Sobald ihr mich erkennt

Aisling Cooley hatte ihre DNA auf dem Ahnenforschungsportal hochgeladen, weil sie herausfinden wollte, ob sie tatsächlich - so ganz ohne Verwandtschaft - ganz alleine auf der Welt steht.  Zugegeben - ein bisschen hatte sie das auch getan, weil sie vielleicht hoffte, auf diese Art und Weise etwas über ihren Vater herauszufinden, der damals aus ihrem Leben verschwunden war, als sie noch ein Kind war.

Aisling hätte aber niemals damit gerechnet, dass bei diesem Versuch tatsächlich etwas herauskommt. Das Allerbeste ist, bei dem "Treffer" handelt es sich nicht einmal um einen entfernten, sondern sogar einen nahen Verwandten. Sollte sie nach all' den Jahren tatsächlich ihren Vater gefunden haben? Sicher kann ihr niemand verdenken, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen kann und so stimmt sie schnell einem Treffen mit ihrem Verwandten zu.

Endlich ist es soweit, aber als ihr "Match" vor ihr steht, erfährt sie mehrere Dinge: 1. Ihr umwerfend gutaussehendes Gegenüber ist nicht mit ihr verwandt, sondern arbeitet bei der Polizei. 2. Er ermittelt in mehreren Mordfällen, die einem Serientäter zugeschrieben werden, der eine Blutspur an einem Tatort hinterließ und dessen DNA 3. zu Aisling passt. Das aber lässt nur einen Rückschluss zu: Als Täter kommt nur ihr Vater, ein Bruder oder eines ihrer Kinder in Betracht. Damit schränkt sich der Personenkreis deutlich ein - entweder ist Aislings schmerzlich vermisster Dara der Täter oder ihr ältester Sohn Ethan oder ihr jüngster Sohn Finn....

Liebe Kandidatin, wer soll denn nun der Mörder sein?

Gytha Lodge lässt in ihrem nunmehr fünften Band rund um das Team von DCI Jonah Sheens in einem Serienmord ermitteln. In diesem Fall dreht es sich um den Bonfire-Mörder - also, wenn man so will, den "Freudenfeuer-Mörder"- der seine Opfer auf Scheiterhaufen verbrennt. Nach seinem vermutlich zweiten Mord hat dieser Täter endlich einen Fehler gemacht und seine DNA konnte ermittelt werden. Aber dennoch hilft das dem mühsam jedem Hinweis folgenden Team nicht so wirklich weiter, wenn keine alte Probe des Täters vorliegt. Im Roman kommt nun die Zusammenarbeit mit einer Ahnen-Datenbank zustande. Selbst wenn hier kein genaues "Match" erzielt werden kann, ist die Genuntersuchung mittlerweile so weit, dass sie Familien ermitteln. Hier kann dann ein wesentlich kleineres Untersuchungsfeld geschaffen werden, als bei einem herkömmlichen Massentest und das vereinfacht die Suche nach einem Täter erheblich.

Sheens Team ermittelt nach dieser Spur im Umfeld von Aisling und die spannende Frage soll die sein, ob sich ihre in letzter Zeit geheimniskrämerisch verhaltenden Söhne tatsächlich eines Kapitalverbrechens schuldig gemacht haben. Leider hatte ich mir zu dieser Frage schon recht früh eine sehr feste Meinung gebildet und daher empfand ich die ausführlichen und - wenn auch sicherlich lebensnahen - Ermittlungen als nicht sonderlich spannend. Wesentlich ärgerlicher und blutdrucktreibender war für mich vielmehr die Frage, welche Mutter es zulässt, dass DNA-Gutachten ihrer Kinder erstellt werden, ohne dass ein Anwalt hinzugezogen wird.

Eigenartig unentschlossen

Vermutlich ist es für niemanden mehr "Neuland", dass der "genetische Fingerabdruck" mittlerweile eine überragend wichtige Rolle bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen bildet. Für meinen Geschmack war diese Frage hier aber abschnittsweise zu dominant und auch zu verwirrend. Immer wieder wurden neue Verwandte aus dem Hut gezaubert und bisherige Ergebnisse in Frage gestellt. Möglicherweise wurde hier wirklich die ernsthafte und realistische Polizeiarbeit dargestellt, streckenweise lähmte das aber auch ein wenig das Tempo. Auch die eigenen Geschichten von Aisling und ihrer Familie vermochten mich nicht wirklich zu fesseln.

Immerhin - der Krimi wird abgeschlossen und der Täter nach diversen genetischen Irrungen und Wirrungen dingfest gemacht. Aber auch hier blieb die richtige Befriedigung aus, entstand bei mir doch der Eindruck, dass vieles in Schutz genommen wird und sich am Ende dann doch als "gar nicht so schlimm wie mal angenommen" darstellt. Interessant bleibt allein die Frage nach dem heimlichen Stalker, der das Teammitglied DC Juliette Hanson hartnäckig verfolgt, ob er tatsächlich zu seinem letzten großen Schlag ausholt oder ob von ihm noch in weiteren Büchern erzählt wird. Spannend bleibt auch nach diesem allerletzten Showdown die weitere Frage, ob das Team auch zukünftig in alter Besetzung seine Arbeit fortsetzen wird.

Fazit

Gytha Lodge präsentiert in ihrem fünften Band um das Team von DCI Jonah Sheens eine solide Unterhaltung. Es menschelt zwischen den ermittelnden Polizisten, es menschelt zwischen den Tatbeteiligten und der Fall wird gründlich aufgeklärt. Spannend ist allerdings nicht alles.