Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht
- Eichborn
- Erschienen: Mai 2023
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Origineller und irrwitziger Krimi
Paul Mulchrone hat ein Allerweltsgesicht. Und das ist ein großer Vorteil, denn der 28-Jährige arbeitet seine Sozialstunden in einem Hospiz ab und die alten, verwirrten Bewohner halten ihn wegen seines nichtssagenden Aussehens mal für ihren Sohn, mal für einen Enkel oder Neffen. Als Paul auf Bitten der Krankenpflegerin Brigit den verbitterten und schwerkranken Martin besucht, meint dieser in seinem Besuch jemanden zu erkennen und greift Paul daraufhin plötzlich mit einem Messer an. Auch wenn der tätliche Angriff lediglich auf einer Verwechslung beruht, wird Paul auf einmal nicht nur von der Polizei, sondern auch von einem Profikiller gesucht. Während der naive und unbedarfte Mulchrone nun um sein Leben fürchten muss, begleitet Brigit Conroy ihn auf seiner Flucht quer durch Dublin. Aber die taffe Krankenpflegerin hat definitiv zu viele Krimis gelesen und berät Paul mit gefährlichem Halbwissen. Und dann wäre da noch Bunny McGarry, ein abtrünniger Kommissar der alten Schule mit einem ungesunden Hang zu Alkohol und roher Gewalt. Gemeinsam müssen sie das berüchtigtste Verbrechen in der Geschichte Irlands lösen und nebenbei versuchen, nicht selber getötet zu werden.
Ein Dublin-Krimi
C. K. McDonnell ist das Pseudonym von Caimh McDonnell, einem preisgekrönten irischen Stand-up-Comedian und Bestsellerautor der „Dublin Trilogy“ - der wohl einzigen Trilogie mit acht Bänden. Der Ire Caimh McDonnell wurde in Limerick geboren und wuchs in Dublin auf. Mittlerweile ist Manchester sein Zuhause. „The Express“ nennt seine Bunny-McGarry-Bücher „eine der lustigsten Krimireihen, die Sie jemals gelesen haben“. Man kann dem nur zustimmen: Der erste Band der Reihe ist ein wahnsinnig komischer, abgedrehter Kriminalroman, der mit irrwitzigen Dialogen, unverwechselbaren Charakteren und grotesken Einfällen zu überzeugen weiß. Dabei wollte Autor C. K. McDonnell eigentlich nur eine Kurzgeschichte schreiben. Ein Plan, der etwas aus dem Ruder lief und letztendlich 2016 mit dem Debütroman „Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht“ endete.
Besonders an der Figur des selbstbewussten und überheblichen Detective Sergeant McGarry fand der Autor so großen Gefallen, dass er den eigentlich nur als Nebenfigur gedachten Charakter fortan mehr und mehr in den Mittelpunkt seiner Romane stellte. Ihm ist auch die zweite Reihe „McGarry Stateside“ gewidmet, die in den USA spielt.
Ebenfalls beim Eichborn Verlag erschienen ist McDonnells „Stranger Times“-Trilogie, deren erster Band 2021 zum „Buch des Jahres“ auf der Phantastik-Couch gekürt wurde.
Ein etwas anderer Kriminalroman
Wer einen durchweg spannenden Krimi mit einer dunklen Geschichte erwartet, der liegt hier völlig falsch. Die eigentliche Kriminalgeschichte ist recht simpel gestrickt und wirkt auch etwas konstruiert. Aber der Plot und besonders die Figuren sind derart hervorragend gelungen, dass sie das Spannungsdefizit mehr als ausgleichen. McDonnell reiht eine irrwitzige Idee an die andere: Mal stellt sich ein Kater Paul bei dessen Flucht über die Dächer Dublins in den Weg, mal droht sich Pauls Unterhose bei der Aqua-Aerobic aufzulösen oder ein Ermittler bekommt Ärger mit einer ältere Dame wegen angeblicher sexueller Belästigung. McDonnell ist herrlich inkorrekt. Dass der Autor als ehemaliger Comedian ein Meister des Wortspiels und der pointierten Dialoge ist, macht diesen Roman zu einem echten Gewinn.
Dabei spielt McDonnell gleichzeitig mit gängigen Krimiklischees, unter anderem bei der Darstellung des Ermittlerteams. Da gibt es zum Beispiel den kurz vor seiner Rente stehenden DI Jimmy Stewart, einen „klassischen“ Ermittler, der gerne aus Filmen zitiert und der bei seinem letzten Fall mit alten Tugenden brechen muss. Ihm zur Seite steht mit Wilson ein junger, aufstrebender Polizist, der frisch von der Hochschule kommt, alles besser weiß und für den Stewart den Babysitter spielen muss. Besonders Wilsons erste Begegnung mit Bunny McGarry wird dem jungen Ermittler sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben.
Herrlich schräge Figuren
Ein besonderes Highlight ist das Trio Mulchrone, Convoy und McGarry. Der ängstliche, aber warmherzige Paul lebt seit einigen Jahren in der Wohnung seiner verstorbenen Großtante, die testamentarisch festgelegt hat, dass ihr Neffe ein festes Wohnrecht sowie monatlich fünfhundert Euro bekommt. Was als vorübergehende Maßnahme gedacht war, bis Paul eine vernünftige Anstellung findet, hat sich inzwischen als Dauerlösung herausgestellt. Denn statt zu arbeiten, muss dieser lediglich jede Woche sechs Stunden Sozialarbeit verrichten. Alleine zu lesen, wie Paul zu Hause lebt und wie er es schafft, mit dem geringen „Einkommen“ über die Runden zu kommen, ist ein großer Lesespaß.
Der Ermittler Bunny McGarry ist Pauls alter Hurling-Trainer und das genaue Gegenteil seines ehemaligen Schützlings. Der Polizist ist bereits jetzt eine Legende, hat aber seine eigene, recht unkonventionelle Arbeitsweise. Er ist mehr als respektlos und völlig durchgeknallt. McGarry kennt jeden in seinem Revier und klärt mehr Fälle auf als alle anderen. Paul ist einer seiner „Jungs“, die er von klein auf kennt und für die der eigenwillige Cop alles tun würde.
Nicht zuletzt bringt die Krankenpflegerin Brigit bei der gemeinsamen Flucht mit Paul immer wieder ihr kriminalistisches Wissen ein, dass sie sich durch ihren nahezu suchtartigen Konsum amerikanischer Krimiserien und Romane angeeignet hat.
Fazit
Der Auftakt der Dublin-Trilogie bietet eine irrwitzige Story, schräge Figuren und pointierte Dialoge. Auch wenn die Kriminalgeschichte nicht allzu viel Nervenkitzel bietet, ist der Roman mehr als lesenswert. Dies liegt auch daran, dass Autor Caimh McDonnell gekonnt mit den typischen Krimi-Elementen spielt. Ein gelungener Mix aus Kriminalroman und viel britischem Humor. Ein besonderes Lesevergnügen.
C. K. McDonnell, Eichborn
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