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Thomas Gisbertz
68°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2023

Ein ebenso wichtiges wie spannendes Thema, aber leider nur ein durchschnittlicher Thriller.

Während Dr. Gereon Kirchner in Alaska für sein medizinisches Start-up-Unternehmen Janus Therapeutics im Rahmen des Permafrosttunnel-Projekts arbeitet, um wichtige Proben zu entnehmen, kommt es zu einer verheerenden Explosion. Dabei wird nicht nur wichtiges Forschungsmaterial zerstört, sondern auch ein gefährliches Bakterium freigesetzt. Im zerstörten Tunnel wird anschließend eine Frauenleiche gefunden, während von Kirchner jede Spur fehlt. Die Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg, Freundin von Gereon Kirchner, bittet ihren alten Bekannten Tom Morell, der sich gerade in den USA aufhält, herauszufinden, was in Alaska geschehen ist. Gleichzeitig sterben in Berlin zwei Obdachlose an Milzbrand. Die gelernte Mikrobiologin Falkenberg versucht herauszufinden, wie die beiden Opfer an Anthrax erkranken konnten. Gibt es vielleicht eine Verbindung zum Janus-Unternehmen, welchem es gelungen war, aus dem gefährlichen Gift des Milzbrandbakteriums ein hochinnovatives Krebsmedikament zu entwickeln? Morell und Falkenberg müssen erkennen, dass sie es mit einem gefährlichen Gegner zu tun haben, der zu allem bereit ist, um an das Bakterium zu gelangen.

Thriller als „Edutainment“

Für die studierte Mikrobiologin und Biochemikerin Susanne Thiele und die bekannte Thriller-Autorin Kathrin Lange ist „Toxin“ nach ihrem erfolgreichen Debüt „Probe 12“ die zweite gemeinsame Zusammenarbeit. Während Thiele, die als Leiterin der Presse- und Kommunikationsstelle des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung arbeitet, eher für die wissenschaftliche Expertise zuständig ist, sorgt Lange vor allem für die notwendige spannende Handlung.

Wie bereits bei „Probe 12“ basiert der Roman auf wissenschaftlichen Fakten, die mit fiktiven Elementen verwoben werden, denn neben der Unterhaltung ist es beiden Autorinnen wichtig, dass die Leser auch etwas mitnehmen. „Ich bezeichne das gern als Infotainment oder „Edutainment“ - die Inhalte können abgespeckt sein - müssen aber trotzdem faktisch richtig sein. Das ist der Respekt vor dem Leser und mein Berufsethos“, so Susanne Thiele in einem Interview mit der Krimi-Couch 2021. Diesmal geht es um kein geringeres Thema als den Klimawandel und die damit verbundenen Gefahren.

Wissenschaftliche Expertise und Fakten

Erneut erweist sich der gemeinsame Thriller von Lange / Thiele als hervorragend recherchiert. Was aber noch wichtiger ist: Die Inhalte werden gut verständlich in die Handlung eingebaut. Aber - und das ist diesmal ein Manko - die wissenschaftlichen Inhalte werden mitunter zu oft wiederholt bzw. eingebracht. So wird drei Mal in längeren Kontexten erläutert, was es mit dem Milzbrand Bacillus anthracis, kurz Anthrax, auf sich hat. Dies ist irgendwann etwas ermüdend, zumal diese Einschübe zum Teil zu gewollt wirken, wenn z. B. die Aufnahme von Anthrax über Drogen diskutiert wird, man aber bereits weiß, dass die beiden toten Obdachlosen das Bakterium eingeatmet haben. Mit Themen wie „Milzbrand“, „Klimaaktivismus“, „Klimawandelleugner“, „Trolle“, „Fake-News“ oder auch sogenannte „Fake-Journale“ haben die beiden Autorinnen den Roman reichlich vollgepackt. Da alles inhaltlich erklärt werden muss, bewegt sich der Roman immer wieder am Rande zum Sachbuch, worunter auch die Spannung und das Tempo der Handlung etwas leidet.

Mäßige Spannung

Insgesamt wirkt der Plot diesmal zu durchschaubar. Hier fehlt es an wirklichen Überraschungen, was daran liegen mag, dass man bei den genannten Themen schon „Gut“ und „Böse“ hinreichend kennt. Auch die einzelnen Handlungsstränge erscheinen oftmals zu konstruiert, etwa wenn Dr. Gereon Kirchner nach der Explosion verschwindet. Auch scheinen die Helden aus Teflon zu sein, da ihnen das gefährliche Bakterium letztendlich nichts anhaben kann und sie alle Gefahren meistern. Dass die ermittelnde Polizei in Alaska einem „Food-Blogger“, denn nichts anderes ist Tom Morell, während ihrer Ermittlungen so bereitwillig Auskunft gibt, wirkt ebenfalls befremdlich. Dass man literarisch Abstriche machen muss, vor allem, wenn es wie hier um wissenschaftliche Themen geht, ist verständlich. Aber insgesamt leidet die Spannung und das Tempo doch zu sehr darunter. Zuletzt ist auch die Figurendarstellung diesmal zu oberflächlich und - vor allem bei den Ermittlern - zu klischeehaft. Eine taffe Ermittlerin, wie bei „Probe 12“ die Kriminalkommissarin Christina Voss, fehlt diesmal leider. Stattdessen gibt es eher altbekannte Figuren.

Fazit

Im Gegensatz zum Debütroman „Probe 12“ ist die Geschichte diesmal leider nur durchschnittlich umgesetzt und eher mäßig spannend. Der hervorragend recherchierte Hintergrund kann dies nicht auffangen, zumal die Erläuterungen und verschiedenen Themengebiete zu viel des Guten sind. So wichtig gesellschaftsrelevante Themen wie „Klimaschutz“ sind: Bei einem guten Thriller dürfen sie nur der Katalysator der Handlung sein und niemals zu sehr ins Zentrum rücken.

Toxin

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