Auf ewig unvergessen

  • Zsolnay
  • Erschienen: Januar 1993
  • 15
  • Wien: Zsolnay, 1993, Seiten: 430, Übersetzt: Werner Wolf
  • München: Droemer Knaur, 1996, Seiten: 430
  • München: Droemer Knaur, 1997, Seiten: 430
  • München: Droemer Knaur, 1998, Seiten: 430
  • München: Droemer Knaur, 1999, Seiten: 430
  • München: Droemer Knaur, 2002, Seiten: 430
  • München: Droemer Knaur, 2003, Seiten: 494
Auf ewig unvergessen
Auf ewig unvergessen
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Peter Kümmel
69°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2003

Plötzlich in eine andere Richtung

Als ich begann, das Buch "Auf ewig unvergessen" zu lesen, schien mir relativ schnell klar: dies ist wieder einer dieser typischen amerikanischen Standard-Thriller mit Schockeffekten, die in Serie für das Fernsehen verfilmt werden. So hat man ständig beim Lesen diesen Déjà-vu-Effekt, denn irgendwie war das alles schon mal da.

Auf den ersten hundert Seiten hat man zunächst einmal Mühe, Ordnung in das Geschehen zu bringen und Personen und Zeiten etwas zu sortieren. Denn der Autor bringt bei jedem Szenenwechsel wieder neue Charaktere in die Handlung ein, die leider nicht so detailliert dargestellt werden, dass sie sich schnell einprägen. Und erst spät bemerkt man, dass in die Erzählung auch Zeitsprünge von mehreren Jahren eingebaut wurden.

Deshalb jetzt eine kurze Zusammenfassung des Inhalts in schon etwas vorsortierter Folge:

Vier Frauen verschwanden in einem New Yorker Vorort im Abstand von wenigen Monaten spurlos. Allen Fällen gemeinsam waren die Gegenstände, die man in den Wohnungen der Frauen fand: eine schwarze Rose sowie ein Blatt Papier mit den Worten: "Auf Ewig Unvergessen". Der fünfte Fall der Art jedoch verläuft anders als bisher: Der Anwalt Peter Lake findet, als er nach Hause kommt, seine Frau sowie seine 6-jährige Tochter ermordet vor. Daneben liegen eine schwarze Rose und der Zettel mit dem gewohnten Spruch. Die Polizei rätselt, warum dieses Mal Leichen gefunden wurden. Ist der Mörder gestört worden, als er die Opfer verschwinden lassen wollte?

Eine Sonderkommission, der die Polizistin Nancy Gordon vorsteht, wird gebildet, die die Verbrechen untersuchen soll. Gegen den Willen der Beamten drängt sich Peter Lake auf, um selber in der Kommission mitzuarbeiten, da er beruflich viel mit der Denkweise solcher Täter zu tun hatte. Durch seine Beziehungen zu Bürgermeister und Polizeichef gelingt ihm dies auch. Lake setzt auf Waters als Verdächtigen, einen Blumenlieferanten, der in der Nähe mehrerer Tatorte gesehen wurde. Und so nimmt er auf eigene Faust dessen Beschattung in die Hand. Ein anonymer Anruf sorgt dafür, dass die Polizei Waters Haus durchsucht. Und dort macht sie eine grauenvolle Entdeckung: eine der verschwundenen Frauen liegt verstümmelt und mit aufgeschlitztem Bauch im Keller. Waters wird bei der Festnahme von einem übereifrigen Polizisten erschossen und der Fall zu den Akten gelegt.

Neun Jahre später ereignen sich dann plötzlich neue Fälle der gleichen Art in Portland, Oregon. Wieder verschwinden Frauen und es finden sich nur die schwarze Rose sowie der Zettel. Ein Nachahmungstäter scheint unwahrscheinlich, denn die Details der Verbrechen von New York drangen nie an die Öffentlichkeit. Hat man also damals doch den Falschen erwischt? Nancy Gorden hat persönlich niemals mit dem Fall abgeschlossen. Nun reist sie nach Oregon, um den dortigen Staatsanwalt über die Geschehnisse von früher zu informieren und präsentiert ihm überraschenderweise auch gleich den Mörder, der umgehend verhaftet wird, als man die Leichen der Frauen auf einem seiner Grundstücke findet. Doch bevor Nancy Gordon eine Aussage vor Gericht machen kann, verschwindet sie spurlos.

Und an dieser Stelle erst - so etwa in der Mitte des Buches - beginnt sich der Roman aus der Einheitsmasse der Standard-Thriller zu lösen. Nun betrachtet man die Sache aus einem völlig anderen Blickwinkel. Erst jetzt bildet sich auch eine Protagonistin heraus, die zwar bereits ein paar Kurzauftritte, aber keine rechte Funktion hatte: nicht wie erwartet Nancy Gordon übernimmt die Hauptrolle, sondern die Anwältin Betsy Tanenbaum, die versucht, ihr Leben als Mutter einer Tochter mit ihrem Beruf in Einklang zu bringen.

Nun nimmt die Handlung eine 180-Grad-Wendung. An Spannung mangelt es auf keinen Fall, nur bedient sich der Autor dazu eines nicht ganz fairen Schachzugs: dem Leser wird einiges an Informationen unterschlagen, um die Spannung aufrecht erhalten zu können. Erst ein Rückblick muß wieder herhalten, um weitere Aufklärung zu bringen. Denn nach Abschluß des Falles vor neun Jahren ist noch viel mehr passiert als der Autor seinen Lesern bis dahin eröffnet hatte, was wieder alles in ein neues Licht rückt.

Überraschenderweise weiß der Leser schon recht früh, wer der Täter ist. Und fragt sich natürlich jetzt, was da noch ist, was er noch nicht weiß. Und tatsächlich hat der Autor noch so einiges an Überraschungen zu bieten. Blieb die Handlung bisher sehr an der Oberfläche, so wird sie nun viel tiefgehender und befasst sich mit moralischen Standpunkten von Juristen.

Dennoch bleiben die Charaktere - auch wenn einige nicht das sind, was sie zu sein scheinen - weitgehend oberflächlich, so wie man das von vielen ähnlichen amerikanischen Thrillern gwohnt ist.

Zart besaitete Gemüter möchte ich an dieser Stelle vor ziemlich brutalen Beschreibungen warnen. Sehr detailliert wird beschrieben, wie der Täter seine Opfer erniedrigt und foltert.

Negativ zu Buche schlagen einige schwere Logikfehler. So wird ein bekannter Staatsanwalt wohl kaum eine Mordanklage erheben, ohne vorher das Alibi des Verdächtigen überprüft zu haben. Auch einige allzu deutliche Hinweise auf die Lösung zeugen nicht gerade von hoher literarischer Kunst.

Als Fazit bleibt zu sagen, dass "Auf ewig unvergessen" trotz einiger Kritikpunkte ein Roman ist, den es sich für Liebhaber von Justiz-Thriller zu lesen lohnt. Er bietet absolut spannende Unterhaltung, ist dazu recht abwechslungsreich und zeigt Ansatzpunkte von tiefgehenderen Betrachtungsweisen von Moralvorstellungen in der amerikanischen Justiz.

Auf ewig unvergessen

Phillip M. Margolin, Zsolnay

Auf ewig unvergessen

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