Experte in Sachen Mord
- Kein & Aber
- Erschienen: Oktober 2023
- 3
So müssen klassische englische Kriminalromane sein.
März 1934. Die erfolgreiche Theaterautorin und bekannte Krimischriftstellerin Josephine Tey macht sich mit dem Morgenexpress aus den schottischen Highlands auf den Weg nach London. In der Hauptstadt gilt es den großen Erfolg ihres Theaterstücks „Richard von Bordeaux“ zu feiern. Auf der Zugreise lernt sie Elspeth kennen, eine ebenso lebensfrohe wie charmante junge Frau, die ein große Verehrerin Josephines ist. Sie möchte noch einmal das bekannte Stück im New Theatre sehen, bevor dieses auf große Tournee geht. Elspeth erobert mit ihrer unbekümmerten Art schnell das Herz der Autorin. Am Bahnhof trennen sich die Wege von beiden, da Elspeth ihre Reisetasche im Zug vergessen hat. Als sie überstürzt in das Abteil eilt, ahnt sie noch nicht, dass sie dieses nicht mehr lebend verlassen wird: Die junge Frau wird brutal ermordet und ihr Leichnam regelrecht inszeniert.
Als der herbeigerufene Detective Inspector Archie Penrose den Fundort in Augenschein nimmt, ist er davon überzeugt, dass die Tat in Verbindung mit Josephine und dem Theaterstück steht. Und es mangelt nicht an Verdächtigen in der extravaganten Theaterwelt des Londoner West Ends. Missgunst und Neid scheinen hier weit verbreitet. Je tiefer Penrose und sein Assistent Sergeant Fallowfield während ihrer Ermittlungen in diese Welt eintauchen, desto mehr stoßen sie auf Geheimnisse aus der Vergangenheit, die für immer hätten verborgen bleiben sollen.
Britische Bestsellerautorin
Die englische Autorin Nicola Upson wurde 1970 in Suffolk, England, geboren und studierte Anglistik in Cambridge. Ihr Debüt „Experte in Sachen Mord“ (2008) bildet den Auftakt einer erfolgreichen, zehnbändigen Krimireihe. Bei deren Hauptfigur, Josephine Tey, handelt es sich um eine der bekanntesten Krimiautorinnen des Britischen „Golden Age“. „Mit dem Schnee kommt der Tod“ (Band 9) war Nicola Upson nominiert für den CWA Historical Dagger Prize (2021). Dem Züricher Verlag „Kein & Aber“ ist es nun zu verdanken, dass fünfzehn Jahre nach dem Erscheinen des Debütromans drei Bände der erfolgreichen Krimireihe erstmals in einer deutschsprachigen Ausgabe veröffentlicht werden. Der Verlag plant, halbjährig zwei weitere Romane der Serie herauszubringen. Liebhaber des klassischen britischen Kriminalromans dürfen sich auf eine Mischung aus stimmungsvoller Atmosphäre, lebendiger Figurendarstellung und einer spannenden Handlung freuen. Britisches Krimivergnügen vom Feinsten!
Realität und Fiktion
Während die britische Autorin Elizabeth Mackintosh, die ihre Kriminalromane unter dem Pseudonym Josephine Tey veröffentlichte, hier noch weitestgehend unbekannt ist, genießt sie als Schriftstellerin und Theaterautorin (unter dem Namen Gordon Daviot) in Großbritannien hohes Ansehen. Ihr Krimi „The Daughter of Time“ (dt. Titel: „Alibi für einen König“) wurde von der englischen Autorenvereinigung Crime Writers’ Association zum besten Kriminalroman aller Zeiten gewählt.
Nicola Upton, die sich als ausgesprochene Kenner der bekannten Autorin erweist, verbindet in ihrer Romanreihe historische Fakten und Bezüge zu Josephine Tey (unter anderem auch aus ihren Kriminalromanen) mit Fiktion und schriftstellerischen Freiheiten. Herausgekommen ist dabei eine Reihe, die aus mehrerlei Hinsicht lesenswert ist.
Viel Zeitkolorit
Eins muss man vorweg sagen: Wer temporeiche und brutale Kriminalromane liebt, der liegt hier vollkommen falsch. Man muss sich Zeit nehmen für den Roman, aber es lohnt sich. Das Erzähltempo ist eher gemächlich, die Atmosphäre geruhsam, wie es sich für klassisch-britische Kriminalromane gehört. Upton nimmt sich viel Zeit für die Entwicklung und Darstellung ihrer Figuren. Dadurch gelingt es der Autorin, wirklich jeder Figur Leben einzuhauchen - sei es den für das Bühnenbild und die Kostüme zuständigen ungleichen Motley-Schwestern oder dem stets optimistischen Krimiliebhaber Sergeant Fallowfield, der gerne etwas zu schnell durch Londons Straßen fährt. Gleichzeitig lässt Upton die Leser in das London der 1930er Jahre eintauchen und bringt ihnen im vorliegenden, ersten Band, gleichzeitig die faszinierende Theaterwelt der damaligen Zeit näher.
Ungewöhnliches Ermittlerpaar
Nein, Josephine Tey ist keine Mis Marple und nimmt auch nicht unmittelbar Ermittlungen auf. Das überlässt sie ihrem langjährigen Freund und Scotland-Yard-Inspector Archie Penrose. Aber die Protagonistin besitzt eine feine Beobachtungsgabe und einen trockenen Humor. Aufgrund ihres zurückhaltenden Auftretens wird sie auch bisweilen etwas unterschätzt. Den smarten, höflichen, aber stets achtsamen Ermittler Penrose und die bescheidene Josephine verbindet eine gemeinsame Vergangenheit, die gleichzeitig aber auch zwischen ihnen steht. Ein Thema, das Nicola Upson auch in den folgenden Bänden wieder aufgreift und das sicherlich noch an Bedeutung gewinnen wird.
Fazit
Fans von Agatha Christie, Dorothy L. Sayers, Ronald Knox, G. K. Chesterton oder natürlich Josephine Tey dürften ihre Freude an diesem Roman haben. Ein Buch, wie gemacht für kalte Herbsttage. Upson lässt längst vergangene Tage des britischen Kriminalromans wieder lebendig werden. Und alle, die Gefallen an der Reihe finden, dürfen sich freuen: Es warten noch neun weitere Bände und ein elfter Roman ist bereits in Planung.
Nicola Upson, Kein & Aber
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