Vereint im Hass gegen das Patriarchat im Silicon Valley
In naher Zukunft, Facebook & Co. spielen keine bedeutende Rolle mehr, bestimmt ein erfolgreiches amerikanisches Unternehmen den Kampf um Daten und Algorithmen: „Raum“. Lou McCarthy sind die Machenschaften nicht nur dieses Tech-Konzernes ein Dorn im Auge. Als Journalistin einer Zeitung versucht sie schon länger den mächtigen Männern Vergewaltigung, Missbrauch und Unterdrückung von Frauen nachzuweisen, während diese immer mehr Reichtümer anhäufen. Als aber gleich kurz hintereinander zwei der wichtigsten Männer im Silicon Valley Selbstmord begehen, steht sie unerwartet im Mittelpunkt und gerät ins Visier ihrer Gegner und Mitstreiter.
Was hat es mit den Selbstmorden auf sich?
Paul Bradley zeichnet eine Realität, bei der ist es nicht schwer fällt, Parallelen in unsere heutige Zeit auszumachen, die ebenso bereits von Daten, Technologie und Algorithmen bestimmt wird. Doch das berüchtigte “Raum-Band“ und die zugehörige App versprechen seinen Nutzern noch mehr. Schon im voraus werden jedwede Bedürfnisse erkannt und gleich alles angeboten, um diese zu befriedigen. Kein Wunder, dass bei der Vielzahl Daten, die hier gesammelt werden, Investoren begeistert sind.
Lou versucht Licht ins Dunkel um die sonderbaren Todesfälle zu bringen, muss bei ihren weiteren Nachforschungen aber vorsichtig sein. Sie läuft ein ums andere Mal Gefahr in die Fänge skrupelloser Organisationen zu geraten. Auch ihr familiäres Umfeld bleibt nicht verschont. Dabei kommt sie mit Helen Tyler in Kontakt. Die selbstbewußte Auftragskillerin verbündet sich mit ihr. Kann sie ihr trauen? Doch es gibt offenbar noch jemanden, der einen größeren Rachefeldzug betreibt und sie beide mit hineinreißt.
Temporeich, aber klischeehaft
Zugegeben, gerade das erste Drittel des Romans liest sich durchaus flott, denn Bradley macht Tempo und baut zügig Spannung auf. Bei seinen Figuren und dem dramaturgischen Aufbau geht mir Bradley dann aber insgesamt zu kalkuliert und wenig differenziert zu Werke. Zwar haben Lou und Helen die Sympathien auf ihrer Seite. Aber insgesamt zu klischeehaft und stereotyp agieren Protagonisten und Gegenspieler.
Die Frauen legen sich fortan mit mächtigen und finanzstarken Strukturen an. Doch recht mühelos gelingt es ihnen, sich durch schwierigste Lagen zu manövrieren. Auch wenn es mal etwas brenzliger wird im vereinten Kampf gegen die männliche Dominanz im Investoren-Paradies Silicon Valley. So wirkt manch vermeintliche Ausweglosigkeit und steigende Dramatik durch die beinahe ausufernden Dimensionen - trotz oder gerade wegen des technologischen Überbaus - unglaubwürdig. Das nimmt dann doch mit der Zeit Faszination und Spannung.
Paul Bradley Carr betont bewusst und deutlich den feministischen Aspekt seines Romans. (Die meisten) Männer sind in den Augen der weiblichen Hauptfiguren machthungrige Arschlöcher (das Wort fällt regelmäßig), Frauen und People of Colour werden wissentlich verdrängt und schon auf Universitäten ihrer Chancengleichheit beraubt. Ihre Körper beinahe nach belieben benutzt. Nun ist offenbar die Zeit gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. Einen der die Grundfesten des Zentrums von Innovation im Norden Kaliforniens erschüttern soll.
Fazit
Intelligente Frauenpower sagt der männlichen Führungsriege der Technologie-Konzerne im Sillcion Valley den Kampf an. „1414°“ ist ein rasanter Tech-Thriller, der aber ebenso schnell verklingt, wie manches Start-Up, das schon kurz nach Gründung wieder von der Fläche verschwindet.
Paul Bradley Carr, Goldmann
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