Diesseits vom Jenseits

Die Schweizerin Gabriela Kasperski war mit verschiedenen Tätigkeiten sowohl in der Fernseh- als auch in der Literaturszene tätig. Heute arbeitet sie ausschließlich als Autorin und erfüllt sich damit einen lange gehegten Kindheitstraum. Mit den Büchern rund um das Adoptivmädchen Yehsi begeistert sie Kinder und ihre Krimis, die in Zürich oder der Bretagne spielen, erobern regelmäßig die Schweizer Bestsellerlisten. Jetzt fügt sie ihren bisherigen Serien-Protagonisten Schnyder & Meier und Buchhändlerin Tereza Berger noch Paul Blom hinzu, der als Friedhofsgärtner in Zürich Verbrechern auf die Spur kommen soll.

Was hat Jacob Kruger in Zürich getrieben?

Rechtsanwalt Paul Blom recherchiert in einer Erbschaftsangelegenheit für einen Freund: Jacob Kruger soll drei Goldbarren besessen haben, die es nun aufzuspüren gilt. Womit Blom nicht gerechnet hat, ist seine Tätigkeit als Praktikant der Friedhofsgärtnerei, in die er Hals über Kopf hineinschlittert. Auch Historikerin und Podcasterin Ruby Kosa wird mit der Suche nach dem Gold beauftragt, dieses Mal von der zerstrittenen Familie des Verstorbenen. Der Züricher Friedhof Enzenbühl wird zum Schauplatz der Jagd nach den Goldbarren, die sich als viel gefährlicher herausstellt als man es je annehmen konnte.

Viel Atmosphäre, aber wenig Spannung

Zu Beginn baut Gabriela Kasperski gekonnt Spannung auf, indem sie einen versteckten Londoner Friedhof ins Spiel bringt und auch die Recherche in Zürich auf einen alten Friedhof verlagert. Doch nimmt die kaum entstandene Spannung auch gleich wieder ab, denn die Autorin verliert sich in zu vielen Nebensächlichkeiten und Nebentätigkeiten der Protagonisten und verzettelt sich damit zwischen den Grabfeldern und Steinskulpturen. Die Handlung wird dadurch eher verwirrend als packend und die Suche nach dem Gold zu einer ziemlich undurchsichtigen Schnitzeljagd. Lediglich die geschilderte Atmosphäre der beiden idyllischen Friedhöfe ist wirklich gut gelungen. Ruhig, teilweise pittoresk verfallen oder mit wunderbar altem Baumbestand kann man sich die Stimmung zwischen stramm stehenden Begonien und efeuüberwitterten Grabsteinen sehr gut vorstellen. Aber das kann den Krimi nicht tragen und so vermisst man eine packende Handlung doch schmerzlich. Selbst der immer wieder aufblitzende Humor rettet da leider nicht mehr viel, kann aber zumindest der morbiden Grundstimmung einiges an Helligkeit geben.

Ruby scheint eine Überfliegerin zu sein

Neben den etwas unüblichen Örtlichkeiten, konzentriert sich die Handlung auf die beiden Protagonisten Ruby Kosa und Friedhofsgärtner Paul Blom. Der eigentliche Anwalt mit eigener gut gehender Kanzlei ist der Autorin gelungen. Durch einen privaten Verlust gezeichnet, glaubt man ihm sofort, dass er gerne eine andere, körperlich anstrengende Arbeit ersehnt, die ihn so müde macht, dass er endlich einmal wieder schlafen kann. Doch die Art und Weise, wie er dazu kommt, ist Kasperski aber etwas zu unrealistisch geraten. Unrealistisch ist auch die Figurenzeichnung von Ruby Kosa. Eine Frau Mitte Zwanzig mit einem Master in Geschichte, einer Ausbildung als Restaurateurin und einem bevorstehenden Masterabschluss in Archäologie? Ruby müsste die Überfliegerin schlechthin sein, um das alles in ihrem Alter geschafft zu haben. Hier ist die Lebensgeschichte wohl zu sehr der Dramaturgie als der Realität geschuldet. Aber immerhin lernen wir durch die stets hart am finanziellen Limit segelnde Ruby, wie man sich Essen und Trinken erschnorrt und im teuren Zürich umsonst übernachten kann.

Fazit

Ein Serien-Debüt, das man lesen kann, aber nicht unbedingt muss. Die etwas wirre Geschichte ist zwar nicht sehr spannend, entführt aber auf zwei Friedhöfe, die vor Atmosphäre nur so strotzen und bietet damit immerhin ein ungewohntes Setting, das es zu erkunden gilt. Vielleicht fällt der nächste Fall für Friedhofsgärtner Paul Blom ja packender aus - eine Chance sollte man ihm und Autorin Gabriela Kasperski durchaus geben.