Kräheninsel
- Goldmann
- Erschienen: Februar 2024
- 2
Zu viel gewollt.
Bereits zum 5. Mal bringt Samuel Bjørk sein Ermittlerduo an den Start. Doch muss man die Vorgänger der Munch-Krüger-Reihe nicht gelesen haben, um dem Geschehen folgen zu können. Was aus der Vergangenheit nicht explizit noch einmal hervorgeholt wird, kann man ohne Schwierigkeiten aus dem Kontext erfahren und ist so auch in Bezug auf die Figurenkonstellationen bestens gerüstet.
Ein Verschwundener und eine Tote
Mia Krüger braucht eine Auszeit. Die letzten Fälle in Oslo haben ihr viel Energie geraubt. Da kommt das Häuschen auf einer Insel in Mittel-Norwegen gerade recht. Doch auch hier gerät Mia in den Strudel des Verbrechens. Vor drei Jahren verschwand der 8-jährige Jonathan spurlos, jetzt hängen auf einmal tote Krähen vom Altar der Kirche und dann wird auch noch eine junge Frau ermordet aufgefunden. Mia ruft Munch zu Hilfe und die beiden ermitteln abermals zusammen.
Zu viele Nebenschauplätze und zu wenig Spannung
Schon die Charaktere machen es der Leserschaft nicht leicht. Mia Krüger schwankt zwischen empathisch Mitfühlender und gestresst Genervter. Sie kommt nach Hitra, um zu vergessen, und stürzt sich dennoch sofort auf die nächstbeste Möglichkeit zu ermitteln. Holger Munch hingegen kann nicht einmal eine nette Seite herauskehren, denn er hat sie scheinbar nicht. Dauerrauchend und ständig übel gelaunt, ist er nicht gerade der Prototyp eines Sympathieträgers. Aber auch ohne Empathie für die Protagonistengilde wäre ein guter Thriller möglich. Doch Samuel Bjørk stellt die Leser vor noch mehr Herausforderungen. Er splittet den Plot in zu viele Nebenhandlungen, die durch krampfhafte Wendungen wie relevant hingestellt werden, bloß um sich dann als das genaue Gegenteil zu entpuppen. Das geht natürlich zu Lasten der Spannung, die zwar immer mal wieder aufkommt, aber dann auch gleich wieder fast verpufft. Zum niedrigen Spannungslevel trägt aber vor allem auch der insgesamt wenig realistische Handlungsverlauf bei.
Weniger wäre mehr gewesen
Es ist anzunehmen, dass Fans der Reihe auch von diesem Band begeistert sein werden. Wer bis zum fünften durchhält, muss den Stil des Autors mögen. Für mich aber wäre weniger mehr gewesen – weniger Nebenschauplätze, mehr Konzentration auf das Wesentliche und vor allem ein plausibler Plot. Dann hätte man vielleicht nicht über 500 Seiten zu lesen, aber es wäre vielleicht spannender geworden.
Fazit
Für Fans der Reihe natürlich ein Muss und wahrscheinlich auch ein Volltreffer. Anderen kann man raten auf die zahlreichen Alternativen in Sachen Nordic-Noir zurückzugreifen, die mehr Spannung und Realitätsbezug versprechen. Doch ob das bei einem Buch dann tatsächlich auch zutrifft, weiß man (leider) immer erst nach der Lektüre. Also allen eine Chance geben und sich über die persönlich als richtig gut empfundenen freuen!
Samuel Bjørk, Goldmann
Deine Meinung zu »Kräheninsel«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!