Genauso muss ein skandinavischer Thriller sein!
Es ist Mitte September, als die Abteilung „Taktische Ermittlungsarbeit“ der Kripo Oslo nach Sandefjord gerufen wird. Am Ufer eines Sees wird die Leiche einer 21-jährigen Frau gefunden. Ihr geschundener Körper ist mit Wunden übersät, sie wurde brutal vergewaltigt und anschließend ertränkt. Kriminalkommissar Anton Brekke traut seinen Augen nicht, da der Modus Operandi an den brutalen Serienmörder Stig Hellum erinnert. Diesem gelang vor zwei Jahren die Flucht aus dem Gefängnis. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Hat der Killer nun sein grausames Werk wieder aufgenommen? Es dauert nicht lange, bis das nächste Opfer gefunden wird. Für Brekke beginnt ein Kampf gegen die Zeit. Selbst durch eine Erkrankung beeinträchtigt erhält er Unterstützung von Magnus Torp, der neu bei der Polizei in Oslo ist und den Brekke noch aus seiner Zeit in Fredrikstad kennt. Was beide nicht ahnen können: Der Fall ist eng mit einem Mann verbunden, der in Texas in der Todeszelle sitzt und nun sein Schweigen über eine verhängnisvolle Nacht vor über zehn Jahren bricht.
Norwegischer Bestsellerautor
Autor Jan-Erik Fjell wurde 1982 geboren und wuchs bei Fredrikstad im Westen des Oslofjords auf. Nachdem er an der Universität viele Kurse und mehrere Ausbildungen, u.a. ein Lehramtsstudium, begann und wieder abbrach, ist er heute als Radiomoderator tätig und widmet sich dem Schreiben von Thrillern. In Norwegen zählt Jan-Erik Fjell längst zu den aktuell erfolgreichsten Thrillerautoren, in Deutschland dagegen kennen den 40-Jährigen bislang die wenigsten. Seine Reihe um den zunächst in Fredrikstad ermittelnden Kommissar Anton Brekke stürmt in Norwegen nicht nur regelmäßig die Bestsellerlisten, sondern wurde auch mehrfach ausgezeichnet. Nachdem bei Rowohlt 2011 bereits die ersten beiden Bände als eBook erschienen, hat der Goldmann Verlag den Autor neu entdeckt und veröffentlicht nun den sechsten Band der Anton-Brekke-Reihe als Paperback. In Norwegen erschien 2022 bereits der neunte Band der Serie.
Ungewöhnlicher „Start“ der Reihe
Der Goldmann Verlag geht mit der Veröffentlichung des sechsten Bandes - ähnlich wie bereits bei der Eddie-Flynn-Reihe von Steve Cavanagh - erneut einen eher ungewöhnlichen Weg. „Nachtjagd“, der in Norwegen für den renommierten Riverton-Preis für das beste kriminalistische Werk nominiert war, stellt sich aber als kluge Wahl des Verlags heraus. Der Thriller bietet Spannung auf allerhöchstem Niveau. Der Plot ist wahnsinnig clever konstruiert, das Ende lässt den Leser staunend zurück. Dazu kommt mit Anton Brekke und Magnus Torp ein Ermittlerduo, das sich nicht nur gut ergänzt, sondern auch in ihrer Darstellung zu überzeugen weiß. Der fast fünfzigjährige Brekke ist geschieden und hat einen Sohn im Teenageralter. Er ist durch und durch Polizist. Auch wenn ihn diesmal zeitweise eine schmerzhafte Erkrankung ans Krankenhausbett fesselt, ermittelt Brekke weiter. Die Stärke des Hauptkommissars ist sicherlich seine gute Beobachtungsgabe. Außerdem besitzt er seinen ganz eigenen Humor.
Kommissar Magnus Torp ist neu bei der Kripo in Oslo. Der Dreißigjährige, der zuvor die meiste Zeit als Streifenpolizist und bei der Fahndung tätig war, kennt Brekke bereits seit einigen Jahren, da er mehrfach in Fredrikstad mit ihm zusammengearbeitet hat. Vor allem hat Torp aber viel vom Hauptkommissar gelernt. Nun treffen sie bei der Osloer Kripo erneut aufeinander.
Cleverer Plot
Der Roman spielt auf verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen, lässt sich aber wunderbar flüssig lesen. Neben den aktuellen Geschehnissen rund um den Serienmörder Stig Hellum spielt ein ehemaliger CIA-Agent, eine junge Frau, die auf einem Hurtigruten-Kreuzfahrtschiff arbeitet und sich in einen mysteriösen amerikanischen Passagier verliebt, und ein verurteilter Mörder, der in einer texanischen Todeszelle auf seine Hinrichtung warten und kurz zuvor dem Gefängnispfarrer eine verhängnisvolle Geschichte erzählt, eine entscheidende Rolle. Erst am Ende laufen alle Handlungsfäden dann zusammen.
Wer aber denkt, zu wissen, wer der brutale Mörder ist und welche Motivation hinter seinen Taten steckt, der wird gleich mehrfach überrascht werden. Nicht nur hier beweist Autor Jan-Erik Fjell sein großes literarisches Talent. Es ist wahrlich ein großes Vergnügen, Anton Brekke und Magnus Torp auf ihrer Verbrecherjagd zu begleiten. Selbstverständlich besitzt der Roman auch die typische Atmosphäre, die man sich für skandinavische Thriller und Kriminalromane als Leser wünscht. Von Jan-Erik Fjell wird man hierzulande in den nächsten Jahren sicherlich noch einiges hören.
Fazit
„Nachtjagd“ ist ein skandinavischer Thriller der Extraklasse und wird Autor Jan-Erik Fjell ohne Zweifel auch in Deutschland bekannt machen. Die temporeiche, extrem spannende Handlung ist so klug konstruiert, dass man den Roman nicht aus den Händen legen mag. Ein Thriller, der auf eine packende Reihe hoffen lässt.
Jan-Erik Fjell, Goldmann
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