Der falsche Vogel

  • Blanvalet
  • Erschienen: April 2024
  • 4
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Thomas Gisbertz
55°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2024

Mäßig unterhaltsamer, etwas zäher Cosy-Krimi.

Arthur Crockleford ist sicherlich alles andere als ein normaler Antiquitätenhändler. Jahrzehntelang hatte er jede Sekunde seines für die Öffentlichkeit unbekannten, geheimen Lebens geliebt - bis zu jenem schicksalhaften Tag vor vielen Jahren in Kairo. Leider ließ er sich damals mit kriminellen Kunstdieben ein. Nun wird der über 80-jährige Antiquitätenhändler tot in seinem Laden aufgefunden. Doch Arthur hat sein gewaltsames Ableben kommen sehen und Hinweise auf seinen Mörder hinterlassen, die es zu entschlüsseln gilt.

Und für diese schwierige Aufgabe kommt nur eine in Frage: Freya Lockwood, die einst mit ihrem Mentor Crockleford weltweit geraubte Kunst und Antiquitäten aufspürte, bis sie vor 20 Jahren diesem Leben den Rücken zuwandte. Doch Freya weiß, dass die Suche nach dem Täter gefährlich ist. Denn schafft sie es nicht, Arthurs Tod aufzuklären, könnte sie das nächste Opfer sein. Eine erste Spur führt Freya und ihre extravagante Tante Carole auf das Landgut des kürzlich verstorbenen Lord Metcalf. Hier gibt es nicht nur zahlreiche Antiquitäten und zwielichtiger Experten. Jeder der Anwesenden scheint verdächtig zu sein - und einer von ihnen ist der Mörder Arthurs.

Debütroman

Autorin Cara L. Miller sammelte ihre ersten Erfahrungen in der Verlagsbranche als Redaktionsassistentin an der Seite ihrer Mutter Judith Miller (1951 – 2023), einer international bekannten Expertin für Antiquitäten und Buchautorin, die darüber hinaus regelmäßig in der BBC „Antiques Roadshow“ zu sehen war. Nach einem kurzen Ausflug in die Gastronomie- und Eventbranche und der Gründung einer Familie beschloss C. L. Miller, endlich den lang gehegten Traum zu verwirklichen und sich aufs Schreiben zu konzentrieren. Ihr Debüt „Der falsche Vogel“ schrieb Miller dann in Zusammenarbeit mit ihrer Mutter, die ihre jahrzehntelange Erfahrung und Expertise im Zusammenhang mit Antiquitäten einbrachte. Laut dem Blanvalet Verlag löste C. L. Millers Debütroman „auf Anhieb eine Bieterschlacht der Verlage aus“. Leider erschließt sich bei der Lektüre des Bandes nicht, was am Roman derart besonders sein soll. „Der falsche Vogel“ ist ein solider, insgesamt noch unterhaltsamer Cosy-Krimi - mehr aber auch nicht.

Indiana Jones meets Miss Marple

Die Grundidee des Romans ist durchaus interessant. Eine ehemals erfolgreiche Expertin im Beschaffen antiken Diebesgutes muss den Mord an ihrem Mentor aufklären. C. L. Miller möchte unverkennbar mit ihrer Heldin an Figuren wie Miss Marple, vor allem aber Indiana Jones erinnern. Doch statt packender Verfolgungsjagden über die ganze Welt, verschlägt es die Protagonistin zunächst ins beschauliche Little Meddington zu ihrer Tante Carole, bei der sie nach dem Tod ihrer Eltern aufwuchs.

Wie es sich für einen englischen Cosy-Krimi gehört, wohnt die ehemalige Schauspielerin Carole mit ihrem Hund Harley in einem denkmalgeschützten Haus am Rande des Dorfes und ist Inhaberin der „Teapot Tearooms“. Konsequenter Weise wird dann auch bei jeder Gelegenheit - am besten bei einem warmen Kaminfeuer - Tee getrunken. Schließlich regnet es ja auch ständig, was die Autorin nicht vergisst zu betonen: „Es war einer jener Mainachmittage, die einen in die Zeit zurückzuversetzen drohten - zurück zu Aprilwetter und kalten Schauern“.

Der Roman wählt doch ein äußerst gemächliches Erzähltempo und wird erst zum Ende hin spannender. Schließlich will man ja doch wissen, was sich in den zahlreichen „Dossiers“ (ohne das Wort wäre der Roman nur halb so lang) an Antiquitäten und Diebesgut versteckt. Ach ja, den Mörder überführt Freya natürlich auch - allerdings ist dieser weniger überraschend.

Schwächerer Erzählstil

Während man doch einiges Interessantes über die Welt der antiken Kunst erfährt und der Einstieg in den Roman vielversprechend erscheint, zieht sich die Handlung vor allem im Mittelteil gewaltig. Vor allem die Nacht auf dem Landsitz - natürlich gewittert es und der Strom fällt aus - ist so spannend wie kalter Tee. Sprachlich weiß C. L. Miller leider ebenso wenig zu überzeugen. Mal fühlt man sich bei der Jagd nach den Verbrechern eher an die Erzählweise der TKKG-Bande erinnert (der unheimliche „Mr. Sonnenbrille“), mal versucht Miller auf banale Weise, Spannung zu erzeugen (Auf dem Landgut scheint wirklich alles zu quietschen, zu knarzen oder zu scheppern und immer huschen irgendwo dunkle Schatten).

Die Gruppe der Verdächtigen ist nicht nur klischeehaft zusammengestellt, sondern in seiner Darstellung vollkommen blass und in keiner Weise lebensecht. Immerhin sind aber die fast 50-jährige Freya und ihre spleenige Tante recht sympathische Figuren, denen man gerne bei der Suche nach dem Täter folgt. Besonders Carole ist in ihrem extravaganten Auftreten und Verhalten ein Gewinn für den Roman und hilft über so manche inhaltliche Länge hinweg. Etwas seltsam und überflüssig sind die Aphorismen von Arthur, die jedem Kapitel vorgestellt werden. Diese wirken entweder unfreiwillig komisch („Wenn jemand verdächtig wirkt - lauf!“) oder erinnern eher an ein Poesiealbum („Der Winter ist lang, doch der Frühling findet immer einen Weg, alles wiedergutzumachen.“). Einen Nutzen haben die Lebensweisheiten des toten Antiquitätenhändlers jedenfalls nicht.

Fazit

Freya Lockwood ist weder Indiana Jones noch Miss Marple. Damit ist bereits das Hauptproblem des Romans beschrieben: C. L. Miller möchte ihren Cosy-Krimi mit Elementen des Abenteuer- und Spannungsromans verknüpfen, was leider nicht funktioniert. „Der falsche Vogel“ besitzt eigentlich ein großes Potential, das aber leider zu wenig genutzt wird.

Der falsche Vogel

C.L. Miller, Blanvalet

Der falsche Vogel

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