Das Dunkle bleibt
- Antje Kunstmann
- Erschienen: August 2022
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In Glasgow ist es schon sehr, sehr dunkel
Als Bobby Carter verschwindet, da weinen ihm ehrlich gesagt nicht allzu viele auch nur eine Träne nach. Allein von seinem Beruf her hatte sich Carter eigentlich dem Recht verschrieben, denn er war Anwalt. Aber – nicht jeder Anwalt ist eine Zierde seiner Zunft und Bobby Carter war geldgierig und korrupt und stand seinen Mandanten im Hinblick auf ihre finsteren Taten nicht in allzu vielem nach.
Jetzt liegt er hinter einem Pub in einer miesen Gegend und wenn sein Dahinscheiden auch sicherlich der Polizei einiges an Arbeit macht, dürfte sein Tod nicht allzu viele interessieren. Sollte man denken. Unglücklicherweise stand Carter aber auf der Gehaltsliste des Gangsterbosses Cam Colvin und der schätzt es nicht besonders, wenn seine „Mitarbeiter“ ermordet werden. Erschwerend kommt noch dazu, dass der Pub hinter dem Carters sterbliche Überreste gefunden wurden, einer anderen Glasgower Gangstergröße nämlich John Rhodes gehört und schon geht der Schlamassel los. Es droht ein Bandenkrieg, es sei denn, die Polizei und damit allen voran Jack Laidlaw von der Glasgow Crime Squad können ermitteln, wer tatsächlich für Carters Tod verantwortlich zeichnete.
Mit diesem Band hätte niemand mehr gerechnet
William McIlvanney gilt als Begründer der schottischen Crime-Noire und verfasste vier Bücher über seinen lakonischen Ermittler Jack Laidlow. Drei dieser Bücher wurden noch zu Lebzeiten McIlvanney’s veröffentlicht. Der jetzt erschienene vierte Band lag als Textfragment vor und wurde mit Hilfe von Ian Rankin fertig gestellt. Bei diesem Buch handelt es sich um den Auftakt der bisherigen Bände – wenn man so will also um Band 0. Der Roman führt die Leser zurück in das Schottland der 70er Jahre und gerade in Glasgow war wohl jeder Gedanke an Aufbruch oder an eine bessere Zukunft weit weg gerückt. Diese Stimmung können beide Autoren bedrückend lebendig vermitteln. Ähnlich „optimistisch“ wie die allgemeine Stimmung in Glasgow verhalten sich die Menschen, die im Roman vorgestellt werden. Von einer Zukunft scheint keiner zu träumen, alle wirken wie im Herbstnebel erstarrt oder eingefroren.
Viele dunkle Seiten
In diesem frustrierenden Szenario ermittelt Jack Laidlaw, der jetzt neu bei der Glasgow Crime Squad angekommen ist. Ihm sind die Schattenseiten Glasgows nicht unbekannt und genauso trägt er seine dunklen Seiten vor sich her. Mir war das abschnittsweise zu fremd und auch zu frustrierend. Ich konnte einiges aus Laidlaws Charakter nicht nachvollziehen, warum er beispielsweise seine – sicher angeschlagene – Ehe noch weiter in Gefahr bringt oder warum er seine eigene Düsternis so offen präsentiert. Sicherlich ist die schottische Crime-Noire-Serie ein eigenes Genre – aber offensichtlich nicht ganz meins. Mich holte das Buch daher nicht ab. Damit möchte ich aber auch nicht sagen, dass es mir nicht gefiel: Es ist einfach nicht mein Fall. Mir gefiel auch die Auflösung nicht, die dann recht plötzlich vom Himmel fiel und die nur an einer kurzen Aussage fest gemacht wurde.
Fazit
In einem düsteren und von wenig Hoffnung erfüllten Glasgow lassen McIlvanney und Rankin ihren eigenwilligen Ermittler Jack Laidlaw ein letztes Mal an die Arbeit gehen. Fans der schottischen Crime Noir sind sicherlich begeistert über die Düsternis, die beide Autoren hier in Buchform zu packen vermochten. Wem dieses Thema nicht so liegt, wird den Band anders bewerten. Letztendlich ist es immer eine subjektive Haltung, ob ein Buch gefällt – oder eben nicht.
Ian Rankin, William McIlvanney, Antje Kunstmann
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