Im Kopf des Bösen - Ken und Barbie

  • Erschienen: Juni 2024
  • 3
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Sabine Bongenberg
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2024

Das kanadische Trauma und seine Umsetzung in Deutschland.

Es ist ein grausiges Geheimnis, das der Rhein im heißen Sommer des Jahres 2023 offenbart: Das Niedrigwasser gibt eine in Beton eingegossene Leiche frei. Die beiden BKA-Profiler Sophie Kaiser und Leonhard Michels werden mit den Ermittlungen dieses Falls beauftragt. Sie erkennen alsbald, dass es sich bei diesem Mord nicht um einen Einzelfall handelt, sondern dass hier ein Serientäter am Werk ist. Seine bevorzugten Opfer sind junge, blonde Frauen, die er verschleppt, über einen längeren Zeitraum gefangen hält, vergewaltigt und ermordet. Unerklärlich bleibt aber, wie er laut- und spurlos vorgehen und seine späteren Opfer aus alltäglichen Situationen heraus verschleppen konnte. Langsam macht sich ein ungeheuerlicher Verdacht breit. Arbeitet der Serienkiller nicht alleine und ist möglicherweise eine Komplizin in die Verbrechen involviert?

Angelehnt an ein kanadisches Trauma

1991 wurde im kanadischen Gibson Lake der einbetonierte Körper eines 14jährigen Schulmädchens gefunden. Dieser Fund bildete den Auftakt zu einer schrecklichen Mordserie. Junge Mädchen verschwanden regelrecht aus der Mitte der Gesellschaft und lange Zeit fragten sich die ermittelnden Polizisten, wie es einem Verbrecher möglich sein konnte, so lautlos und unvermittelt zuzuschlagen. Sicherlich hätte niemand damit gerechnet, dass ein junges attraktives Ehepaar mit dem Verschwinden der Mädchen auch nur etwas zu tun haben könnte. Karla Homolka und Paul Bernardo erschienen in den Jahren als der junge Liebestraum Kanadas. Das attraktive Paar schien ein Leben wie aus einem romantischen Bilderbuch zu führen: Glückliche Ehe, gute Jobs und eine solide Familie, die allerdings von einem schweren Schicksalsschlag belastet wurde. Man könnte sagen "Ken und Barbie" lebten glücklich im Barbiehaus - und wer jetzt von dieser Serie noch nie etwas gehört hat, fragt sich vielleicht, was die beiden mit den "Ken-und-Barbie-Morden" zu tun hatten und warum ihre Taten bis heute ein kanadisches Trauma bilden.

Einer der berühmtesten Profiler Deutschlands, Axel Petermann, hat gemeinsam mit der Journalistin Petra Mattfeldt diese Mordserie fiktiv nach Deutschland übertragen. In ihrem zweiten Fall zu der Romanserie "Im Kopf des Bösen" jagen zwei Profiler einen gnadenlosen Serienmörder und können lange Zeit nicht erahnen, welche Abgründe sich hinter den ohnehin schon namenlosen Taten verbergen.

Das Hauptaugenmerk liegt bei den beiden Ermittlern sicherlich auf der Person der Sophie Kaiser, bei der schon als Kind das "Asperger-Syndrom" und damit eine Form des Autismus diagnostiziert wurde. Damit betrachtet sie viele Informationen zu Verbrechen aus einem anderen Blickwinkel, hat aber andererseits Schwierigkeiten menschliche Reaktionen, die die Gesellschaft von ihr erwartet, zu produzieren. Mit ihrem Partner Leonhard bietet sie aber ein glaubhaftes und gut funktionierendes Gespann, das den Kriminalfall glaubhaft vorwärtstreibt. Mit der Beschreibung der polizeilichen Arbeit wird auch klar, dass sich Petermann in diesem Metier auskennt, wird deren Arbeit mit deren Abläufen und Dialektik lebensnah geschildert.

Die realen "Vorbilder" aus Kanada

Petermann/Mattfeldt lassen ihren Roman auf zwei Ebenen spielen. Zum einen ist es die Arbeit der Ermittler, zum anderen kommt auch der Haupttäter zu Wort. Damit besteht die Möglichkeit, auch Einblick in seine Gefühlswelt und seine Motive zu erlangen. Schnell wird den Lesern und Leserinnen auch klar, dass sie es mit einem Psychopathen zu tun haben.

Dennoch wandeln die Autoren noch einige wichtige Punkte ab. So wird die Schuld an einem Mord nicht dem Haupttäter, sondern seiner eigentlichen Komplizin zugewiesen und macht damit den bestürzenden Höhepunkt der Verbrechensserie noch um einige Grade übler. Dennoch blieb die ursprüngliche Geschichte trotz dieser Abwandlungen für mich bekannt und da damit dann auch keine eigene dichterische Leistung der beiden Erzähler zu Tage tritt, habe ich auch nicht die volle Punktzahl vergeben.

Wem die "Ken-und-Barbie-Morde" aber nichts sagen, der kommt möglicherweise zu einem ganz anderen Ergebnis. Generell war ich bei diesem Krimi auch der Meinung, dass die "Ken-und-Barbie" Mordserie schneller hätte aufgeklärt werden können, wenn die Ermittler der damaligen Zeit so schnell auf die Ergebnisse aus der Gentechnik hätten zurückgreifen können, wie es heute an der Tagesordnung ist. Wer übrigens noch mehr zu der bestürzenden Geschichte der "Ken und Barbie Morde" erfahren möchte, kann sich unter "the disturbing case of the "Ken und Barbie" Killers" die realen Aussagen der seinerzeit tätigen Ermittler ansehen. Besondere Einblicke zu Karen Homolka findet man auch unter "Serial Killer KarlaHomolka: Not a victim".

Fazit

Karla Homolka, Paul Leonardo und der Pakt mit dem Teufel - in Kanada kennt vermutlich jede/r diese fürchterliche Geschichte. Hier wird ihre grausame Mordserie spannend und authentisch - sofern diese Wortwahl im Angesicht realer Verbrechen überhaupt angemessen ist - nach Deutschland übertragen. Als real beschriebene Ermittler handeln sie wirklichkeitsgetreu und so ist diese Pseudo-Doku ein glaubhaftes Abbild realer Verbrechen.

Im Kopf des Bösen - Ken und Barbie

Axel Petermann, Petra Mattfeldt,

Im Kopf des Bösen - Ken und Barbie

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