Der Tod reist mit
- Heyne
- Erschienen: Juni 2023
- 1
Unterhaltsamer Krimi, dem aber Raffinesse und Spannung fehlt.
Als an Bord des Ozeandampfers die Leiche eines älteren Mannes gefunden wird, glauben Kapitän McCrory und Schiffsoffizier Tomothy Birch zunächst an einen Unfall. Doch als sich der unter den Passagieren befindliche Scotland-Yard-Ermittler James Temple einmischt, gerät Birch mitten in eine undurchsichtige und turbulente Detektivarbeit, um einen ungeklärten Todesfall und ein gestohlenes Gemälde.
Kein Tod auf dem Nil…
Tom Hindle entwirft in seinem Debüt ein durchaus stimmungsvolles Setting und lässt die 20er-Jahre auf der prächtigen Endeavor lebendig werden. Immerhin 2.000 Menschen befinden sich auf ihrer Reise nach New York, wo auch eine bedeutende Kunstmesse stattfinden soll. Umso wenig verwunderlich, dass manch einer der Passagiere auf dem Kreuzfahrtschiff entsprechende Interessen hegt. Einige von ihnen werden wir näher kennenlernen.
„Ein Fest für Fans von Agatha Christie“ wirbt ein Zitat auf der Buchrückseite und auch Tom Hindle selbst erklärt die große britische Schriftstellerin zu seiner Inspiration. Doch um es gleich vorwegzunehmen, die Fußstapfen sind noch zu groß und „Der Tod reist mit“ ist dann auch kein „Tod auf dem Nil“.
… und keine Agatha Christie …
Aus der Perspektive von Birch kurzweilig erzählt, bleibt Hindle dicht bei seinen Hauptfiguren. Leider wirkt gerade das Zusammenspiel zwischen dem nachdenklichen, verschlossenen Schiffsoffizier und dem ungehobelten Temple lange Zeit ziellos. Mag man in ihrer Gegensätzlichkeit eigentlich packende Szenen vermuten, so reduziert sich die Interaktion auf etwas schnodderiges, unfreundliches Gebaren Temples und Birch’s verzweifeltem Versuch sich Aufmerksamkeit und Respekt zu verschaffen. Auch wenn wir früh wissen, dass Temple offenbar etwas Wichtiges verschweigt, so treten lange Zeit nicht nur die gemeinsamen Ermittlungen auf der Stelle, sondern auch ihr Miteinander.
Im Wesentlichen fokussiert die Tätigkeit von Birch und Temple zur Aufklärung der vermeintlichen Verbrechen auf Befragungen derjenigen Passagiere, die möglicherweise in die Ereignisse verstrickt sind. Die Dialoge verlaufen dabei wenig aufwühlend und führen zu mancher Länge gerade im Mittelteil, werden aber gelegentlich mit geschickten Wendungen und Schauplatzwechseln durchbrochen. Gerade letzte geraten aber weniger eindrücklich, als das riesige Kreuzfahrtschiff verspricht.
… und trotzdem ein unterhaltsamer Krimi.
So verstrickt Hindle in seinem Debüt einige Figuren in den mysteriösen Todesfall, führt uns und seine Ermittler auf neue und falsche Fährten. Die Zeit, den Fall aufzuklären läuft davon, denn schon in wenigen Tagen wird die Endeavor in New York anlegen und dem Täter die Flucht ermöglichen. Der wortkarge Temple geizt mit möglichen Verdächtigungen, während Birch seine eigenen Schlüsse zieht und nebenher mit den Geistern der Vergangenheit zu kämpfen hat. Zum Ende hin zieht Hindle das Tempo glücklicherweise etwas an, Birch und Temple rücken näher zusammen, die Ereignisse verdichten sich. Die Auflösung scheint zum Greifen nah und gestaltet sich schließlich doch überraschend und unerwartet.
Fazit
„Der Tod reist mit“ ist ein wenig mitreißender und geradliniger Krimi, der trotz bewusster Anlehnung nicht an die großen Vorbilder herankommt. Dafür fehlt einfach Raffinesse und Spannung. Dank insgesamt aber weitestgehend stimmigem Plot, illustrer Figurenkonstellation und imposantem Schauplatz weit auf dem Meer gerät das Debüt aber dennoch unterhaltend.
Tom Hindle, Heyne
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