lesevergnügen keineswegs. Denn wie immer wird die Handlung von den zahlreichen kleinen Episoden, cleveren Einfällen und wunderbaren, unverwechselbaren Dialogen getragen, die zwar im Falle Kreuthners gerne im oberbayerischen Idiom geführt werden, aber jederzeit verständlich sind.

Fazit

Andreas Föhr ist einfach eine Klasse für sich. Ja, es gibt spannendere Krimis, bestimmt temporeichere, aber sicherlich keine, die derart unterhalten, wie die Wallner-Kreuthner-Reihe. Auch der 11. Band bereitet ein großes Lesevergnügen, da Humor und Spannung bestens miteinander einhergehen. Andreas Föhr muss man einfach lesen.

Totholz

Andreas Föhr, Knaur

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