Die Vermisste
- Heyne
- Erschienen: Dezember 2023
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Theorie oder unumstößliche Tatsache?
Ist eine postpartale Psychose verantwortlich für Romillys Verschwinden? Bei ihrer Mutter wurde die Krankheit in der Vergangenheit bereits einmal diagnostiziert. Während ihrer Schwangerschaft stand Romilly deshalb unter Beobachtung. Auf den ersten Blick scheint dies der Fall zu sein, lassen sich doch keine anderen offensichtlichen Gründe finden.
Spurlos verschwunden
Auf jeden Fall bleibt Romillys Ehemann nicht viel Zeit für Entscheidungen. Er muss sich um das neugeborene Mädchen kümmern. Unterstützt wird er dabei von seiner Schwägerin Loll. Sie kümmert sich rührend und aufopfernd um das Baby. Keine Sekunde lässt sie die Kleine aus den Augen. Sogar Romillys Freundin Steffie wird miteinbezogen. Die beiden Frauen erstellen einen Plan und wechseln sich mit der Betreuung des Säuglings ab. Während Marc versucht, seiner neuen Rolle gerecht zu werden, überlegt er fieberhaft, wo seine Frau sein könnte. Ausserdem setzt ihm Lolls und Steffies Fürsorge, je länger sie andauert, mehr und mehr zu. Nie ist er allein mit seiner Tochter, ständig ist da jemand. Als wäre dem nicht genug, bleibt die Suche nach Romilly erfolglos.
Tage der Suche
Die Kapitel im Roman sind in die Tage während und nach Romillys Verschwinden gegliedert. Diese wiederum in Stunden, in denen die Autorin unterschiedliche Perspektiven einnimmt. In der ersten Hälfte der Geschichte übernehmen der Ehemann und die beste Freundin der Vermissten tragende Rollen. Später erzählt Romilly aus ihrer Sicht. Sie erzählt aus dem Zusammenleben mit Marc und begründet ihr Verschwinden. Dabei entsteht eine komplett andere Sicht auf das Geschehen. Zentral bleibt jedoch die Frage, ob Romilly tatsächlich an dieser seltenen und nicht zu unterschätzenden Wochenbettdepression erkrankt ist. Könnte es deshalb auch anders gewesen sein?
„Aber vielleicht sind wir alle nur die Version unserer selbst, die innerhalb der Parameter eines normalen Lebens existiert. Verschiebt man diese Parameter, verschiebt man auch die Grenzen unserer Persönlichkeit.“
Im Roman wird die postpartale Psychose bis zum Überdruss behandelt. Ständig taucht dieser Begriff auf, wird ausführlich erklärt und wird damit über Gebühr strapaziert. Das führt dazu, dass vor allem die erste Hälfte des Romans langatmig daherkommt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, dann nämlich, als Romilly zu berichten beginnt, erhält die Geschichte Schwung und wird interessant. Durch die andere Sicht auf das Geschehen wird die Handlung sofort spannender. Denn nun beginnt das Rätseln und das Hinterfragen der eigenen Wahrnehmung. Damit ergibt sich schlussendlich doch noch eine packende Lektüre.
Fazit
Caroline Corcoran macht mit dem Thema der Wochenbettdepression auf ein ganz besonderes Anliegen aufmerksam. Allerdings wirkt die Handlung zu Beginn durch die vielen identischen Erklärungen schwerfällig und wird erst später zur wirklich packenden Lektüre. Das Dranbleiben lohnt sich letztendlich.
Caroline Corcoran, Heyne
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