Der Botaniker
- Droemer
- Erschienen: August 2023
- 8
Spannend, ungewöhnlich, humorvoll - Ein absolutes Muss für Krimifans!
Was haben ein misogyner Buchautor, der mit seiner abstoßenden Philosophie Geld macht, ein korrupter Politiker, der sich für das „richtige“ politische Engagement von Lobbyisten mit teuren Reisen bezahlen lässt, und eine unerträgliche Rassistin, die über die sozialen Medien Hetze gegen Asylsuchende und Liberale macht, gemeinsam? Sie alle werden Opfer des perfiden „Botanikers“, wie die Presse den Killer getauft hat.
Er schickt seinen Opfern Gedichte und getrocknete Blumen, bevor er sie vergiftet - und er kann offenbar durch Wände gehen, denn selbst Polizeischutz kann ihn nicht stoppen. Von Teilen der Öffentlichkeit regelrecht verehrt, da er sich um den gesellschaftlichen Abschaum kümmert, wird er von der Serious Crime Analysis Section gejagt. Diese Einheit der National Crime Agency um DI Stephanie Flynn und DS Washington Poe ist dafür da, Serienmörder zur Strecke zu bringen. Während die NCA zusammen mit der brillanten, aber sozial inkompatiblen Analystin Tilly Bradshaw versucht, das Rätsel um den mysteriösen Täter zu lüften, muss sich Poe auch noch um seine Kollegin und Freundin, die geniale Pathologin Estelle Doyle, kümmern, die unter Mordverdacht steht. Zwei Fälle, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Doch nicht nur Washington Poe muss erkennen, dass diesmal nichts so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.
Soldat, Sozialarbeiter, Krimiautor
Mike W. Craven kam auf einem eher ungewöhnlichen Weg zur Schriftstellerei. Der mehrfach preisgekrönte Sunday Times-Bestsellerautor wurde in Carlisle geboren, wuchs aber in Newcastle auf. Er trat als Jugendlicher in die britische Armee ein. Nach zehn Jahren beim Militär begann er Sozialpädagogik zu studieren. Bevor er sich schließlich höchst erfolgreich und in Vollzeit dem Schreiben von Krimis und Thrillern widmete, arbeitete er beinahe zwei Jahrzehnte lang als Bewährungshelfer.
„Der Botaniker“ ist der fünfte Band um den zynischen Ermittler DS Washington und gleichzeitig der erste, der in Deutschland erscheint. Der Roman stand 2022 auf der Shortlist des Ian Fleming Steel Dagger Award der britischen Crime Writers' Association. Bereits der erste Teil der Washington-Poe-Reihe („The Puppet Show“) wurde mit dem renommierten Krimipreis CWA Gold Dagger (2019) ausgezeichnet. Band 6 der Serie erscheint 2024 in Großbritannien. Man kann nur hoffen, dass der Droemer Verlag auch hierzulande bald die nächsten Bände der Reihe veröffentlicht.
Neuentdeckung
Es gibt immer wieder Autoren, bei denen man sich fragen muss, warum sie in Deutschland so lange unbekannt bleiben. Dies galt in jüngster Zeit ebenso für Steve Cavanagh (Eddiy-Flynn-Reihe) wie für Jan-Erik Fjell (Anton-Brekke-Reihe) - und bislang auch für M. W. Craven. Zum Glück veröffentlicht nun die Verlagsgruppe Droemer Knaur den „ersten“ Band auch hierzulande. Und eines ist bereits jetzt gewiss: Es wird nicht der letzte sein. Der englische Bestsellerautor verbindet auf ungewöhnliche, aber grandiose Weise Elemente des klassischen Whodunit à la Agatha Christie mit denen des Locked-Room-Mystery und einer gehörigen Portion britischem Humor. Dabei ist Cravens Schreibstil oftmals wunderbar inkorrekt, derb und absurd, dass man bei aller Spannung immer wieder lauthals lachen muss. Dafür sorgen die aberwitzigen Einfälle bzw. Ideen des Autors sowie die pointierten Dialoge der Figuren, die nahezu alle Nerds auf ihrem Gebiet sind.
Schräges Sammelsurium von Experten
Zunächst ist hier die Hauptfigur Detective Sergeant Washington Poe zu nennen: ein ausgezeichneter Ermittler, aber ein zynischer, undurchsichtiger Charakter, der gleichzeitig in Sachen Liebe (Er hat ein Auge auf die Pathologin Estelle Doyle geworfen) wie ein Amateur auftritt. Privat führt Poe mit seinem Springer Spaniel Edgar ein zurückgezogenes Leben in einer Schäferhütte im entlegenen Moorland von Cumbria.
Daneben gibt es die zivile Analystin Tilly Bradshaw: brillant, bezaubernd unbeholfen und ein soziales Desaster. Sie hat drei Doktortitel, weiß aber nicht, wie man ein Ei kocht. Auf fast jedem (aberwitzigen) Feld der Kriminologie ist Tilly eine führende Expertin: forensische Buchhaltung, Fingerabdruckanalyse und Blutfleckmuster sowie digitale und multimediale Analysen, geografisches Profiling, Ganganalyse und vielem mehr. Sie studierte sogar forensische Astronomie, um das Aussehen des Himmels zu einem spezifischen Zeitpunkt in der Vergangenheit bestimmen zu können. Alles außerhalb „ihrer“ akademische Welt scheint ihr jedoch fremd zu sein. Dies gilt auch für jegliche Form von Ironie und Sarkasmus, was sie und ihre Kollegen in so manch unangenehme Situation bringt. Dabei wird ihre arglose Ehrlichkeit oft irrtümlich für Unhöflichkeit gehalten.
Estelle Doyle gilt als eine der führenden forensischen Pathologinnen Europas. Normalerweise begegnete sie Polizisten mit Verachtung. Ihre legendäre scharfe Zunge führt dazu, dass sich so mancher Detective weigert, mit ihr zu arbeiten. Nur bei Washington Poe ist sie anders. Nicht selten flirtet sie schamlos mit dem Ermittler, was diesen gleichzeitig verängstigt und verzaubert. Eigentlich ist Doyle aber eher zurückhaltend und zerbrechlich, eine Persönlichkeit im Zwielicht.
Und schließlich ist da noch Detective Inspector Stephanie Flynn. Poe war früher ihr Chef, jetzt ist sie seiner. Sie leitet die Abteilung für die Analyse schwerer Kriminalität der National Crime Agency. Flynns Hauptaufgabe besteht schon beinahe ausschließlich darin, zu verhindern, dass Poe und Bradshaw sich regelmäßig in die Haare bekommen. Sie sorgt dafür, dass beide trotz des jeweils anderen ihr Potential abrufen können.
Unterhaltsamer Plot
Bei aller Absurdität und Humor ist der Roman auch unglaublich clever konstruiert. Spannung ist ab der ersten Seite garantiert. Dabei bekommt es der Leser gleich mit zwei Locked-Room-Fällen zu tun, die geradezu zum Miträtseln einladen und deren Lösung die Protagonisten nicht selten mit aberwitzigen Ideen diskutieren, die aber nie ins Alberne abgleiten, sondern immer noch im Kern logisch erscheinen.
Fazit
Sie werden Autor M. W. Craven lieben. „Der Botaniker“ ist ein genialer Roman, der den Autor auch hierzulande berühmt machen wird. Mal zynisch und makaber, mal packend und spannend, aber immer humorvoll überzeugt der Roman in typisch britischer Manier auf ganzer Linie. Einfach ein großartiges Lesevergnügen.
M.W. Craven, Droemer
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