Ein spannender Fall, der genauso gut sein letzter sein könnte.
Bisher konnte die selbst gewählte Sonderkommission auf der Karibikinsel Camaho mit vielen Erfolgen glänzen. Aber jetzt steckt sie in großen Schwierigkeiten. Weil der junge Forensiker Michael "Digger" Digson nicht hinnehmen will, dass ein Kollege, der betrunken eine Fußgängerin überfuhr, straffrei davonkommt, macht er sich plötzlich für sein dienstliches Umfeld zum Nestbeschmutzer. Eines kommt zum anderen und als dann noch seine Kollegin, Miss Stanislaus, in Notwehr einen Mann erschießt, da will man schnell allen daraus einen Strick drehen. Die Sonderkommission soll aufgelöst werden und Digger und Miss Stanislaus sollen für lange, lange Zeit ins Gefängnis wandern. Was hier helfen könnte, wäre nur gute alte Ermittlungsarbeit mit einer engagierten Sonderkommission. Aber wie soll das gehen, wenn die Kollegen doch schon versetzt wurden und sich die anderen korrupten Mitarbeiter der Polizei schon diebisch auf den Tag freuen, wenn Digger und Miss Stanislaus ins Gefängnis wandern?
Wiederholung der Geschichte
Jacob Ross lässt hier seinen Ich-Erzähler Michael "Digger" Digson, vielen Lesern bereits aus "Der Knochenleser", ohne große Einleitung aus seinem Leben erzählen. Als nichtehelicher und nichtanerkannter Sohn des Polizeichefs und einer verschwundenen Mutter, befand er sich in einer verzweifelten Situation, bis der eigenwillige und ständig alkoholisierte Detective Superintendent Chilman sein Potential erkannte und ihn unter seine Fittiche nahm. Digger hat sich mittlerweile zu einem selbstbewussten Polizisten entwickelt. Er kennt seine Rechte und weiß insbesondere, wann sich Kollegen ins Unrecht setzen. Das aber kann ihn auf einer (fiktiven) Karibikinsel mit vielen eigenen, unantastbaren Regeln in große Schwierigkeiten bringen.
Jacob Ross lässt seine Helden in einem (natürlich) eingedeutschten, einfachen Slang sprechen und das tut einiges dazu, um Leser die besondere Atmosphäre der Insel Camaho nachspüren zu lassen. Er erzählt davon, wie sich die Bewohner durchschlagen und davon, wie Frauen immer noch ein besonders schweres Schicksal zu tragen haben, zeigt aber auch, wie sich kleine Lichtblicke durch die besondere Solidarität unter ihnen ergeben. Der eher verächtliche Ton gegenüber den Touristen, die die Insel besuchen, wird dagegen nicht jedem gefallen.
Digger lernt bei seinen Ermittlungen Jonathon "Jana Ray" Rayburn kennen, dem ein ähnliches Schicksal zu harren scheint, wie seinerzeit ihm. Ihn nimmt der Pathologe unter seine Fittiche und auch wenn der Leser erfährt, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint, zeigt sich hier doch auch berührend, dass selbst der hartgesottene Digger von Emotionen überwältigt werden kann.
Etwas weniger wäre etwas mehr gewesen...
Jacob Ross erzählt mit "Shadowman" einen spannenden Krimi, bei dem allenfalls kritisiert werden kann, dass es manchmal von einigem einfach zu viel auf einmal ist. Da sind verschiedene Morde zu klären und nicht alle passen in das große Geflecht der Hauptstory, die sich einem Drogenring widmet. Eine größere Bühne wird auch Diggers Liebesleben eingeräumt und nicht zuletzt spielen die gesellschaftlichen Verhältnisse eine wichtige Rolle. Manchmal wirkt das verwirrend und zumindest ich hätte mir manchmal etwas mehr Klarheit und Zielstrebigkeit gewünscht. Andererseits - es ist vielleicht so, wie in der Karibik - es geht ein wenig vor, ein wenig zurück und dann kommt man zu guter Letzt auf den Punkt und weiß gar nicht mehr, wie das so gegangen ist.
Fazit
Michael "Digson" Digger ermittelt an einem spannenden Fall der genauso gut seiner letzter sein könnte und auch über das Schicksal seiner Kollegen bestimmt. Ross spielt hier mit dem besonderen Szenario der Karibik und ihren besonderen Menschen und manchmal meint der Leser, das Rauschen des Meeres und das Rasseln der Palmen zu hören.
Jacob Ross, Suhrkamp
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