Grosse Erwartungen
Mit Spannung wird ein zweiter Roman von Jake Finch Bonner erwartet. Nach dem Erfolg seines ersten Buches ist die Gemeinschaft neugierig auf einen weiteren Titel. Doch Jake ist weit davon entfernt, einen erneuten Kassenschlager präsentieren zu können.
Einstweilen verdient er sich seinen Lebensunterhalt als Kursleiter für Creative Writing. Ständig auf der Suche nach einer zündenden Idee, präsentiert ihm eines Tages ein Student eine unglaubliche Geschichte. Ein paar Jahre später stirbt dieser Student überraschend und Jake, hin- und hergerissen zwischen Anstand und Ruhm, übernimmt dessen Romanidee. Das Buch wird ein Kassenschlager, doch das schlechte Gewissen verfolgt ihn auf Schritt und Tritt. Sein Unbehagen wächst, als ihn eine anonyme Mail erreicht, in der er als Dieb der Story beschuldigt wird. Jake entschliesst sich, den Absender ausfindig zu machen und entdeckt dabei Schritt für Schritt Parallelen zu seinem Roman.
«Über acht Monate Psychoterror, Unterstellungen, Drohungen und Hashtags, um das Gift möglichst weit zu verbreiten, und nichts hatte es aufzuhalten vermocht! Anstatt mit dem Problem fertigzuwerden, hatte er es immer weitere Kreise ziehen lassen, und es hatte alle eingesogen, an denen ihm etwas lag […]» (Quelle: Roman)
Ein zäher Einstieg
Dieser Krimi verlangt zu Beginn Durchhaltevermögen. Beinahe die Hälfte der Lektüre liest sich zähflüssig, mit vielen Klammersätzen und etlichen Hinweisen und Erklärungen. Unerwartet findet dann eine Art Szenenwechsel statt, nämlich dann, als Jake Finch Bonner aufbricht um den Absender der anonymen Beschuldigungen zu finden. Die Spurensuche ist spannend und vielschichtig aufgebaut. Anschauschlich und nachvollziehbar beschreibt Jean Hanff Korelitz Jakes Konflikte. Diese innere Zerrissenheit, dieser offensichtliche Durst nach Anerkennung und Erfolg, die ihn verletzlich macht. Auf der Strecke bleibt dabei sein gesunder Menschenverstand.
In unregelmäßigen, separaten Kapiteln flicht die Autorin Auszüge aus dem unrechtmäßig angeeigneten Plot ein, so dass allmählich eine Geschichte in der Geschichte entsteht. «Der Plot» trägt seinen Titel zurecht, die Geschichte entpuppt sich im weiteren Verlauf mehr und mehr als trügerischer Irrgarten und spielt sehr subtil mit unseren Erwartungen.
Fazit
Überraschend anders und spannend präsentiert sich dieser Krimi. Er fängt harmlos, eher zähflüssig an, weckt dennoch die Neugier und steuert dann zunehmend elektrisierend auf den unerwarteten Höhepunkt zu. Ein unblutiger, aber tückischer Krimi.
Jean Hanff Korelitz, Heyne
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