Sobald Gefühle im Spiel sind, wird es gefährlich.
Ein rumänischer Saisonarbeiter gesteht den Mord an seinem Chef, obwohl alle Indizien dagegen sprechen. Eine echte Herausforderung für Joachim Vernau, der sich als Pflichtverteidiger für Lucian Sandu einsetzt.
Unglaubwürdig
Schon bald fallen Vernau einige Widersprüche in Lucians Aussage auf. Es scheint, als schütze er jemanden. Doch alles Nachhaken und das Aufzeigen von Konsequenzen für den Beschuldigten bleiben erfolglos. Joachim Vernau macht sich auf eigene Faust auf die Suche nach entlastenden Beweisen. Je tiefer er in das Leben auf dem grossen Gutshof in Jessendorf eindringt, desto mehr gerät er in den Sog von Habgier, Eifersucht und häuslicher Gewalt. Die rumänischen Saisonarbeiter begegnen ihm ebenso abweisend wie die Bäuerin und ihre Tochter. Nur die junge Rumänin Tina lässt sich auf ein Gespräch mit Vernau ein, verschweigt aber vieles. Immerhin erfährt der Berliner Anwalt, dass es bei den Unruhen auf dem Hof um ausstehende Lohnzahlungen geht -und um Liebe. Für die Ermordung des Gutbesitzers kommen infolgedessen mehr als eine Person in Frage. Joachim Vernau ist bald mit Haut und Haaren in den Fall verstrickt. Selbst seine Gefühle hat er zeitweise nicht mehr unter Kontrolle und er engagiert sich mehr, als er es in jedem anderen Fall tun würde. In welcher Gefahr er schwebt, merkt er erst, als es weitere Tote gibt.
Viele Eisen im Feuer
Der Prolog beginnt mit einem Alptraum. Nun folgt die eigentliche Geschichte mit dem ersten Toten. Er wird in einem Bus gefunden, der von Berlin nach Timişoara fährt. Noch ist nicht klar, was dieser Vorfall mit der folgenden Geschichte zu tun hat. Erst nach und nach fügen sich die einzelnen Teile zusammen und man erfährt eine wirklich tragische Geschichte, die viele Menschen betrifft und unglücklich macht.
Elisabeth Herrmann hat in ihren Roman einen ganzen Strauss an Themen verarbeitet. Zum einen sind es die katastrophalen Bedingungen, unter denen die Saisonarbeiter arbeiten und untergebracht sind. Es wird um jeden Euro gekämpft. Gleich nach der Ankunft der Saisonarbeiter auf dem Hof werden die Arbeitsverträge geändert. Statt eines festen Lohns erhalten sie nur noch einen Akkordvertrag. Die Arbeitszeiten betragen zehn bis zwölf Stunden und mehr pro Tag. Sie werden ausgebeutet und ihnen werden die Ausweispapiere abgenommen, so dass sie sich keine andere Arbeit suchen können. Die Autorin schildert dies anschaulich und richtet damit den Fokus auf den damit zusammenhängenden heutigen Umgang mit Lebensmitteln in unserer Gesellschaft.
Ein weiterer wichtiger Handlungsstrang ist die häusliche Gewalt. Und es folgen noch weitere spannende Themen, die in diese Geschichte eingewoben sind. Das Ergebnis ist ein spannender und unterhaltsamer Krimi – auch wenn es manchmal etwas chaotisch zugeht und sich Joachim Vernau immer wieder in Grauzonen bewegt.
Obwohl der Roman eine grosse Themenvielfalt beinhaltet, ist das Ganze sehr gut zu lesen und unterhaltsam. Manche Begebenheiten erschüttern und stimmen nachdenklich, andere werden nur kurz angesprochen und nicht zu Ende gebracht. Vielleicht wäre ein bisschen weniger mehr gewesen. Es sind wirklich viele Schicksalsschläge, Geheimnisse und menschliche Abgründe die sich in diesem Krimi auftun.
Fazit
Insgesamt sind die Charaktere sehr gut ausgearbeitet. Vor allem der Humor von Joachim Vernau trägt dazu bei, die Stimmung immer wieder aufzulockern und die vielen schweren Themen leichter verdaulich zu machen.
Elisabeth Herrmann, Goldmann
Deine Meinung zu »Blutanger«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!