30 Tage Dunkelheit
- Tropen
- Erschienen: März 2023
- 4
Spannende Mischung aus Krimi und Literaturkritik
„Jeder Idiot kann in einem Monat einen Krimi schreiben!“, wettert die renommierte, aber leider auch ziemlich erfolglose Schriftstellerin Hannah Krause-Bendix vor laufender Kamera auf einer Buchmesse gegenüber ihrem Erzfeind Jørn Jensen, einem beim Lesepublikum sehr beliebten Krimi-Autor. „In einem Monat habe ich einen Krimi geschrieben, der besser ist als alles, was du jemals veröffentlicht hast“, wettert Hannah mit großer Überzeugung. Mit dieser Kampfansage überrascht die geschätzte Autorin nicht nur Jensen und die anwesenden Zuschauer, sondern vor allem sich selbst. Um ihren Ruf zu retten, muss Hannah nun tatsächlich einen der von ihr so gehassten Kriminalromane schreiben - und das in 30 Tagen. Kurzentschlossen wird sie von ihrem Lektor Bastian in die winterliche Einöde Islands geschickt - die perfekte Kulisse, wie ihm scheint. Hannah wird bei der gastfreundlichen Ella im friedlichen Húsafjörður einquartiert. Aber unter der ruhigen Oberfläche der Dorfgemeinschaft brodelt es anscheinend gewaltig. Wenige Tage nach Hannahs Ankunft wird plötzlich Ellas Neffe Thor leblos aus dem Meer gefischt. Der junge Mann war zwar der Sohn eines Fischers, litt aber unter einer starker Wasserphobie und jeder wusste, dass er das Meer stets mied. Wie konnte er also ertrinken? War es wirklich ein Unfall? Hannah lässt sich durch den mysteriösen Todesfall nicht nur für ihren Roman inspirieren, sondern beginnt selber zusammen mit dem Dorfpolizisten Viktor zu ermitteln. Schon bald überschneiden sich Fiktion und Wirklichkeit mehr und mehr.
Dänische Drehbuchautorin
Jenny Lund Madsen, geboren 1983, ist eine der renommiertesten Drehbuchautorinnen Dänemarks. Die 39-jährige Autorin hat einen Master-Abschluss in Filmwissenschaft und studierte an der University of California in Los Angeles. Seit 2009 arbeitet sie als Drehbuchautorin für Filme und Fernsehserien. „Dreißig Tage der Dunkelheit“ ist ihr erster Roman, der 2021 gleich mit dem Harald-Mogensen-Preis für den besten dänischen Krimi des Jahres ausgezeichnet wurde und auch für den Nordischen Krimipreis Glasnyckeln nominiert war.
Eine Literaturdiva
Die Hauptfigur des Romans, die Schriftstellerin Hannah Krause-Bendix, ist eigentlich ein literarisches Schwergewicht. Zwei Mal wurde sie bereits für den Literaturpreis des Nordischen Rates nominiert. Allerdings ist die Leserschaft der 45-Jährigen eher überschaubar und elitär, ihre Bücher verkaufen sich nur äußerst mäßig. So muss Hannah trotz ihres Renommees vom staatlichen Kunstfond leben. Die Autorin ist eine überaus versnobte, einsame, zigarettensüchtige und leider auch alkoholkranke Frau, die schon seit längerem unter einer Schreibblockade leidet. Und Hannah hasst Unterhaltungsliteratur wie Kochbücher, Krimis und Schundromane - all den Mist, den Leute kaufen, weil er leichtverdaulich und unproblematisch ist. Die Autorin weiß, dass sie es nur der Loyalität ihres Lektors Bastian zu verdanken hat, überhaupt noch beim Verlag unter Vertrag zu stehen. Also lässt sie sich ihm zuliebe auf eine Buchmesse ein, was eigentlich unter ihrer Würde ist. Hier wird sie Zeugin eines Interviews mit dem Krimiautor Jørn Jensen, dem Archetyp all dessen, was sie verabscheut. Als die Auseinandersetzung zwischen den beiden eskaliert, geht Hannah eine verhängnisvolle Wette ein.
Vielschichtiger Roman
Das Debüt von Jenny Lund Madsen ist weitaus mehr als ein klassischer Kriminalroman. „30 Tage Dunkelheit“ ist eine äußerst originelle Erzählung. Während die Grenzen zwischen den tatsächlichen Vorkommnissen im kleinen Fischerdorf und dem Kriminalroman, den Hannah schreibt, mehr und mehr verschwimmen, stellt der Debütroman eine derb-komische Auseinandersetzung mit dem Literaturbetrieb dar. Besonders der ständige Streit zwischen Hannah und dem erfolgreichen Kriminalautor Jørn Jensen ist ein besonderes Highlight des Romans. Über allem schwebt die Frage, was wirklich gute Literatur ausmacht und was ihr Ziel ist. Dabei muss sich Hannah notgedrungen mit dem ihr so verhassten Krimigenre auseinandersetzen.
Darüber hinaus bietet der Roman eine großartige Atmosphäre. Im novemberlichen Island mit seinem Schnee, der Kälte und Dunkelheit blickt Hannah immer mehr in die finstere Vergangenheit des Ortes und findet gleichzeitig ihre große Liebe - aber ganz anders, als sie es erwartet hätte. Dies sorgt nicht nur zusätzlich für Brisanz, sondern bringt Hannahs Gefühlswelt ganz schön durcheinander.
Fazit
Jenny Lund Madsens Debütroman ist eine spannende, gleichzeitig aber auch äußerst humorvolle Kriminalgeschichte mit einem clever konstruierten Plot und einer wundervollen Atmosphäre, die einen mitnimmt ins winterliche Island. Der Autorin gelingt in beeindruckender Weise ein Roman, der den Spagat zwischen Spannung und Komik, Action und leisen Tönen sowie Dynamik und starken Dialogen mühelos meistert.
Jenny Lund Madsen, Tropen
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