City of Dreams

  • HarperCollins
  • Erschienen: Mai 2023
  • 13
City of Dreams
City of Dreams
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Sabine Bongenberg
95°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2023

Aus dem Alptraum der Gegenwart soll der Traum der Zukunft werden

Alles ist vorbei - die großen Schlachten sind geschlagen und verloren, die Beute ist - im wahrsten Sinne des Wortes -  untergegangen und nur mit ein paar verbliebenen Anhängern gelingt Danny Ryan die Flucht in eine unbekannte Zukunft. Immerhin ist es ihm noch gelungen, seinen kleine Sohn und seinen alten Vater mitzunehmen, doch blieb nicht einmal die Zeit, seine Ehefrau zu begraben. Es ist jetzt eine jämmerliche Reise, denn viel ist nicht mehr da. Danny hat viele Mafia-Familien der unterschiedlichen Landstriche gegen sich aufgebracht, viele wollen ihn wesentlich lieber tot als lebendig sehen und wie er zukünftig seinen Lebesunterhalt bestreiten will - das ist vollkommen unklar. Natürlich wird er nicht nur von den "bösen Jungs" sondern auch von den Ordnungshütern gesucht. Ausgerechnet von diesen wird bald ein Vorschlag an Danny herangetragen, der nicht nur seine finanziellen Probleme lösen sondern auch dazu führen könnte, dass ihm zumindest wieder ein halbwegs normales Leben ermöglicht würde. Ein letzter extrem gefährlicher Coup gegen einen psychopathischen Drogenchef könnte die Lösung seiner Probleme sein - aber auch sein Untergang.

Verzweiflung, Hoffnung und Gram

Wer "City of dreams" liest, der meint wieder, dass er in die große Tragödie um den trojanischen Krieg eintaucht. Aber in die Zeit nach der Geschichte mit dem trojanischen Pferd:  Mit einer List sind die Feinde in alle geschützten Bereiche eingedrungen, haben alles in Schutt und Asche gelegt und nur einer Handvoll von Männern ist die Flucht gelungen. Ihre Aufgabe ist es erst einmal zu überleben, unter dem Radar zu bleiben und dann in kleinen Schritten ihr Leben wieder aufzubauen. Don Winslow erzählt hier, wie Danny Ryan - uns schon als Protagonist  aus dem Buch "City on Fire" bekannt - versucht, mit seinen wenigen Getreuen zu retten, was zu retten ist. Aus der Heimat vertrieben sucht er wie weiland die Überlebenden aus Troia eine neue Zukunft und scheint diese an einer neuen sonnigen Küste tatsächlich zu finden. Natürlich sind vorher auch noch Abenteur zu überwinden, doch scheint unserem Helden hier einmal ein günstiger Wind zu wehen. Aber auch hier holt ihn seine Vergangenheit ein: Wer einmal Drogengeschäfte gemacht hat, der sollte nicht glauben, dass ihn die Drogen eines Tages vergessen und so muss ihn deren langer Arm zwangsläufig eines Tages wieder ergreifen.

Winslow - der sich nach dem noch ausstehenden dritten Band der Thrilogie übrigens aus der Schriftstellerei zurückziehen und seine Arbeit dem Kampf gegen Ex-Präsident Donald Trump widmen will - lässt seinen Helden einen bunten Strauß des amerikanischen Traums und des rastlosen Umhertreibens erleben. Wie die alten Siedler zieht es ihn westwärts zu neuen Ufern und hier ist es dann auch ein besonderer Witz, dass zwei seiner Getreuen als Berater in Hollywood landen und ausgerechnet dazu beitragen sollen, einen Film über die Verbrechen der Ostküsten-Mafia zu einem Erfolg zu machen. Ryans Leben nimmt hier eine neue tragische Wende, denn ein ehemaliger Mafiaboss, der den Ball flach halten soll, sollte sich nicht in eine Schauspielerin verlieben, die wegen ihrer Affairen und ihrer Alkohol- und Drogeneskapaden auch noch besonders im Fokus der Presse steht. Winslow zeigt aber auch, wie die Traumfabrik in Hollywood funktioniert. Wir lesen von ehrgeizigen Müttern, die ihre Kinder um jeden Preis zum Erfolg pushen wollen und von eitlen, dummen oder habgierigen Helden. Diese "City of dreams" hat mit einem sauberen, klassischen Traum nichts zu tun - Ryans Scheitern ist vielmehr vorprogrammiert, als er versucht, den sauberen Weg zu gehen und sich nicht von anderen Gangstern übers Ohr hauen zu lassen.

Der zweite Band der Gangster-Saga

Im Vergleich zum Vorgängerband liest sich "City of dreams" naturgemäß ruhiger. Danny Ryan und seine Leute haben erst einmal genug  damit zu tun, ihre Flucht zu organisieren und ihre Toten zu betrauern. Winslow baut hier auch ohne größere Einleitung auf dem Vorband auf und bei wem die Lektüre schon etwas länger her ist, der ist auch manchmal wegen der Anzahl der auftretenden Personen verwirrt. Vom Stil her unterscheiden sich die beiden Bände nicht. Winslow berichtet kurz und sachlich über brutale Verbrechen. Bei ihm ist es halt so wie es ist nämlich knapp, sachlich und unverblümt - andererseits wird auch nichts sonderlich ausgeschlachtet.

Fazit

Die Saga über die Mafia der Ostküste geht weiter. Nach dem großen Verlust stellt sich der Held neu auf und erlebt neue Abenteuer an weit entfernt liegenden Ufern. Allerdings ist alles noch ein wenig verhalten. Die großen Schlachten allerdings, die dürften dann im nächsten Band geschlagen werden. Allein insoweit bleibt es dann spannend.

City of Dreams

Don Winslow, HarperCollins

City of Dreams

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