Amazement Park

  • Piper
  • Erschienen: Juni 2023
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Sabine Bongenberg
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2023

Wer seine Seele dem Teufel verkauft

Mackenzie hat in ihrem Leben bisher mehr Schatten als Licht gesehen. Sie erlebte eine schreckliche Familientragödie, verlor ihren Job, ihre Wohnung, ihren Besitz und jetzt ist ihr nur noch das geblieben, was in ein kleines Bündel passt. Sie ist gezwungen, in einer Obdachlosenunterkunft zu leben und das letzte bisschen, was sie bis dahin hatte, das wird ihr auch noch genommen. Wie verlockend klingt da doch das Angebot der Firma "Eck Extreme Sports". Frei nach dem Kinderreim "Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein" sucht Teilnehmer für eine "Reality Show", bei der 14 Kandidaten in einem ehemaligen Vergnügungspark an einem gigantischen Versteckspiel teilnehmen sollen.

Natürlich wird an einem jeden Tag ein Kandidat gefunden, aber demjenigen, der es schafft, bis zum Schluss den Suchern zu entgehen, dem winkt die Summe von 50.000 $. Mack greift verzweifelt nach diesem Strohhalm. Eigentlich dürfte die ganze Geschichte aber auch gar nicht so schwer sein. Bereits einmal verdankte sie ihr Leben einem guten Versteck, in dem sie bewegungslos in einer Ecke ausharrte, das kann sie sicherlich wie keine zweite. Dennoch die ganze Sache ist schon ein wenig eigenartig.  Warum hat sie eigentlich vorher noch nie etwas von diesem Spiel gehört? Ist dessen Durchführung nicht doch ein bisschen unprofessionell? Dann kommt auch noch die wichtigste Frage: Was ist eigentlich mit den Kandidaten passiert, die ausgeschieden sind und plötzlich von der Bildfläche verschwanden?

Vierzehn kleine Showteilnehmer...

Allerspätestens seit der Serie "Squid Game" sind mörderische Fernsehspiele ein beliebtes Thema, das dem Zuschauer zuhause vor dem Bildschirm ein wohliges Gruseln über den Rücken jagt. Da ist eine Gruppe von Leuten, die an einer Spielshow teilnimmt und meistens erst zu spät erfährt, dass die Ausgeschiedenen nicht mit einem Trostpreis nach Hause geschickt werden, sondern tatsächlich einen endgültigen Platzverweis erfahren. Dieser Eindruck drängt sich natürlich auch als erstes bei Kiersten Whites Roman "Amazement Park" auf, auch wenn dem aufmerksamen Leser dann doch bereits im ersten Kapitel, in dem das mysteriöse Verschwinden eines Kindes geschildert wird, auffallen sollte, dass das vielleicht nicht in dieses Muster passt.

Dennoch - zunächst folgt der Roman den bekannten Mustern. 14 Personen werden ausgesucht, um an diesem seltsamen Versteckspiel teilzunehmen. Alle können natürlich dringend das ausgelobte Geld brauchen, alle blicken nicht auf besondere Erfolge in ihrem Leben zurück und offensichtlich braucht sich niemand von einer großen Familie zu verabschieden. Mit dieser Personenzahl hatte ich allerdings von Anfang an meine Schwierigkeiten. Kiersten White fokussiert wechselnd verschiedene Mitglieder der Gruppe, kann diese aber nicht so deutlich charakterisieren, dass man sich besonders in sie einfühlen oder - was noch wichtiger wäre – auseinanderhalten könnte. Mehr oder weniger nachrichtlich erfährt man daher aus ihrem Leben, liest über die Wahl ihres Verstecks und erfährt dann auch, dass das vielleicht nicht gerade die beste Wahl war.

... und übrig blieb dann niemand mehr?

Für mich warfen sich dann auch mit fortschreitender Lektüre immer mehr Fragen auf. Welches Fernsehpublikum würde sich für eine Show interessieren, in der die Helden bewegungslos aber dafür stundenlang in einem Versteck verharren? Wie überhaupt könnte das gezeigt werden, wenn keiner der Personen mit Live-Cams ausgestattet würde? Wenn aber diese Fragen letztendlich überhaupt keine Rolle spielen - aus welchem Grund sollen 14 Personen in einem offensichtlich recht groß aufgebauten Spiel mit einer gewissen Öffentlichkeitswirksamkeit in ein finsteres Schicksal geführt werden?

White setzt vielmehr stark auf die Idee des aufgegebenen Freizeitparks. Ein solcher "Lost Place" ist sicher ein toller Ausgangsort für eine gruselige Handlung. Denken wir hier doch allein an den Freizeitpark "Spreepark" in Berlin, der mit seinen gruselig anmutenden Relikten und verfallenen Fahrgeschäften seit Jahren eine eigenartige Faszination ausübt. Natürlich kann aber ein solcher Park nicht allein eine Geschichte tragen und so inszeniert White eine Geschichte um eine Gruppe erfolgsorientierter Männer und Frauen, die mit Mächten experimentieren, von denen sie besser die Finger gelassen hätten und die teuer für diese Verwicklungen bezahlen müssen. Als "lost place" bleibt vielmehr die Schilderung der USA im Kopf, denn diese bleibt eigenartig unscharf, so dass ich mich allein auch regelmäßig fragte, in welcher Epoche die Handlung eigentlich angesiedelt ist.

Fazit

Realityshows, in denen Menschen auf unerklärliche Weise verschwinden, bilden sicher erst mal eine gute Grundlage für einen spannenden Roman. Dennoch müssen aber auch unbedingt die Rahmenbedingungen passen, sonst wird aus einem gruseligen Freizeitpark möglicherweise schnell eine abgehalfterte Kirmes.

Amazement Park

Kiersten White, Piper

Amazement Park

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