Krähentochter
- Penguin
- Erschienen: März 2024
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Zurück zum Anfang.
Maria Grund hat mit den ersten beiden Bänden ihrer Sanna-Berling-Reihe sehr kontrovers diskutierte Thriller geschaffen. Mit ihren thematisch tief gehenden Plots hat sie nicht nur Fans gewonnen. Mit „Krähentochter“ setzt sie nun die Serie fort, doch liegt das Geschehen dieses Mal in der Vergangenheit, genauer gesagt im März 1986 kurz nach dem Mord am schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme.
Sanna beginnt als Polizistin
Sanna muss ein junges Mädchen zurück zu ihrer Mutter nach Småland bringen. Die kleine Stadt Augu hat traurige Geschichte geschrieben, als vor zwei Jahren hier die zerstückelte Leiche einer jungen Frau gefunden wurde. Kaum ist Sanna angekommen, erfährt sie, dass wieder ein Mädchen vermisst wird. Sie forscht in den alten Unterlagen und findet Ungereimtheiten, die sie veranlassen tiefer zu graben. Auch wenn ihr Chef nicht an sie glaubt, will Sanna unbedingt das Mädchen finden, bevor es zu spät ist. Die Polizei in Stockholm hat alle Hände voll mit dem Mord an Palme zu tun, doch bald ist klar, dass auch in der Provinz Ermittlungen angestellt werden müssen.
Starker Einstieg
Anders als der Cliffhanger am Ende des zweiten Bandes „Rotwild“ erhoffen ließ, erzählt Maria Grund dieses Mal nicht die Geschichte von Sanna weiter, sondern geht zurück zu deren Anfängen als Polizistin. Wieder gelingt der Autorin ein packender Einstieg in das Geschehen, der sofort fesselt. Doch dann flacht die Spannungskurve dann relativ schnell ab. Die Ermittlungen in Augu haben so einige langwierige Passagen und werden zu oft lediglich von Sannas Intuition getragen. Auch wenn es einige Wendungen und falsche Fährten gibt, wird es erst spät wieder spannender. Das Ende wartet dann mit einem tragischen Ergebnis und schlussendlich auch einer etwas anderen Lösung des Olof-Palme-Mordes auf, die fast schon als humorvoll angesehen werden könnte.
Frau im Männerberuf
Selbst in Schweden gab es in den 80er-Jahren nicht viele Polizistinnen. Dieser Beruf war noch immer eine Domäne der Männer. So wird auch Sanna hauptsächlich für nichtige Tätigkeiten eingesetzt, ihr Potential als Ermittlerin erst einmal nicht erkannt. Die Schilderung ihrer Kollegen erscheint aus heutiger Sicht etwas plakativ und pauschal, doch damals war deren herablassendes und sexistisches Verhalten gegenüber weiblichen Polizistinnen bestimmt traurige Realität in vielen Polizeidienststellen. Sanna hingegen ist schon als die brillante und scharfsinnige Ermittlerin zu erkennen, die sie einmal sein wird und, die sich zudem oft von ihren Intuitionen leiten lässt. Auch ihre Empathiefähigkeit ist schon zu sehen. Durch die Kenntnis ihrer weiteren Laufbahn, ist dieser Rückblick in Sannas Anfänge sehr interessant, auch wenn der Plot selbst nicht durchgängig überzeugt.
Die schwedische Provinz
Der Mord an Ministerpräsidenten Olof Palme hat die ganze Welt erschüttert und gezeigt, dass Schweden längst nicht mehr das heile Land des Michel aus Lönneberga ist. Und ausgerechnet in Småland ermittelt Sanna zum ersten Mal. Augu ist alles andere als der beschauliche Ort Bullerbü der Astrid Lindgren – gelangweilte Jugendliche driften in Drogen ab, Arbeitslosigkeit macht sich breit und die Abwanderung nimmt zu. Zurück bleiben Orten, die immer trostloser werden und einen verwahrlosten Eindruck machen. Auch die beschriebene ständige Kontrolle durch neugierige Nachbarn und im Kontrast dazu die Gleichgültigkeit anderer, ist in kleinen Gemeinschaften üblich, aber auch nicht gerade förderlich für das Wohlbefinden. Diese düstere Atmosphäre hat Grund sehr gut eingefangen. Die Tristesse dieser schwedischen Kleinstadt im kalten Februar und die Einsamkeit der Natur um sie herum ist stets greifbar.
Fazit
Eine gut geschilderte Atmosphäre reicht nicht für einen packenden Thriller und so verharrt der dritte Band der Sanna-Berling-Reihe im Mittelmaß. „Krähentochter“ ist ein nettes Intermezzo zu Sannas Anfängen, der mich aber nicht ganz überzeugen kann. Dennoch bleibt nach dem Cliffhanger aus Band zwei die Hoffnung auf einen etwas fesselnderen nächsten Thriller mit Sanna Berling und von Maria Grund.
Maria Grund, Penguin
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