Wie die Saat, so die Ernte

  • Diogenes
  • Erschienen: Mai 2023
  • 2
Wie die Saat, so die Ernte
Wie die Saat, so die Ernte
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Carola Krauße-Reim
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2023

Die Luft ist raus

Obwohl die inzwischen 80-jährige Donna Leon nicht mehr in Venedig lebt, scheint ihr Interesse an der Stadt und an ihrem Commissario Brunetti ungebrochen zu sein. Diesen lässt sie in seinem mittlerweile 32. Fall abermals in der Serenissima ermitteln. Unterstützt wird er, wie sollte es anders sein, natürlich von Ispettore Vianello und Commissario Griffoni. Aber auch Alvise spielt eine ungewohnte Rolle und gibt etwas von sich preis, das Brunetti nicht geahnt hat.

Eine Leiche führt in die Vergangenheit

In einer kalten Novembernacht wird eine Wasserleiche geborgen. Zu Brunettis Bedauern handelt es sich um einen Mann, den er kurz vorher kennengelernt hatte. Der Tote stammte aus Sri Lanka, hielt sich schon seit Jahren unauffällig in Italien auf und wohnte im Gartenhaus eines heruntergekommenen Palazzos. Brunetti und seinem Team fällt die Suche nach dem Täter schwer, denn wer sollte dem friedfertigen Buddhisten etwas antun wollen. Erst als Brunetti sich mit der Lektüre des Toten beschäftigt, begreift er, dass alles mit der Vergangenheit zusammenhängt. Der Fall führt den Commissario zurück in seine eigene Studienzeit und zu dem blutigen Terrorismus der 1970- und 1980-er Jahre in Italien.

Auch Venedig kann das Buch nicht retten

Wie oft, beginnt Donna Leon ihre Geschichte mit einem Nebenschauplatz. Dieses Mal ist es Alvise, der Hilfe in einer Notlage benötigt. Doch schon hier wird klar, Bücher spielen dieses Mal auch eine gewichtige Rolle, denn Brunetti räumt sein Regal gründlich auf. Und wie es bei Leon ebenfalls üblich ist, entwickelt sich der eigentliche Kriminalfall aus Begebenheiten, die privater Natur sind und dann doch zum großen Finale leiten. Was dazwischen liegt, war bis jetzt immer ein mehr oder auch schon einmal weniger fesselnd Krimi.

Doch dieses Mal scheint Donna Leon die Luft vollkommen ausgegangen zu sein, denn was relativ interessant beginnt, verharrt in endlosen Gedankengängen Brunettis und viel zu ausführlichen Nebenhandlungen. Zu viele glückliche Zufälle und zu konstruierte Verbindungen nehmen die Spannungen schnell aus dem Geschehen und treiben die Handlung nicht voran. Dazu kommen die kaum zu ignorierenden Anspielungen, die schnell erahnen lassen wohin das Ganze führt. Da kann selbst das wunderbare Venedig nicht mehr viel reißen, obwohl der Schauplatz mit einem verwilderten Garten und einem alten Palazzo schon einiges bietet. Die Atmosphäre dieses abgeschiedenen pittoresk-verwitterten Ambientes ist dann auch das einzig wirklich Gelungene an diesem Krimi, in dem Leon auch unverständliche inhaltliche Fehler begeht. So spricht Brunetti z.B. eine Nonne mit „Sorella“ statt mit dem korrekten „Suora“ an oder es wird ein Insalata Caprese mit Schinken zubereitet.

Vielleicht das falsche Thema?

Vielleicht liegt es auch an dem Thema, das diesen Krimi formt. Die Zeit des Terrorismus der 1970-er und 1980-er Jahre stand schon damals nicht unbedingt im Mittelpunkt des deutschen Interesses. Ihn jetzt, nach Jahrzehnten, als Thema eines Krimis zu machen, ist daher eventuell die falsche Wahl gewesen. Während man zu aktuelleren Themen der vorhergehenden Bände noch einen Bezug haben könnte, dürften gerade jüngere Leserinnen und Leser den dieses Mal vermissen. Wenn man dann noch die schleppende und wenig packende Umsetzung hinzurechnet, könnte dieser Fall für viele zum Reinfall werden. Der Gedanke, Leon sollte Brunetti vielleicht in Würde pensionieren, kann da schon das ein oder andere Mal aufkommen.

Fazit

Donna Leon kann mit dem 32. Fall kaum punkten und liefert den Tiefpunkt in Sachen Commissario Brunetti ab. Unspektakulär, mit übermäßig vielen glücklichen Zufällen und ohne Spannung vergräbt sie sich in die Gedankenwelt des ewigen Commissarios, den sie vielleicht langsam in Rente schicken sollte.

Wie die Saat, so die Ernte

Donna Leon, Diogenes

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